Mein Anliegen war es, auf Wunsch von Herrn Nationalrat Rudolf Joder die Entwicklung des vorliegenden Entwurfs aus verfassungsrechtlicher Sicht zu begleiten. Aus dieser Sicht lässt sich folgendes…
– von Prof. Dr. Paul Richli, em. Ordinarius für öffentliches Recht, Agrarrecht und Rechtsetzungslehre, Universität Luzern –
Mein Anliegen war es, auf Wunsch von Herrn Nationalrat Rudolf Joder die Entwicklung des vorliegenden Entwurfs aus verfassungsrechtlicher Sicht zu begleiten. Aus dieser Sicht lässt sich folgendes sagen:
Inhaltlich ist folgendes zu sagen:
a) Art. 104a Abs. 1 ergänzt Abs. 1 von Art. 104 in dem Sinn, dass der nur auf die Landwirtschaft gerichtete Blick auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten ausgedehnt wird. Es geht um gesunde und qualitativ gute Nahrungsmittel. Der zweite Teil von Abs. 1 ergänzt Art. 104 Abs. 1 Bst. a BV, indem er die Versorgung der Bevölkerung konkretisiert und ausdrücklich den Selbstversorgungsgrad ins Spiel bringt. Abs. 2 sichert die landwirtschaftliche Nutzfläche, die ebenfalls mit der Versorgung zu tun hat.
b) Neu kommt mit Art. 104a Abs. 2 das Gebot der Reduktion des administrativen Aufwands hinzu. Und von grosser Bedeutung ist, dass die Wahrung der Planungs- und Investitionssicherheit eingefordert wird. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die Gewährleistung der Investitionssicherheit war in den 70er-Jahren die Einführung der Höchstbestandesregelung bei den Tierbeständen. Damals trat die Begrenzung erst 12 Jahre nach Inkrafttreten der Regelung in Kraft. Man hatte 12 Jahre Zeit, um die Tierbestände abzubauen, damit neu eingerichtete Ställe noch angemessen amortisiert werden konnten. Planungs- und Investitionssicherheit wird nicht gewährleistet, wenn jede AP für vier Jahre grundsätzliche Änderungen der Produktionsbedingungen mit sich bringt.
c) Ganz neu ist die Beschränkung der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse in Art. 104a Abs. 3. Sie wird so vorgenommen, dass man nicht im Widerspruch zu den bestehenden Verträgen, vor allem zur WTO, gerät.
d) Wichtig ist schliesslich, dass auch die Möglichkeit zum Abweichen von der Wirtschaftsfreiheit besteht. Damit wird es möglich, nötigenfalls Bestimmungen über Beschränkungen von benachbarten Wirtschaftszweigen, wie z.B. die Importeure, zu erlassen. Daher muss Art. 104 Abs. 2 BV in Art. 104a Abs. 4 für anwendbar erklärt werden.