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Eine gesunde AHV bedingt Solidarität von Mann und Frau

Mit der Abstimmung über die 11. AHV-Revision wird insbesondere von linken Frauen einmal mehr die Geschlechterfrage ins Zentrum…

von Nationalrätin Ursula Haller, Thun (BE)

Mit der Abstimmung über die 11. AHV-Revision wird insbesondere von linken Frauen einmal mehr die Geschlechterfrage ins Zentrum gestellt. Es wird versucht, die Frauen einseitig als Opfer darzustellen. Die Frage der Zukunft der AHV wird auf eine Auseinandersetzung zwischen Mann und Frau reduziert.

Ich weiss nicht, wie diese Rhetorik beim Volk ankommt. Ich erinnere mich noch gut an die Abstimmung über die Quoteninitiative im Frühling 2000, als Frauenorganisationen in allen politischen Behörden Frauenquoten einführen wollten. Auch damals versuchte man, im Abstimmungskampf das gleiche Muster „Mann gegen Frau“ einzusetzen. Die Abstimmung endete im Debakel. Nur 18 % stimmten der Initiative zu.

Auch wenn die Frauenfrage durch die Bundesratswahlen wieder etwas ins Zentrum gerückt ist: Die Zeiten des Geschlechterkampfes sind vorbei. Eine grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung denkt nicht in Mann/Frau-Kategorien. Die Menschen in unserem Land definieren sich in politischen Fragen nach anderen Kriterien.

Deshalb ist es für mich kein Grund, die 11. AHV-Revision abzulehnen, nur weil aus einer engen Geschlechteroptik heraus beklagt wird, dass diese Vorlage auf Kosten der Frauen gehe. Denn aus einer Gesamtsicht kommt man nicht um die Feststellung herum, dass die Altersvorsorge bei uns wie in fast allen europäischen Ländern aufgrund der gesunkenen Kinderzahl zu einer grossen Herausforderung wird. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen.

Deshalb setze ich mich für die 11. AHV-Revision ein und kämpfe für ein JA am 16. Mai. Die bedrohliche Situation zwingt uns zu Massnahmen. Es ist in dieser schwierigen Lage nicht einzusehen, weshalb Frauen weniger lange arbeiten sollten als Männer. Das gleiche Rentenalter für Mann und Frau entspricht der Gleichbehandlung der Geschlechter in unserem Staat.

Was die Altersvorsorge der Frauen betrifft, ist auch auf die 1. BVG-Revision hinzuweisen. Durch die Senkung des Koordinationsabzuges wurde der Vorsorgeschutz insbesondere für Frauen ausgebaut. Durch diese Massnahme kommen viele Frauen, die teilweise erwerbstätig sind, in den Genuss einer Rente aus der 2. Säule, was ihnen bislang verwehrt war.

Ein weiteres Element in der Beurteilung der Frage des Rentenalters ist die unterschiedliche Lebenserwartung. In der neusten AHV-Statistik ist nachzulesen, dass die Summe der Alters- und Zusatzrenten, die im Januar 2003 aus der AHV an die Frauen ausbezahlt wurde, über 50 % höher liegt als der Betrag, der an die Männer ging. Aus dieser Perspektive ist es nicht einzusehen, wieso wir Frauen früher Anspruch auf eine Altersrente haben sollten.

Neben der Erhöhung des Rentenalters sind die Frauen auch durch die veränderten Kriterien für den Bezug einer Witwenrente betroffen. Als 1948 die AHV eingeführt wurde, war die Gewichtung zwischen dem A der Altersvorsorge und dem H der Hinterbliebenen noch anders als heute. Das Rentenalter lag mit 65 Jahren für Männer und (ledige) Frauen etwa gleich hoch wie die durchschnittliche Lebenserwartung. Die AHV war damals noch viel mehr eine Hinterbliebenenversicherung als heute. Verheiratete Frauen hatten selten eine Berufsausbildung und kamen durch den Tod ihres Ehegatten – unabhängig davon, ob Kinder da waren oder nicht – in eine schwierige Situation. Eine Erwerbsarbeit aufzunehmen, war in den meisten Fällen nicht oder nur unter sehr schwierigen Bedingungen möglich.

Über ein halbes Jahrhundert später ist die Situation grundsätzlich anders. Heute verfügen praktisch alle Frauen über eine Berufs- und viele über eine Hochschulausbildung. Sie sind im allgemeinen bis zur Geburt voll erwerbstätig und geben die Erwerbstätigkeit nach der Geburt während einer gewissen Zeit auf oder reduzieren sie. Die meisten Frauen erhöhen die Erwerbstätigkeit markant, schon bevor die Kinder erwachsen sind.

Die 11. AHV-Revision trägt diesem Umstand Rechnung, indem Renten nur noch ausbezahlt werden, wenn eine Witwe Kinder unter 18 Jahren oder ein erwachsenes behindertes Kind zu betreuen hat bzw. wenn sie älter als 50 Jahre ist, zum Zeitpunkt in dem das jüngste Kind 18 wird. In den anderen Fällen ist es zumutbar, dass eine Frau wieder ins Erwerbsleben einsteigt. An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass der Bundesrat mit der damaligen EDI-Vorsteherin Ruth Dreifuss noch wesentlich mehr Abstriche vornehmen wollte und das Parlament die Stellung der Witwen wieder verbessert hat.

*****

Die Altersvorsorge steht vor grossen Herausforderungen. Es ist unsere Verantwortung, die erste Säule zu sichern. Das Sozialsystem ist deshalb gezielt dort zu entlasten, wo es am ehesten tragbar ist. Wir kommen nicht darum herum, an unserem System gewisse Abstriche machen. Ich bin überzeugt, dass die Massnahmen der 11. AHV-Revision einen sinnvollen Beitrag an die Sicherung der Altersvorsorge leisten, weshalb ich für die Abstimmung vom 16. Mai ein Ja empfehle.

 
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