Der Umbau zur Armee XXI hat auf den verschiedensten Ebenen direkte Auswirkungen auf die Ausbildung und Selektionsverfahren in der Armee. Ich beschränke mich in meinen nachfolgenden Bemerkungen auf die
Der Umbau zur Armee XXI hat auf den verschiedensten Ebenen direkte Auswirkungen auf die Ausbildung und Selektionsverfahren in der Armee. Ich beschränke mich in meinen nachfolgenden Bemerkungen auf die Grundausbildung (RS), die Führungsausbildung auf der unteren Stufe des Kaders, das Instruktorenproblem sowie das Assessmentwesen bei der Selektion höherer Armeekader.
Teilweise gestrichener Kampfauftrag in RS
Die Verlängerung der Rekrutenschulen im Rahmen der Reform Armee XXI hat sich positiv auf den Ausbildungsstand der Angehörigen der Armee in der Grundausbildung ausgewirkt.
Die nach Waffengattung unterschiedliche Dauer der Rekrutenschule hat aber auch Probleme geschaffen. Etwa den Drang von Stellungspflichtigen in Waffengattungen mit kürzerer Rekrutenschule. Dass heute solche mit kürzerer Grundausbildung (z.B. Genie) existieren, aus deren Ausbildungsprogramm der Kampfauftrag gestrichen wurde, ist sicherheitspolitisch besorgniserregend.
Der Aufwuchs ist eine Illusion
Für die Ausbildungsarbeit in der Truppe ist das Aufwuchs-Gerede der VBS-Spitze zudem Gift. Es tötet die Motivation der Mannschaft, wenn selbst Grundsatzpapiere des Departementes und der Armee darauf basieren, dass heutzutage für jeden Ernstfall etwa zehn Jahre „Vorwarnzeit“ bestünden, in denen Lücken bei Ausrüstung, Bewaffnung und Ausbildung geschlossen werden könnten. Die „Aufwuchs-Argumentation“ dient dazu, verschuldetes Ungenügen zu beschönigen. Im Georgien-Konflikt vom Sommer 2008, ein geradezu „klassisch“ abgewickelter Waffengang, betrug die Vorwarnzeit praktisch Null. Wenn Kriegsgenügen Ziel ist, hat Aufwuchs-Rhetorik sofort aus dem Wortschatz der Armee zu verschwinden. Mit Blick auf die Kapazitäten der in der Schweiz übrig gebliebenen Rüstungsindustrie müsste das „Aufwuchs-Gerede“ ebenfalls verboten werden. Aufwuchs ist das politische Feigenblatt zur Begründung der Tatsache, dass die politischen Mehrheiten seit Jahren die Armee finanziell aushöhlen. Dies, weil das VBS-Budget im Vergleich zu den Haushalten der andern Departemente einen vergleichsweise geringen Anteil an gebundenen Mitteln aufweist. Die Armee ist zum finanziellen „Steinbruch“ für die sozial- und bildungspolitischen Romantiker aller Parteien degradiert worden. Dass die Sicherheit des Landes darunter leidet, merken wir glücklicherweise im Moment (noch) nicht!
FUM: Überpsychologisierung des Kaders
Im Mittelpunkt der Führungsausbildung des Unteren Militärischen Kaders (FUM) steht sogenannter Kompetenzaufbau, basierend vor allem auf theoretischem Fachwissen. Die echte Führungsausbildung führt daneben ein Schattendasein. Erfahrene Truppenkommandanten begegnen dem Konzept, dem sie „Überpsychologisierung des Kaders“ vorwerfen, denn auch mit zunehmender Skepsis.
Problematische Arbeitsbedingungen für Instruktoren
Seit Jahrzehnten verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen der Instruktoren, also der militärischen Lehrer in der Armee und es gelingt nicht, die grösser werdenden Bestandeslücken zu schliessen. Das „Dreistart-Modell“ für Rekrutenschulen hat die Lage drastisch verschärft.
In materieller Hinsicht ist für die Instruktoren endlich eine einheitliche, der Leistung angemessene, transparente Lohnklassen-Lösung einzuführen.
Der heute im Arbeitsvertrag festgehaltene Zwang, wonach jeder Berufsoffizier Auslandeinsätze obligatorisch zu leisten hat, führt vor allem bei Familienvätern zudem dazu, dass die Armee viele gute Instruktoren verliert. Dieser Zwang widerspricht zudem dem in der Volksabstimmung gemachten Versprechen, wonach Auslandeinsätze ausschliesslich von Freiwilligen zu leisten seien.
Assessment-Unwesen
Das Assessment-Erfordernis für jede Beförderung von Berufsoffizieren hat sich zu einem ebenso unnützen wie teuren Unwesen entwickelt. Mit diesem Unsinn wollen sich die Vorgesetzten offensichtlich der persönlichen Verantwortung für ihren Vorschlag entziehen. Im Schatten dieses Assessment-Unwesens hat sich vielfältiges „Fördern in Seilschaften“ etablieren können, das mit Kompetenz der Vorgeschlagenen immer weniger zu tun hat. Ein Offizier soll nicht als Folge eines Assessments in eine neue Funktion befördert werden. Sondern auf Vorschlag eines Vorgesetzten, der für seinen Vorschlag persönlich Verantwortung übernimmt.
Für Beförderungen im obersten Führungsbereich der Armee, also für Generalsränge, sind Assessments ein ohnehin untaugliche Mittel. Da müssen Generäle die Vorschlags-Verantwortung übernehmen, auf die sich der Bundesrat beim Beförderungsentscheid verlassen kann. Es muss nämlich festgestellt werden, dass Persönlichkeits- und Charaktermängel in Assessments nur ungenügend erkannt werden.