Die Dynamik der Telekommunikation – Chancen und Risiken

Seit über zwei Jahren arbeiten wir nun an der Revision des Fernmeldegesetzes. Das ist notwendig, weil der Bund 1998 die Öffnung des…

Referat von Nationalrat Otto Laubacher, Kriens (LU)

Seit über zwei Jahren arbeiten wir nun an der Revision des Fernmeldegesetzes. Das ist notwendig, weil der Bund 1998 die Öffnung des Telekommunikationsmarktes nicht richtig angepackt hat!

Man hat einfach den Staatsbetrieb erhalten und ihm ein (dürftiges) privatwirtschaftliches Mäntelchen umgehängt:

  • Zwar kann sich auch das breite Publikum an der Swisscom beteiligen – aber der Bund hält die Mehrheit.
  • Zwar können auch andere Unternehmen ihre Dienste anbieten – aber das Monopol auf die Hausanschlüsse hat der Bund der Swisscom zugeschanzt. Sie allein verfügt über den direkten Zugang zu den Kunden.

Die Probleme, die wir heute mit der Revision des Fernmeldegesetzes lösen müssen, sind eine Folge dieses Monopols. Damit Wettbewerb entstehen kann, müssen wir Lösungen finden, wie und zu welchen Bedingungen die Konkurrenten die Infrastruktur der Swisscom nutzen können.

Das Problem kann technisch auf verschieden Weise gelöst werden. Ich will hier nicht auf Einzelheiten eingehen. Dazu ist schon so viel Unsinn gesagt und unheimlich viel Verwirrung gestiftet worden. Nur so viel: Wie üblich bei Gesetzesrevisionen hat uns die Verwaltung verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen. Eine davon ist die Aufteilung der Übertragungskapazität der Leitungen. Ein Teil der Leitung wird den Wettbewerbern übertragen. Sie können so Telefondienste anbieten. Der andere Teil davon bleibt der Swisscom vorbehalten und wird für das Internet genutzt. Und wissen Sie was? Davon spricht heute – nach nur wenigen Jahren – niemand mehr! Warum? Das ist nicht mehr interessant. Mit dem Telefon verdient heute niemand mehr Geld. Die Zukunft liegt in der Datenübertragung, also im Internet, im Angebot von Fernsehprogrammen und was die Zukunft sonst noch so alles für uns bereithält.

Sie sehen also: Die Entwicklung im Telekommunikationsmarkt ist sehr schnell. Innerhalb weniger Monate kann sich die Ausgangslage bereits wieder geändert haben. Was mussten wir uns nicht alles anhören, bei den Beratungen im Parlament: „Die Zukunft ist das Glasfaserkabel. Nur so können die in Zukunft benötigten Kapazitäten bereitgestellt werden.“ Oder: „In Zukunft braucht es gar keine Kabel mehr, da alles durch die Luft, über Funk, verbreitet wird.“

Ob davon je etwas zur Realität wird und wann, ist vorher immer schwierig abzuschätzen. Von der Verbreitung durch die Luft getraut sich heute fast niemand mehr zu sprechen. Ungelöste Probleme mit der Datensicherheit (Abhörsicherheit) und die Hysterie wegen nicht ionisierender Strahlung haben die Technikbegeisterten verstummen lassen. Und auch mit dem Glasfaserkabel wird es nicht so schnell gehen. Dazu sind Milliardeninvestitionen notwendig!

Zudem erhöhen technologische Innovationen die Übertragungskapazitäten des guten, alten Kupferkabels – das noch aus PTT-Zeiten stammt. Wenn man ihn nur gut wartet und technologisch aufrüstet, tut es der Kupferdraht noch ein paar Jahre oder gar Jahrzehnte. Der einzige Grund, warum wir das Kupfer allenfalls durch Glas ersetzen müssten, ist die Tatsache, dass Kupfer ein knappes Gut ist. Deshalb werden heute in Afrika, den Staaten im Osten und anderswo fast nur noch Glasfaserkabel verlegt. Nicht etwa, weil ein Glasfaserkabel mehr technische Möglichkeiten zulassen würde. Nein, vielmehr ist es um die Infrastruktur zu schützen. Denn für Kupfer werden gute Preise erzielt. Die Leitungen könnten also aus dem Boden gerissen und gestohlen werden.

Letztlich muss also auch der Entscheid, ob die Kupferleitungen durch Glas ersetzt werden, nach unternehmerischen Gesichtspunkten gefällt werden. Das kann nicht die Politik verordnen, weder in einem Gesetz, noch in der Konzession. Sonst kommt es zu teuren Fehlinvestitionen, für die wir als Steuerzahler und Kunden der Telekommunikationsunternehmen gerade stehen müssen.

Der Markt ist schneller als die Politik

Man darf sich ohnehin fragen, ob die Grundversorgung in der Schweiz politisch definiert werden muss. Die Übernahme von cablecom durch den amerikanischen Anbieter Liberty beweist, dass es sich lohnt, in die Schweizer Infrastruktur zu investieren. Damit kann man Geld verdienen. Und genau das ist der Sinn des Engagements von Liberty: Die Amerikaner wollen Geld verdienen. Wo also Geld ist, findet sich immer ein Anbieter.

Die Erschliessung, die wir heute in der Schweiz haben, ist marktgetrieben. Wir haben bei den schnellen Internetleitungen ADSL 98 Prozent Abdeckung. Ohne dass dies politisch verordnet worden wäre. In weiten Teilen des Landes haben die Kunden sogar die Wahl, ob sie über den Telefonanschluss oder über das Fernsehkabel ins Internet wollen. Auch dieser Wettbewerb zwischen zwei verschiedenen Infrastrukturen ist nicht politisch befohlen worden. Diese Entwicklung ist dem Markt zu verdanken. Die Unternehmen haben lange vor der Politik gemerkt, dass die Zukunft nicht im Telefon, sondern im Internet und der Übertragung grosser Datenmengen liegt.

Mit anderen Worten: Die Politik ist gar nicht in der Lage, die Zukunft der Telekommunikation vorauszusehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das müssen die Unternehmen schon selber machen. Sie kennen ihr Geschäft und sie sind im Bild über die aktuellen Entwicklungen und das Potenzial künftiger Technologien. Die Einmischung der Politik schafft sogar Probleme. Sie verhindert, dass ein Telekommunikationsunternehmen wettbewerbsfähig ist und neue Geschäftsfelder erschliessen kann. Ein Beispiel: Ein viel versprechender Zukunftsmarkt ist Fernsehen über das Telefonkabel. Aber es ist gerade die Bundesbeteiligung, die verhindert, dass sich die Swisscom in diesem Markt engagieren kann. Denn die Trennung von Staat und Medien ist ein verfassungsrechtlicher Grundsatz. Deshalb hat das Bundesamt für Kommunikation der Swisscom nur eine provisorische Konzession für ein Jahr erteilen können. Heute sind auch schon interaktive Angebote im Gespräch. Die Kunden sollen schon bald via Fernbedienung an Quizshows teilnehmen oder einkaufen können – und das Ganze über das Telefonkabel. Doch auch dafür ist eine Rundfunkkonzession notwendig. Sie kann jedoch nicht erteilt werden, solange der Bund an der Swisscom beteiligt ist.

Hier liegt das grösste Risiko für die Unternehmung: Dass sie sich nach politischen Forderungen richten und die Wünsche von speziellen Interessengruppen befriedigen muss. Und damit von der Zukunft abgeschnitten wird.

Die Grundversorgung funktioniert – auch ohne politisches Diktat

Beispiel: Lebensmittel. Niemand käme auf die Idee, der Migros oder dem Coop eine Grundversorgungskonzession zu erteilen. Dabei ist Nahrung lebenswichtiger als Telefon- und Internetangebote. Beispiel: Energie. Die sichere Versorgung unseres Landes ist seit je in der Verantwortung der Wirtschaft. Erst seit kurzem versucht die Politik auch hier Einfluss zu nehmen. Nicht etwa um die Versorgung sicherzustellen, sondern vielmehr um spezielle – linke – Interessen durchzudrücken!

Damit die Swisscom auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und neue Märkte erschliessen kann, muss sie von politischer Einflussnahme befreit werden. Denn neue Angebote erfordern Milliardeninvestitionen und Know-how. Zudem sind die meisten Märkte im Bereich der Telekommunikation gesättigt. Wachstumspotential liegt aber in strategischen Beteiligungen und Joint Ventures – durchaus auch im Ausland.

Aber solche Entscheidungen kann der Bund nicht treffen. Und wir Steuerzahler wollen diese Risiken nicht tragen.

 
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