Es gibt in der Schweiz verschiedenste Unternehmen, die im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand sind, seien dies Schlachthäuser auf Gemeindeebene, Kantonalbanken bzw. Elektrizitätswerke auf…
Es gibt in der Schweiz verschiedenste Unternehmen, die im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand sind, seien dies Schlachthäuser auf Gemeindeebene, Kantonalbanken bzw. Elektrizitätswerke auf Kantonsebene, bis hin zu SBB, Post, Swisscom oder RUAG auf Bundesebene. Ist der Staat fähig, solche Unternehmen zu führen und die unternehmerische Verantwortung wahrzunehmen? Welche Risiken und Gefahren beinhaltet diese Konstellation? Diesen Fragen will ich in den nächsten paar Minuten nachgehen.
Sehr oft haben staatliche Unternehmen ihre Wurzeln in der Befriedigung früherer staatlicher Bedürfnisse. Diese Firmen hatten zur Aufgabe, Grundbedürfnisse der Bevölkerung zufrieden zu stellen, von denen die Politik das Gefühl hatte, dass sie von privaten Unternehmen nicht zweckmässig erfüllt werden können – sei dies beispielsweise die Produktion von Waffen und von Munition oder die Versorgung der Bevölkerung mit Strom bzw. mit Telekommunikationsdienstleistungen. Mit der allgemeinen Globalisierung, der Dynamisierung und Öffnung der Märkte, wurden diese Monopolbetriebe der weltweiten Konkurrenz ausgesetzt. Ihre Daseinsberechtigung wird vermehrt in Frage gestellt. Entsprechend versuchen sie heute, dem Dilemma der schrumpfenden Heimmärkte und Margen zu entgehen indem sie ihr Betätigungsfeld ausweiten, um ihr Marktpotential zu vergrössern.
Lehren aus der Geschichte
Die Berner Kantonalbank der 80er-Jahre, mit ihrem Engagement in andern Kantonen oder sogar im Ausland, das dem Berner Steuerzahler Milliardenverluste bescherte, ist ein ebenso klassisches Beispiel wie die Swissair oder die Swisscom, mit ihren unsäglichen Auslandengagements jenseits des ursprünglichen Auftrags.
Diesen Beispielen ist gemeinsam, dass Betriebe der öffentlichen Hand in schrumpfenden Märkten versuchten, durch die Erweiterung des geographischen Rayons oder des Betätigungsfeldes zu wachsen – und das mit der Struktur von Ex-Monopolisten, bzw. unter der Kontrolle des Staates. Dieser Ansatz ist, wie die Geschichte zeigt, zum Scheitern verurteilt.
Gründe für das Scheitern
Erstens haben die staatlich organisierten Betriebe teilweise eine Risikobereitschaft an den Tag gelegt, die objektiv betrachtet nicht verantwortbar und nur damit erklärbar ist, dass das Risiko nicht persönlich getragen werden muss. Ein echter Unternehmer, der mit dem Privatvermögen uneingeschränkt haftet, hätte in verschiedenen Fällen mit Sicherheit anders gehandelt. Die Berner Kantonalbank beispielsweise hat Liegenschaften in andern Kantonen finanziert, die von ortsansässigen Banken und Filialen als zu riskant eingestuft wurden. Und eine Swissair hat marode Fluggesellschaften gekauft in der irrigen Annahme, aus verschiedenen schwachen Gesellschaften ein starkes Unternehmen formen zu können.
Vor allem hat sie sich als staatsnaher Betrieb ins Kreuzfeuer von ausländischen Gewerkschaften begeben, genau gleich, wie das die Swisscom auch tun wollte, indem sie beabsichtigte, die Verantwortung für die Grundversorgung in andern Staaten zu übernehmen. An einen Staat, mit der Rückendeckung der Steuerzahler, werden ganz andere Erwartungen bezüglich Haftung gestellt als an private Investoren. Das Beispiel der Swissair zeigte dies deutlich, indem mit einer Minderheitsbeteiligung von rund zehn Prozent plötzlich Milliardenbeträge eingeschossen werden mussten.
Zweitens, ist der Ansatz zum Scheitern verurteilt, weil staatlich beherrschte Unternehmen zu träge und unflexibel sind. Die heutige Entwicklungskadenz und Dynamik auf den globalisierten Märkten lässt es nicht zu, auf langwierige politische Entscheide, bzw. Querelen und auf die Profilierungssucht einzelner Politiker oder Parteien Rücksicht nehmen zu müssen. Für staatlich organisierte Monopolbetriebe mag das Tempo der Politik genügen, für das freie Unternehmertum hingegen nicht.
Drittens, kann es sich eine dem freien Wettbewerb ausgesetzte Firma nicht leisten, bei der Bestückung des Verwaltungsrats gezwungen zu sein, auf staatliche Quoten und Vorgaben Rücksicht zu nehmen. Ein Unternehmen, das am Markt erfolgreich sein will, muss die bestgeeigneten Exponenten in das Aufsichtsgremium wählen können. Ehemalige Bundesräte oder Spitzenbeamte, zurückgetretene Regierungsräte, ausgemusterte Gewerkschaftsfunktionäre oder gar Quotenfrauen sind nicht das geeignete Fundament für die erfolgreiche strategische Führung von Unternehmen.
Ist der Staat als Unternehmer geeignet?
Schliesslich bleibt die Frage zu beantworten, ob der Staat überhaupt fähig ist, die unternehmerische Verantwortung für staatliche Betriebe zu übernehmen. Ich bin der Meinung, ja, solange es sich um reine Monopolbetriebe handelt. Mir sind staatliche Monopole für die Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung wesentlich sympathischer als private Monopole. Sobald jedoch entweder die Monopole aufgebrochen sind und die Leistungen auf dem freien Markt bezogen werden können (z.B. Elektrizitätsmarkt) oder, sobald sich die von staatlichen Betrieben erbrachte Wertschöpfung nicht mehr zu einem grossen Teil auf die staatlich bestellte Leistung beschränkt, muss über eine Privatisierung laut nachgedacht werden. Es darf nicht sein, dass der Steuerzahler für Risiken haftet, die ihn nichts angehen. Wenn der Auftragsanteil des Bundes an der RUAG beispielsweise weiter sinkt, ist es nicht mehr verantwortbar, den Steuerzahler mit all den Risiken, welche eine Exportfirma eingeht, in der Pflicht zu belassen. Der Bundesanteil an den Aufträgen von RUAG Aerospace beispielsweise beträgt heute noch rund einen Drittel, der Eigneranteil immer noch 100 Prozent. Das mag gut gehen, solange die RUAG so erfolgreich arbeitet, wie sie dies in der Vergangenheit getan hat. Was aber, wenn eines Tages die Erfolge ausbleiben sollten? Dann wird sich die Politik sofort einmischen – alle werden es besser wissen wollen. Schon heute haben verschiedene Politiker, sowohl Waffenschieber wie Armeeabschaffer, das Gefühl, sich in die Unternehmensstrategie der RUAG einmischen zu müssen. Das alte Sprichwort, zu viele Köche verderben den Brei, ist in diesem Falle gültiger denn je.
Der Staat soll die Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Markt sicherstellen. Als Regulator muss er sich politischen Sachzwängen unterordnen. Gleichzeitig als Anbieter aufzutreten, führt zu Zielkonflikten. Er muss als Aktionär am Gedeihen seiner Beteiligung interessiert sein und sich entsprechen engagieren. Das ist er seinen Bürgern schuldig, deren Vermögen er treuhänderisch verwaltet. Die sich aus dieser Konstellation ergebenden ständigen Interessenskonflikte liefern für alle Beteiligten keine befriedigenden Resultate.
Keine Gründe gegen die Privatisierung
Es gibt kaum wirkliche Gründe, die gegen eine Privatisierung von staatlichen Betrieben sprechen, die nicht mehr Monopolbetriebe im klassischen Sinne darstellen. Nötigenfalls können Unternehmensteile mit Monopolcharakter vorgängig zu einer Privatisierung ausgeklammert werden. Ich denke beispielsweise an das Schienennetz der Bahn oder das Stromnetz der Elektrizitätsunternehmen. Eine Privatisierung der staatlichen Betriebe liegt aber im Interesse dieser Gesellschaften selbst, indem sie den uneingeschränkten unternehmerischen Handlungsspielraum erhalten und ausschöpfen können. Sie liegt aber auch im Interesse des Umfeldes, welches sich schliesslich ständig verändert. Die Steuerzahler werden aus dem Risiko entlassen und Markt verzerrende Strukturen können aufgebrochen werden. So müssen aus der staatlichen Umarmung entlassene Betriebe möglichst rasch dafür sorgen, dass auch die Arbeitsbedingungen der Angestellten neu nach dem Obligationenrecht erfolgen und dem Markt angepasst werden können. Denn wer einmal in einem Bundesbetrieb gearbeitet hat, lässt sich sonst mit seinen Erwartungen an Lohn und Sozialleistungen kaum mehr an die Privatwirtschaft vermitteln.
Es bleibt das Argument des Service Public. Die Garantie des Service Public ist kein Hinderungsgrund für eine Privatisierung der Bundesbetriebe. Der Bund kann die Grundversorgung besser über den regulatorischen Rahmen sicherstellen, indem er den Versorgungsauftrag definiert, vergibt und kontrolliert.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Staat zwar klassische Monopolbetriebe wohl leiten kann. Tatsache ist aber, dass es diese Monopolbetriebe in der Praxis kaum mehr gibt. Entweder sind die Monopole gefallen und private Mitbewerber tummeln sich auf dem Markt. Oder aber die Betriebe haben sich, um den schrumpfenden Monopolmärkten zu entfliehen, privatwirtschaftliche Standbeine zugelegt. In beiden Fällen ist der Staat als Eigentümer ungeeignet und muss abgelöst werden.