Der Unterricht hat sich an der Berufswelt auszurichten – und nicht die Berufswelt an den Schulen. Konzentration auf die Grundlagenfächer, diszipliniertes Einüben und der Wille zur Leistung und…
Vor zwei Wochen ist eine interessante Umfrage erschienen: Man hat Schweizer Jugendliche gefragt, welche Gründe für ihre Berufswahl entscheidend seien.
91 Prozent der Befragten haben ihre eigenen Interessen und Neigungen als wichtigstes Kriterium genannt. Die Jugendlichen wollen also einen Beruf lernen, der ihnen Freude bereitet. Das ist sinnvoll: Wer seine Ausbildung gerne macht, wird diese mit mehr Einsatz und damit auch mit mehr Erfolg abschliessen.
Was nannten die Schweizer Jugendlichen an zweiter Stelle? Die Arbeitsplatzsicherheit. 70 Prozent wollen einen Beruf lernen, in dem sie eine Zukunft haben. Das ist vernünftig. Wir brauchen nicht tausend Orchideenzüchter, sondern tausend gute Handwerker und Dienstleister.
An dritter Stelle, mit 59 Prozent, nannten die Befragten den späteren Verdienst als Kriterium. Das ist nachvollziehbar. Wer anständig bezahlt ist, nimmt dafür auch mal mehr Druck und unangenehme Pflichten in Kauf.
Die Gründe der Berufswahl überzeugen: Zuoberst steht bei den jungen Schweizerinnen und Schweizer das Interesse. Dann folgen die beruflichen Perspektiven. Und drittens der spätere mögliche Verdienst.
Nun wissen wir aber alle, dass das Leben nicht nur ein Wunschkonzert ist. Die entscheidende Frage ist: Bringen die Jugendlichen die Voraussetzungen mit, um in der Berufswelt zu bestehen, um ihren Wunschberuf überhaupt lernen zu können? Bekommen sie in der Schule das nötige Rüstzeug? Lernen sie die Grundfertigkeiten, die sie für die Ausbildung brauchen? Um es konkret zu sagen: Können unsere Schulabsolventen überhaupt genügend gut rechnen, schreiben, lesen, um eine Berufslehre erfolgreich zu bestehen?
An der Berufswelt orientieren
Um es auf eine Formel zu bringen: Der Unterricht hat sich an der Berufswelt auszurichten – und nicht die Berufswelt an den Schulen.
Und genau darum sind wir heute hier: Die Schulen und vor allem die Bildungsideologen haben sich von der Wirklichkeit entfremdet. Leistungsfeindliche und weltfremde Konzepte haben die Lehrerausbildung und damit auch die Volksschule verseucht.
Statt Leistung und Disziplin herrscht Wellnesspädagogik in den Schulzimmern. Aber irgendwann verlassen die Schülerinnen und Schüler ihre geschützten Schulzimmer – und kommen buchstäblich auf die Welt.
Die Arbeitswelt sucht junge, leistungswillige, zuverlässige Berufsleute. Was wir uns fragen müssen: Werden die Schulen diesem Auftrag gerecht?
Was die Lehrbetriebe sagen
Offenbar zu wenig. Anders sind die Klagen aus der Wirtschaft nicht zu verstehen. Viele Lehrbetriebe stellen grosse Defizite bei den Schulabgängern fest: Schulische Defizite, aber auch Defizite in grundsätzlichen Fragen wie der Arbeitseinstellung. Das sind besorgniserregende Entwicklungen, weil sie unser Berufsbildungssystem in der Substanz gefährden.
Aus diesem Grund hat die SVP Schweiz das Grundlagenpapier „Berufswelt und Volksschule“ erarbeitet. Dieses Papier ist keine akademische Kopfgeburt. Wir sind zu den Unternehmen gegangen. Wir haben den Lehrlingsbetreuern zugehört. Wir haben intensiv mit dem Schweizerischen Gewerbeverband zusammengearbeitet.
Was sagen uns die Lehrbetriebe? Was alle, ausnahmslos alle Lehrlingsausbildner feststellen: Die jungen Schulabsolventen haben eklatante Defizite in den Grundlagenfächern. Insbesondere fehlen ihnen die Grundkenntnisse in der Mathematik.
Schauen wir uns ein paar konkrete Rückmeldungen an.
Beispiel gewerbliche Berufsschule: Von dort hören wir, dass von 400 Lehrlingen mehr als ein Drittel (150) ungenügende Leistungen aufweist und Unterstützungskurse braucht.
Beispiel Pharma-Branche: in Basel nehmen die grossen Pharmaunternehmen keine Lehrlinge ohne Aufnahmeprüfung. Warum? Weil die Abgangszeugnisse den Namen nicht verdienen. Weil die Noten keine Aussagekraft mehr haben.
Beispiel Victorinox: Viele der Schulabgänger würden an Textrechnungen scheitern, weil sie die Aufgaben sprachlich nicht begreifen. Auch Dreisatz-Rechnen und Prozentrechnen würden viele Schüler überfordern.
Was sagen uns die Lehrbetriebe weiter? Sie sind schockiert über die mangelhafte Rechtschreibung. Schülerhefte würden vielfach nicht korrigiert, Texte nicht mehr „ins Reine geschrieben“, schludrig geführte Arbeitshefte seien die Regel. Diese nachlässige Arbeitshaltung von Lehrpersonen übertrage sich auf die Schüler. Das sagen die Lehrbetriebe – das ist keine populistische Unterstellung von unserer Seite!
Wie reagieren die Lehrbetriebe? Sie müssen die ersten Monate vor allem dafür einsetzen, um den angehenden Berufsleuten eine Arbeitshaltung beizubringen und schulische Grundlagen zu repetieren. Die Lehrbetriebe und Gewerbeschulen müssen nachholen, was in der Volksschule offenbar verpasst wurde.
Was ist zu tun? Sieben Schritte zu einer besseren Volksschule
Diese Klagen müssen wir ernst nehmen. Die Berufsbildung ist eine wichtige Säule unseres Erfolgs. Aber es reicht nicht, unser duales Berufsbildungssystem in den Sonntagsreden zu loben – und von Montag bis Samstag tatenlos den Fehlentwicklungen zuzuschauen.
Die SVP Schweiz will darum in sieben Schritten wichtige Korrekturen voranbringen:
Das Schweizer Profil stärken heisst: das duale Berufsbildungssystem mit unseren guten Berufslehren stärken. Die Berufsbildung ist bei uns auf die Berufswelt ausgerichtet. Internationale Normierungen sind abzulehnen.
Schweizerisch ist auch die kantonale Bildungshoheit. Je näher die Verantwortung bei der Bevölkerung liegt, desto besser ist die Kontrolle. So können auch Fehlentwicklungen demokratisch korrigiert werden. Dank Urnenabstimmungen wurde die Notengebung wiedereingeführt und überbordende Reformübungen gestoppt.
Ins Zentrum der Schule gehören auch wieder jene Werte, die unsere Schweiz lange Zeit zu den erfolgreichsten Ländern der Welt gemacht hat: Qualitätsbewusstsein, Leistungsbereitschaft und der Wille zur Perfektion.