Nächste Woche findet in Basel der Auslandschweizer-Kongress statt. Schon heute ist klar: Hauptthema werden die Schwierigkeiten der bald 800‘000 im Ausland lebenden Schweizer sein, wenn es darum geht, Bankverbindungen in der Schweiz zu halten. Das Problem ist seit dem Jahr 2008 akut. Wegen „Bundesbern“ hat sich die Lage während der letzten Jahre verschlechtert. Bedingt durch den automatischen Informationsaustausch (AIA) werden Auslandschweizer zudem reellen Gefahren ausgesetzt.
Vor rund zwei Jahren reichte ich im Nationalrat eine Motion ein. Diese wollte sicherstellen, dass Auslandschweizer in der Schweiz ein Bankkonto unterhalten können, und zwar bei systemrelevanten Banken. Der Vorstoss scheiterte im Nationalrat. Vor rund zwei Monaten wurde im Ständerat ein fast identischer Vorstoss eingereicht. Mehr als drei Viertel aller Ständeräte haben unterschrieben.
Vor fünf Jahren unterlag ich mit meiner Motion zur PostFinance im Ständerat. Nun hat die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats ohne Gegenstimme entschieden, eine Motion mit fast identischem Inhalt einzureichen. Der Vorstoss beauftragt den Bundesrat, die Postverordnung so zu ändern, dass die Auslandschweizer Zugang zu den Dienstleistungen von PostFinance erhalten.
Während sich in den letzten Monaten und Jahren vor allem die systemrelevanten Banken von den im Ausland lebenden Schweizern trennten, suchten kleinere Institute vielfach nach individuellen Lösungen. Dabei gerieten und geraten sie und ihre Kunden an die Grenze der Verzweiflung. Ähnlich geht es den privaten Vermögensverwaltern. Sie ächzen unter der Last der Regulierungen, welche ihnen die Politik, die Verwaltung und der Regulator auferlegt haben. Das politische Bern will international gefallen. Es gibt kaum eine Regel der EU oder der OECD, welche nicht in vorauseilendem Gehorsam übernommen wird.
Die Art der Auswanderung hat sich geändert
Heute gehen (gerade die jungen) Leute geschäftlich für zwei Jahre ins Ausland und kommen zurück. Sie gehen dann für ein weiteres Jahr ins Ausland, sie kommen zurück, gehen für drei Jahre ins Ausland. Und so weiter. Diese Menschen brauchen eine Kontoverbindung in der Schweiz. Beispiel: Eine Krankenversicherung nimmt im Ausland keine Kunden für Zusatzversicherungen, welche keine Bankverbindung in der Schweiz haben.
Es geht aber auch um Auszahlungen der AHV und der Pensionskassen oder um Auslagen während eines Heimataufenthalts. Und wenn jemand Immobilien hat, dann sind es die Auslagen für und die Einnahmen aus den Immobilien. Nicht wenige Schweizer, die für eine gewisse Zeit im Ausland wohnen, müssen ihre Häuser verkaufen, weil ihnen die Bankbeziehung gekündigt wird. Die bankinternen Hausjuristen haben das Zepter übernommen. Sie wollen, von der Last der Regulierungen fast erdrückt, auf der sicheren Seite sein.
Wegen Überregulierung: Kleine und mittlere Banken können Kunden nicht halten
Ich zitiere aus einem Schreiben des Direktors einer kleineren Bank an einen jahrzehntelangen Kunden:
„Es ist richtig, dass wir seit vielen Jahren gute und enge Beziehungen zur Familie W. pflegen. Ganz herzlichen Dank für diese Treue und das Vertrauen. (…) Es ist bemühend, wie schwierig und kompliziert eine Beziehung mit einem im Ausland domizilierten Kunden mittlerweile geworden ist. Die Bankenwelt ist innert kürzester Zeit sehr kompliziert und aufwändig geworden – auch für uns. Es geht dabei für uns als Bank vor allem um das Abwägen von Vor- und Nachteilen bzw. Chancen und Risiken, um anschliessend einen Entscheid fällen zu können.
In der Geschäftsleitung haben wir den Beschluss gefasst, uns von den im Ausland lebenden Kunden zu trennen. Der Hauptgrund liegt vor allem bei den Kosten und Aufwänden (u. a. für Software, aber auch für neue Regulatorien) und den diversen inhärenten Risiken dieses Geschäftes, die durch die Erträge der wenigen Auslandkunden in keiner Art und Weise aufgefangen werden können. Diesen Schritt haben im Übrigen viele andere Banken ebenfalls vollzogen, oder sie verrechnen ihren Kunden horrende Kosten für diese Umstände.
Wir versuchen, eine möglichst optimale Lösung für unsere betroffenen Kunden zu finden und senden ihnen nicht nur einen Bankcheck oder tätigen eine Überweisung ins Ausland. Genau dieses Vorgehen werden wir in den nächsten Monaten auch mit ihrer Kundenbeziehung oder ihrem Umfeld wählen. Ich zähle dabei auf Ihr Verständnis.“
Das wiederholte Einknicken nach Drohungen von aussen
Warum kann der Direktor der Bank B. nicht anders? Seit 2010 hat die Schweiz aufgrund von Drohungen mit grauen oder schwarzen Listen zahlreiche Standards der OECD und haufenweise Regulierungen der EU übernommen. Die international einst respektierte Rechtssicherheit wird zunehmend zu Schnee von gestern.
Die äusserst restriktiven Kapitalverkehrsvorschriften zahlreicher Länder sind eine zusätzliche Belastung für die Auslandschweizer. Viele Staaten können ihren Bewohnern verbieten, Gelder ins Ausland zu transferieren. Oder sie zwingen sie, Mittel ins Inland zu transferieren und es in der betreffenden schwachen Währung zu halten. Das kommt einer Enteignung gleich.
Durch AIA-Verträge werden Auslandschweizer reellen Gefahren ausgesetzt
Es gibt AIA-Verträge, welche für viele Auslandschweizer verheerende Auswirkungen haben. Schweizerinnen und Schweizer, die beispielsweise einige Jahre in Brasilien, Mexiko, Russland oder Indien arbeiten, müssen dort künftig sämtliche Vermögenswerte angeben. Und zwar auch diejenigen, welche in der Schweiz ordentlich versteuert sind.
Man muss davon ausgehen, dass kriminelle Gruppierungen Informationen aus den jeweiligen Staatsverwaltungen erhalten. Es geht um Länder, in denen die Rechtsstaatlichkeit nicht einfach vorausgesetzt werden kann. Teilweise grassiert eine massive Korruption. Wenn die Information einmal in den falschen Händen ist, sind Entführungen von Schweizer Bürgern mit Lösegelderpressung nicht mehr auszuschliessen. Die Menschen müssen um ihre Leben fürchten.
Den im Ausland lebenden Schweizern bringt es wenig, wenn sie am Nationalfeiertag und in politischen Sonntagsreden jeweils als „Botschafter“ der Schweiz gepriesen werden. Konkretes nützt ihnen mehr: Es ist eine Kernaufgabe eines Rechtsstaats, seine Bürger zu schützen – und sie nicht unnötigen Gefahren auszusetzen. Letzteres gilt vor allem dann, wenn sie sich im Ausland aufhalten.
Rahmenbedingungen verbessern
Die Rahmenbedingungen für Finanzinstitute haben sich in der Schweiz in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Nachdem wir unzählige EU-Regulierungen akzeptiert haben, ist jetzt ein Marschhalt angesagt. Die Politik hat sich dafür einzusetzen, dass die unsägliche Bürokratisierung gestoppt wird. Der Bürger gehört wieder ins Zentrum gestellt – und nicht der Staat mit all seinen Begehrlichkeiten.
Eine Rückbesinnung auf liberale Grundsätze ist dringend notwendig, damit es für Schweizer Geldinstitute wieder möglich wird, Auslandschweizer zu annehmbaren Konditionen aufzunehmen. Ein solches „Back to the roots“ ist sowohl für die Banken als auch für die Kunden besser als ein gesetzlicher Zwang.
Beilage 1:
Die Regulierungsflut
Die Zahl der kürzlich in Kraft getretenen und der aktuellen Regulierungsprojekte im Bereich Banking und Vermögensverwaltung ist enorm. Entschlackung tut not, wenn wir unsere Finanzdienstleister und ihre Kunden nicht heillos überfordern wollen. Seit der Finanzkrise von 2008 sind für den Bankensektor folgende Regulierungen in Kraft getreten:
Beilage 2:
Welche Projekte sind geplant oder werden ernsthaft diskutiert?