Am 28. November 2010 hat das Schweizer Volk die Ausschaffungsinitiative angenommen. Gleichzeitig hat es (sowie alle Stände!) den Gegenvorschlag des Parlamentes abgelehnt. Dieser sah einen…
Am 28. November 2010 hat das Schweizer Volk die Ausschaffungsinitiative angenommen. Gleichzeitig hat es (sowie alle Stände!) den Gegenvorschlag des Parlamentes abgelehnt. Dieser sah einen Integrationsartikel in der Bundesverfassung vor und hätte festlegt, dass Bund, Kantone und Gemeinden „bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Anliegen der Integration“ zu berücksichtigen hätten. Mit dessen Ablehnung hat sich das Volk klar gegen die Integration als Staatsaufgabe ausgesprochen. Doch dies kümmert den Bundesrat nicht: Nicht einmal ein Jahr später hat er einen Vorentwurf zur Anpassung des Ausländergesetzes in die Vernehmlassung geschickt. Nun liegt die Botschaft vor und wie erwartet ist sie föderalistisch, staats- und finanzpolitisch unhaltbar. Dies zeigt sich insbesondere in folgenden Punkten:
1. Mit der Umbenennung des Ausländergesetzes soll Integration zur Staatsaufgabe werden
Die Umbenennung des Ausländergesetzes (AuG) in Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) setzt der Verstaatlichung der Integration die Krone auf. Integration ist nur ein kleiner Bestandteil des Gesetzes, welches viele wichtige Bestimmungen beinhaltet, wie z.B. zur Zulassung, Niederlassung, Ausweisung usw., welche für die Gesetzgebung von grösserer Bedeutung wären als die Integration, die in erster Linie vom Ausländer her kommen muss und keine Staatsaufgabe ist. Daher ist die Umbenennung des Ausländergesetztes in Ausländer- und Integrationsgesetz unhaltbar.
2. Unhaltbare Mehrausgaben
Im Voranschlag 2013 sind bereits 71,4 Mio. CHF für die Integration von Ausländern eingeplant. Doch dies ist dem Bundesrat noch nicht genug. Er will die Ausgaben für den Bereich Integration jährlich um 20,7 Mio. CHF erhöhen. Somit würden sich die Bundesausgaben mit der Annahme dieser Vorlage auf jährlich 91,4 Mio. CHF belaufen. Die Erhöhung der Bundesmittel ist darüber hinaus an die grundsätzliche Bedingung geknüpft, dass auch die Kantone ihre Mittel für die spezifische Integrationsförderung entsprechend erhöhen. Diese Verpflichtung der Kantone, bei der Aufstockung der Fördergelder nachzuziehen, ist sowohl aus finanzpolitischer, wie auch aus föderalistischer Sicht völlig inakzeptabel. Bereits heute geben die Kantone und Gemeinden rund 70 Mio. CHF pro Jahr für die Integrationsförderung aus. Wenn diese nun aufgrund des Druckes von Bundesebene ebenfalls um gut 20 Mio. CHF erhöht würden, so käme man zusammen mit den aufgestockten Geldern des Bundes auf über 180 Mio. CHF pro Jahr! Und dies sind nur die offiziellen staatlichen Kosten. In den Schulen, den Sozialbehörden oder im Strafvollzug kommen noch weitere hohe Kosten dazu – für einen Bereich, der keine Staatsaufgabe darstellt und dessen Verankerung in der Bundesverfassung vom Schweizer Stimmvolk abgelehnt wurde.
3. Aushebelung des Föderalismus
Die Vorlage des Bundesrates nimmt vor allem auch die Kantone, die Gemeinden und die Arbeitgeber auf Gesetzesstufe verstärkt in die Pflicht. Damit werden der Föderalismus und die Autonomie der Kantone und Gemeinden einmal mehr durch Bundesvorschriften ausgehebelt. Wie oben erwähnt, werden die Kostenfolgen für die Gemeinden und Kantone enorm sein. Insbesondere, da die Bundesgelder nur gesprochen werden, wenn auch die Kantone ihre Mittel heraufsetzen. Die Vorlage des Bundesrates ist gespickt mit Aufträgen an die Kantone, wie die Integrationsförderung konkret auszusehen habe. Dabei wissen die Gemeinden und Kantone am besten, was für ihre Bevölkerung sinnvoll ist und was nicht. Als Standesvertreter ist die Vorlage für mich daher in dieser Form unhaltbar.
4. Rechtsanspruch auf Niederlassungsbewilligung
Mit der Bundesrats-Vorlage soll ein Rechtsanspruch auf eine Niederlas-sungsbewilligung geschaffen und gesetzlich verankert werden. Die Überprüfung der dafür nötigen „Integration“ bleibt dabei Auslegungssache. Die Niederlassungsbewilligung wird unbefristet und ohne Bedingungen erteilt. Somit kann sie auch bei Nichterfüllung der Integrationskriterien nicht mehr entzogen werden. Mit Beschwerden durch alle Instanzen könnten Niederlassungsgesuche bis ans Bundesgericht gezogen werden. Damit entsteht eine eigentliche Kaskade von Rechtsansprüchen der Ausländer an den Staat. Im gleichen Sinne gibt es Bestrebungen für einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Die Autonomie der Kantone in der Ausländerpolitik wird mit solchen Bundesgesetzen immer mehr von den eidgenössischen Behörden und dem Bundesgericht beschnitten.
5. Integrationsförderung für vorläufig Aufgenommene
Vorläufig Aufgenommene sind per Definition „vorläufig“ in der Schweiz und müssten diese baldmöglichst wieder verlassen. Je stärker sie integriert sind, desto unrealistischer ist dabei eine Ausreise aus der Schweiz. Pro vorläufig Aufgenommener zahlt der Bund jedoch schon heute 6000 CHF Integrationspauschalen. Dies ergibt einen jährlichen Betrag von rund 15 Mio. CHF. Dies ist noch mehr als die bereits hohen Mittel, welche für die restlichen Ausländer budgetiert sind. Dies soll nun noch stärker gesetzlich verankert werden. Die Tatsache, dass vorläufig Aufgenommene als Zielgruppe der Integrationsförderung aufgenommen werden, ist überaus stossend und zeigt einmal mehr die Widersprüchlichkeit des Status der so genannten „vorläufigen“ Aufnahme.
6. Verpflichtung der Arbeitgeber zur Integrationsförderung
Schliesslich sieht die Vorlage auch vor, dass Arbeitgeber, die ausländisches Personal einstellen, die Integration mit gezielten Massnahmen fördern und allfällige Diskriminierungen beseitigen. Diese neue Bürokratie und Zwangsmassnahme ist für mich als Unternehmer und Arbeitgeber nicht annehmbar. Bereits heute tragen Unternehmen viel zur Integration bei. Zahlreiche Firmen fördern auf freiwilliger Basis z.B. den Erwerb von Grundkompetenzen. Die Verpflichtung aller Betriebe und Arbeitsgebenden zur kostspieligen Integrationsförderung schiesst weit über das Ziel hinaus. Für KMUs ist eine solche Regelung kaum verkraftbar und im ländlichen Raum völlig unnötig, wenn nicht sogar unmöglich zu erfüllen. Einmal mehr gilt es zu betonen, dass Integration in erster Linie die Aufgabe der Zuwanderer ist und weder jene des Staates noch der Wirtschaft. Freiwillige Massnahmen einzelner Unternehmen sind jedoch durchaus sinnvoll und wertzuschätzen.
Fazit: Die Vorlage des Bundesrates ist ein Musterbeispiel, wie der Bun-desrat den Willen des Volkes und die Eigenständigkeit der Kantone missachtet und seine large Ausländerpolitik fortsetzen will. Sie wird beschönigend als „Fördern und Fordern von Integration“ verkauft. Doch bei genauer Betrachtung ist nur das Fördern übriggeblieben. Die Vorlage wird nächste Woche von der Staatspolitischen Kommission des Ständerates als Erstrat beraten. Ich werde zu den oben aufgeführten Missständen Anträge einreichen. Sollten diese nicht durchkommen, müssten wir von Seiten der Kantone die zentralistische Vorlage mit allen Mitteln zu bekämpfen versuchen.