Die Welthandelsorganisation (WTO) hat 1995 die Nachfolge des 1947 in Genf unterzeichneten Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) angetreten. Die 148 Mitgliedstaaten haben sich zum Ziel…
Walter Willener, Auvernier (NE)
Die Welthandelsorganisation (WTO) hat 1995 die Nachfolge des 1947 in Genf unterzeichneten Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) angetreten. Die 148 Mitgliedstaaten haben sich zum Ziel gesetzt, die Handelspolitik der verschiedenen Regierungen zu reglementieren, allgemein gültige Handelsregelungen zu schaffen und ein globales Wirtschaftswachstum sicher zu stellen.
Die WTO beruht heute auf folgenden drei Säulen:
Eines der grundlegenden Prinzipien der WTO bezieht sich auf die Liberalisierung des Handels, genauer gesagt, auf die Senkung der Zolltarife und die Ausmerzung sonstiger Marktverzerrungen sowie auf die Aufhebung der quantitativen Beschränkungen im Handelsaustausch. Dieser Bereich betrifft vor allem die Landwirtschaft.
In regelmässigen Abständen nimmt die WTO in Form von Handelsrunden auf Ministerebene eine Neueinschätzung ihrer Regeln vor. Gegenwärtig geht es um die so genannte Doha-Runde. Diese erweist sich als ausserordentlich schwierig und hat deshalb im September 2003 in Cancùn Schiffbruch erlitten. Gründe für das Scheitern waren einerseits das Landwirtschaftsdossier, in erster Linie jedoch andere sensible Themenbereiche wie die Liberalisierung der Dienstleistungen.
Am vergangenen 1. August ist es aber den WTO-Mitgliedern gelungen, ein Rahmenabkommen über verschiedene Verhandlungsbereiche abzuschliessen, darunter über das Dossier Landwirtschaft. Dieses Rahmenabkommen legt die Tragweite der künftigen Verhandlungen über den Themenkreis Landwirtschaft fest. Dabei geht es vorab um die drei folgenden Landwirtschaftsbereiche:
Die Formulierungen sind jedoch nur sehr vage. Im ganzen Rahmenabkommen sucht man vergeblich nach einer Zahl. Die Verhandlungen über die Modalitäten dieses Rahmenabkommens wurden im Oktober 2004 aufgenommen. Bis Ende Jahr kam man kein Stück weiter. Die formalen Meinungsverschiedenheiten über die Rolle der Landwirtschaft innerhalb der nationalen Volkswirtschaft und der Gesellschaft sowie die grundsätzlich verschiedenen Auffassungen einer Landwirtschaft, die rein der Produktion verschrieben ist, und einer multifunktionalen Landwirtschaft, die neben der Produktion von Lebensmitteln auch andere Dienstleistungen erbringt, sind nach wie vor gleich gross.
Die schweizerische Landwirtschaft hat im Rahmen der voran gegangenen WTO-Verhandlungsrunde bereits weitgehende Konzessionen machen müssen. Der Bundesrat ist im Zusammenhang mit der Landwirtschaftspolitik 2002/2007 weiter gegangen, als es die WTO-Beschlüsse erforderten, dies insbesondere im Bereich der Senkung der Zollabgaben.
Die schweizerische Landwirtschaft wird erneut bedeutende Konzessionen in Form von neuerlichen, bisher noch nicht bezifferten Zollsenkungsmassnahmen machen müssen, um den Marktzugang für ausländische Produkte zu erleichtern. Zudem werden die inländische Unterstützung gekürzt und in absehbarer Zeit die Exporthilfen gestrichen werden müssen.
Das Rahmenabkommen beinhaltet also einige äusserst negative Punkte, wie die maximale Begrenzung der Zollabgaben im Bereich der internen Hilfe (z.B. für das Fleisch), die substanzielle Erleichterung des Marktzugangs für alle Produkte sowie vor allem die Nicht-Berücksichtigung von Aspekten, die ausserhalb des Einzugsgebiets der reinen Produktionen (Multifunktionalität) liegen. Trotzdem gilt es, zwei positive Aspekte hervor zu heben. Einerseits wird das System der Direktzahlungen aufrecht erhalten und anderseits wird es möglich sein, die Reduktion der Zollabgaben für sensible Produkte in einem vernünftigen Rahmen zu halten.
Obwohl die Einzelheiten der Inkraftsetzung des Rahmenabkommens noch nicht bekannt sind, macht sich niemand Illusionen darüber, dass die schweizerische Landwirtschaft stark darunter leiden wird. Realistische Hypothesen gehen von einem jährlichen Verlust von Fr.1,5 bis 2,5 Mrd. für die Branche aus. Dieser Verlust teilt sich wie folgt auf:
Dabei handelt es sich für unsere Bauernfamilien um sehr beunruhigende Zahlen. Sie bedeuten nichts anderes als einen Einbruch des Bruttoertrags der schweizerischen Landwirtschaft um 20 bis 30 Prozent und eine noch grössere Verminderung der Familieneinkommen. Gegenwärtig beläuft sich das Gesamteinkommen der schweizerischen Landwirtschaft auf etwa 3 Mrd. Franken. Dieses wird voraussichtlich bis zum Jahr 2013 – bis dahin sollen die Beschlüsse der Doha-Runde voll umgesetzt sein – auf rund 2 Mrd. Franken sinken.
Beim gegenwärtigen Stand der Verhandlungen hat der Bundesrat auf zwei Ebenen eine entscheidende Rolle zu spielen:
Es ist die vordringliche Aufgabe unserer Behörden, über die Einhaltung des verfassungsmässig festgeschriebenen Auftrags an die schweizerische Landwirtschaft zu wachen.
Die Wirtschaft ist ebenso wie die Gesamtbevölkerung aufgerufen, ihren Willen zur finanziellen Unterstützung der Landwirtschaft zu bekräftigen. Das Gleiche gilt für das Parlament, wenn es darum gehen wird, den Rahmenkredit 2008-2011 zu sprechen.
Wir treten ohne Einschränkungen dafür ein, dass die WTO in ein ausgeglichenes Resultat mündet, ausgeglichen für die Landwirtschaft, für die Wirtschaft, für die Konsumenten. Jeder andere Ausgang könnte die Basis der schweizerischen Landwirtschaft zu heftigen und nicht wünschbaren Reaktionen provozieren.
In diesem schwierigen Umfeld ist die Haltung der SVP Schweiz gegenüber der Welthandelsorganisation WTO zu begrüssen: Für die SVP ist die Aushandlung eines ausgeglichenen Resultats mit der WTO ebenso ausschlaggebend wie die Absicht, die Produktionskosten spürbar zu senken.
Gesamthaft gesehen, sind die Maximen der SVP, die auf der Dynamik und dem unternehmerischen Denken basieren, dazu angetan, den Bauernfamilien dieses Landes wieder neuen Mut zu verleihen, und dies trotz der drohenden Wolken der WTO.