Die SVP stellt heute in Bezug auf den Tagungsort auf 2500 Meter über Meer einen Höhenrekord auf. Der Säntis bietet eine einmalige Fernsicht – in sechs Länder kann man von hier aus sehen. Das Alpsteinmassiv, so heisst diese ganze Gebirgskette, verbindet unverrückbare Standfestigkeit mit Tradition, Weitsicht und Weltoffenheit. Diese starke Spannkraft, die es gemäss politischen Kommentatoren eigentlich gar nicht gibt, finden wir dennoch in der Politik unserer Partei. Es tut gut, aus dem kleinräumigen Alltagsgeschäft auszubrechen, um Distanz und Übersicht zu gewinnen.
Übersicht und Weitsicht wären gerade in der Politik gefragt. Doch leider erleben wir das Gegenteil. Seit Jahren leben wir in Saus und Braus ohne auch nur einen Gedanken an Morgen zu verlieren. Im Vergleich zu den Schuldenbergen in unserem Land ist der Berg auf dem wir heute tagen nur ein Maulwurfhügel. Noch nie hat eine Generation derart auf Kosten der Jungen gelebt wie in den letzten Jahren. Obwohl ständig neue Steuern und Abgaben geschaffen und diese wiederum laufend erhöht wurden, haben sich die Schulden in den letzten 15 Jahren verdreifacht. Demgegenüber wissen wir nicht, wie wir die Sozialversicherungen finanzieren sollen.
Und wer ist für diesen grössten Scherbenhaufen in der Geschichte unseres Landes verantwortlich? Es sind die Mitte-Links-Parteien, die zusammen die Mehrheit bildeten. Die SVP hat sich mit allen Kräften gegen diese Entwicklung gewehrt. Seit 15 Jahren werden wir als „Nein-Sager-Partei“ verhöhnt. Man sagt das heute zwar etwas leiser, weil man sich mindestens im Innersten eingestehen muss, dass wir Recht hatten. Wir dürfen heute stolz darauf sein, dass wir unaufhörlich den Mut und die Kraft dazu hatten. Allerdings füge ich gleich selbstkritisch hinzu: Wir hätten noch mehr Nein sagen müssen und wir sind in Zukunft wohl noch mehr dazu gezwungen. Langsam kommt die letzte Chance, die unheilvolle Entwicklung zu korrigieren und das Steuer herum zu reissen. Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt wie in Deutschland: Eine kraftlose bürgerliche Koalition und eine zügellose Links-Grün-Regierung haben nacheinander das Land in den Sumpf geritten. Die Parallelen zur Entwicklung in der Schweiz sind erschreckend. Viele Leute merken, dass einiges schief läuft. Doch sie überlegen sich zu wenig, wer für den Schlamassel in letzter Konsequenz verantwortlich ist. Nur so kann man sich erklären, warum Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Links-Koalition in den Gemeinden, Kantonen und beim Bund, überhaupt noch gewählt werden.
Der Freisinn blinkt nach links
Mit grosser Sorge beobachte ich in diesem Zusammenhang die Suche der Freisinnigen Partei nach einer offenbar neuen Position. Das ist zwar nichts Neues. Doch der rapide politische Wandel der uns früher nahe stehenden Partei in den letzten Monaten ist unverständlich und bedrohlich für die bürgerliche Schweiz. Wer die Werte unseres Landes derart über Bord wirft, wer alle Stärken ohne Not aufgibt nur um als vermeintlich modern und fortschrittlich zu gelten, verunsichert zunehmend und verliert als Partner an Kredit und Glaubwürdigkeit. Ich erhoffe mir, dass sich in den nächsten Monaten einige besonnene Köpfe in dieser Partei doch noch auf das ursprüngliche freisinnige Gedankengut zurück besinnen. Ansonsten erhält das geflügelte Wort: „Wer freisinnig wählen will, muss SVP wählen“, immer mehr an Bedeutung. Wenn wir die bürgerlichen Werte unseres Landes nicht endgültig auf dem Altar der linken Umverteilungspolitik opfern wollen, ist ein bürgerlicher Schulterschluss dringend nötig. Ich rufe CVP und FDP ausdrücklich zur bürgerlichen Zusammenarbeit auf. Es ist höchste Zeit dazu. Denn ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Die Schweiz ist in rasantem Tempo auf dem Weg in die Mittelmässigkeit. Damit gerät der Wirtschaftsplatz immer mehr unter Druck und unser Wohlstand und unsere Arbeitsplätze sind in Gefahr.
Eigenverantwortung der Bürger
Wenn wir die fatale Situation korrigieren wollen, müssen Fehlentscheide der Vergangenheit korrigiert werden. Insbesondere ist die Eigenverantwortung der Bürger zu stärken. Wenn beispielsweise rund 50 Prozent der Leute eine Verbilligung für die Krankenkasseprämien erhalten, kann einiges nicht mehr stimmen. Doch statt die Fehler des von der SVP damals abgelehnten Krankenversicherungsgesetzes endlich zu korrigieren, gefällt man sich im Schattenboxen. Um die seit Jahren weit über der Teuerung liegenden Prämienschübe zu relativeren, kündigt man zuerst Prämienschocks an, um den späteren Hammerschlag als viel weniger schlimm zu bezeichnen. Unsere Prämiensenkungsinitiative weist den Weg aus der Misere. Die Prämien haben sich so entwickelt, wie wir das vorausgesagt haben. Der Staat mit dem geltenden System muss die Verantwortung übernehmen. Die Prämienzahler können für nichts verantwortlich gemacht werden, sie konsumieren das bestehende Angebot und wenn die Prämien zu hoch sind, hilft der Staat.
Allerdings ist der Weg zur weit geöffneten Staatskasse in den letzten Jahren immer kürzer geworden. Kinder sind zum staatlichen Versicherungsfall geworden und werden „mutterschaftsversichert“ möglichst früh in Kinderkrippen deponiert, die der Steuerzahler zu berappen hat. Danach werden sie, wenn vorhanden, in Tagesschulen abgeschoben. Wo bleibt die Verantwortung der Eltern? Auch in der Schule spielt die Verantwortung immer weniger. Bis zu einem Drittel der Ausgaben in der Volksschule werden für Sonderschulungen gebraucht. Es gibt Gemeinden, in den der Sonderschulbereich, also Logopädie, Psychomotorik, FLK, Legasthenie, Heilpädagogische Einzelförderung usw. heute mehr kostet, als die ganze Primarschule. Die Kinder werden so gemacht wie sie eben sind. Der Lehrer ist nicht verantwortlich, die Eltern sind nicht verantwortlich, die Kinder sind nicht verantwortlich. Ja, wer dann?
Der Missbrauch der Invalididenversicherung hat die gleiche Ursache. Da werden nach simulierten Unfällen lebenslange Renten gewährt und bezogen. Selbstverständlich ist niemand verantwortlich. Leute werden elegant aus dem Arbeitsprozess in die IV entsorgt, sogar aus Bundesbetrieben. Niemand ist verantwortlich. Die explodierenden Kosten haben nicht nur die IV-Kasse aus dem Lot gebracht, auch die zweite Säule, die mitziehen muss, ist notleidend. Statt den Dingen auf den Grund zu gehen, fordert Mitte-Links höhere Mehrwertsteuern und Sozialabzüge. Die Frage drängt sich auf, wer gegenüber der kommenden Generation für dieses Wegschauen verantwortlich ist? Was werden wir auf die Fragen unserer Kinder einmal antworten? Wer wird diese Schweiz in zwanzig Jahren finanzieren?
Wohin mit der direkten Demokratie?
Wenn wir heute auf dem Säntis tagen, sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass es für die nächsten Jahre eine politische Kraft braucht, die Weitsicht beweist. Diese Weitsicht lässt sich nicht auf Sand bauen, sie braucht ein starkes Fundament. Sie basiert auf unseren Stärken. Zu den Säulen unseres Staates gehört die bewaffnete Neutralität, sie schafft Unabhängigkeit. Zu den Säulen gehört der Föderalismus, die Stärke der kleinstmöglichen Entscheidungsebene. Und zu den Säulen gehört schliesslich die direkte Demokratie.
Gerade die Demokratie wird vielen Politikern unangenehm, weil sie Macht einschränkt. Darum versucht man, sie zu manipulieren. Erfolgreich hat man zuerst das „weniger gefährliche“ Schengen zur Abstimmung gebracht um damit die „viel gefährlichere“ Ost-Personenfreizügigkeit zu retten. Allerdings wurde dem staunenden Stimmbürger schon am Tag nach der Schengen-Abstimmung erklärt, dass Schengen von der EU nur ratifiziert würde, wenn wir auch brav der Ost-Freizügigkeit zustimmen würden. Sie erinnern sich an den Auftritt von EU-Kommissarin Ferrero. Und seither malt man buchstäblich den Teufel an die Wand, was bei einem Nein alles passieren könnte.
Wir Bürger lassen uns von Bundesräten und deren Kommunikationsmaschinerien zunehmend mit von Steuergeldern berappten Kampagnen einschüchtern. Auch die Wirtschaft lässt sich an der Nase herumführen. Sie hat eine millionenschwere Kampagne zu Schengen geführt, obwohl man sich ernsthaft fragen muss, welchen Nutzen die Wirtschaft von Schengen wirklich hat. Jetzt führt sie eine noch grössere Kampagne für ein Ja zur Ost-Personenfreizügigkeit. Selbst die Gewerkschaftsfunktionäre machen bei der Ost-Personenfreizügigkeit gemeinsame Sache mit den Wirtschaftsbossen. Überlegen Sie sich mal, was das politisch bedeutet, wenn die Spitzen der Gewerkschaften mit den Bossen der economiesuisse zusammen gemeinsam unter eine Decke schlüpfen. Noch vor wenigen Jahren wären ob solcher Machenschaften jedem währschaften Linken im Land die Haare zu Berge gestanden.
Ja, sind wir denn bereits alle Knechte der EU? Haben wir uns schon vor dem Hut in Brüssel zu bücken? Oder sind wir noch ein demokratischer Rechtstaat, ein Volk, das selbst über seine Geschicke entscheidet? Wenn sich der Bundesrat für ersteres entschieden hat, so sollten wenigstens wir uns fragen, wie lange wir solches Tun noch mittragen wollen. Am 25. September kommt die Gelegenheit, einen Riegel zu schieben. Ein Nein zur Ost-Personenfreizügigkeit wäre der längst überfällige Fingerzeig des Volkes.