Im Jahre 2011 trat die SVP mit einem einfachen Rahmenlehrplan an die Öffentlichkeit. Sie zeigte damit, wie auf kostengünstige Weise und unter Berücksichtigung der föderalen Struktur unseres Landes die Forderung des Bildungsrahmenartikels umgesetzt werden kann. Das Konzept hinter diesem SVP-Lehrplan ist so einfach wie überzeugend – aber es steht in diametralem Gegensatz zum Lehrplan 21.
von Willi Villiger, Oberstufenlehrer, Mitglied Bildungskommission SVP (AG)
Im Jahre 2011 trat die SVP mit einem einfachen Rahmenlehrplan an die Öffentlichkeit. Sie zeigte damit, wie auf kostengünstige Weise und unter Berücksichtigung der föderalen Struktur unseres Landes die Forderung des Bildungsrahmenartikels umgesetzt werden kann. Das Konzept hinter diesem SVP-Lehrplan ist so einfach wie überzeugend – aber es steht in diametralem Gegensatz zum Lehrplan 21.
Die entscheidende Stellgrösse für gute Schulen sind gute Lehrer! Deshalb erhoben wir laut die Forderung nach unternehmerischer Freiheit für die Lehrer. Unsere Überlegung war: Die Qualität der Schule kann wirksam nur verbessert werden, wenn dem Lehrer mehr Freiheit und mehr Verantwortung übertragen wird. In diesem Zusammenhang hat die SVP auch das Konzept der Lehrer-Lehre vorgeschlagen – als Antwort auf die grossen Herausforderungen für junge Lehrer in den Schulzimmern von heute.
Unser Leitmotiv lautet: Bildungswettbewerb anstelle von bürokratischer Planwirtschaft!
Abgeleitet auf den Lehrplan heisst das:
Der Lehrplan definiert das Ziel – Der Weg zum Ziel aber ist frei…
Verbindliche Auflage ist allein die Zielerreichung.
Zwei konkrete Forderungen sollen handgreifliche Resultate liefern:
1. Umfassende Methodenfreiheit: Jeder Lehrer soll so Schule geben können, wie es seiner Persönlichkeit entspricht und wie es die aktuelle Zusammensetzung seiner Klasse im Klassenzimmer erfordert – frei von Gängelung durch Schulleitung und Reformzwänge. Im Zentrum des Unterrichtsgeschehens steht der Klassenlehrer, die Fokussierung der Ausbildung auf Fachlehrer wird verworfen. Der Klassenlehrer trägt die Verantwortung für die Zielerreichung gemäss Lehrplan.
2. Umfassende Lehrmittelfreiheit, wie sie auch im PISA-Vorzeigeland Finnland den Lehrern zugestanden wird.
Der Lehrplan 21 schlägt den genau gegenteiligen Weg, einen Weg in die Sackgasse ein. Daher die sich rasch ausbreitende Kritik am Lehrplan 21 – buchstäblich von allen Seiten.
Der Lehrplan 21 ersetzt den kantonalen Wettbewerb durch planwirtschaftliche Vorgaben. Er geht aus vom Glauben, man könne gute Schule mittels zentraler Steuerung von oben organisieren. Statt mittels eines einfachen Rahmenlehrplans das Naheliegende zu regeln präsentieren uns die Lehrplan-Macher ein über 500-seitiges Dokument mit tausenden von zu erwerbenden Kompetenzen. Mit seiner Kompetenzen-Orientierung würde mit dem Lehrplan 21 eigenmächtig, ohne Auftrag des Souveräns, ein Komplett-Umbau der Volksschule aufgegleist.
Gemäss dem Initiator des Bildungsrahmenartikels, Hans Zbinden, verfolgt die neue sog. «Output-Orientierung» des Schulsystems das Ziel, die Schweiz an den europäischen Bildungsraum anzudocken. Es geht mit dem Lehrplan 21 nicht um eine bessere Schule, vielmehr um eine PISA- und OECD-kompatible Schule!
Zwar beteuern die Lehrplan 21-Macher allenthalben, es handle sich bei ihrem Millionen-teuren Machwerk keinesfalls um eine Schulreform. Aber zahlreiche Beobachter des Geschehens haben den Braten inzwischen gerochen; selbst die Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli spricht von einem «Jahrhundertwerk». Und Beat Zemp, Präsident des Lehrerverbands, spricht sogar von einem historischen Schritt, vergleichbar mit der Einführung der Schulpflicht im Jahr 1874 !
Hat man etwa keine Schulreform im Auge, wenn ausdrücklich beansprucht wird, es sei von einer «veränderten Sicht auf das Lernen» auszugehen? Das zentrale didaktische Dogma, welches dieser veränderten Sicht der Lehrplanmacher zugrunde liegt, nennt sich «Konstruktivismus«: Der Schüler konstruiert sich seine eigene Welt. Und weil der Lehrer diesen Konstruktionsprozess nicht stören sollte, wird er aus den Lernprozessen der Schüler regelrecht hinausgedrängt. Er wird zum blossen Coach degradiert.
Mit anderen Worten: Die entscheidende Stellgrösse für guten Unterricht, der Klassenlehrer, wird entmachtet. Die Lehrerrolle wird von Grund auf neu definiert, so grundlegend, dass der Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich, Herr Bircher, mit einem Transformationsprozess von ca zehn Jahren rechnet.
Der Lehrplan 21 kommt als eigentlicher Knebelvertrag für die freie Lehrerpersönlichkeit daher: Indem er die Verwendung unterrichtsleitender, obligatorischer Lehrmittel vorschreibt, – deren Herstellung Abermillionen an finanziellen Mitteln verschlingen wird – will er den Unterricht bis in kleinste Einzelheiten reglementieren. Die unternehmerische Freiheit zur Gestaltung individuellen Unterrichts wird massiv beschnitten. Will der Lehrer diese ihm vorgeschriebenen Lehrmittel einsetzen, muss er sich notgedrungen an das ihnen zugrunde liegende didaktische Konzept halten und die darin festgehaltenen einzelnen Schritte durchexerzieren. Auf diese Weise soll von zentraler, obrigkeitlicher Stelle aus sichergestellt werden, dass die tausenden von Kompetenzen minutiös in den Schulstuben des Landes trainiert werden.
Allerdings: Niemand glaubt im Ernst daran, dass eine solche Schule gelingen kann!
Eine umgekehrte Entwicklung ist im Bereich der sog. «überfachlichen Ziele» zu beobachten: Auf der einen Seite wird der schülerzentrierte, selbstgesteuerte Unterricht propagiert, auf der anderen Seite wird den Lehrern eine äusserst autoritäre, ja diktatorische Rolle zugeschoben: Der Schule soll nichts weniger als die Erziehung der Kinder zu politisch korrekten und geschlechtsneutralen Gutmenschen aufgetragen werden.