Als sich die SVP am 17. Dezember 2004 für den Kampf gegen den Beitritt zum Schengen-Raum entschied, wussten wir, dass die Theorie der Praxis nicht standhalten würde. Man hatte uns einen Raum der Freiheit und Sicherheit in Europa versprochen. Bekommen haben wir weder Ersteres noch Zweiteres.
Unsere jahrhundertealte Freiheit, das Erbe unserer Vergangenheit, die Freiheit, Waffen zu besitzen – dies alles ist für den angeblichen Kampf gegen den Terrorismus eingeschränkt worden. Wenn wir uns zu Gemüte führen, was in Frankreich passiert, wo es fast jeden Tag zu einer Schiesserei kommt, dann wird klar, dass wir offensichtlich lieber ehrliche Leute bekämpfen, weil wir gegenüber Kriminellen machtlos sind. Für die Sicherheit ist das eine Katastrophe. Die Abschaffung der Grenzkontrollen hat unser Land in ein offenes Schaufenster verwandelt, in dem sich jeder nach Belieben bedienen kann, wie wir das in Genf sehen können.
Am Sonntag, 13. Oktober 2019, wurde im Genfer Nachbardorf Perly gegen 17 Uhr eine Frau angegriffen. Der Täter ging so brutal vor, dass das Opfer mit einem Krankenwagen ins Spital gebracht werden musste. Zweifellos wird die Erinnerung an diese Gewalttat und die damit einhergehende Angst diese Frau noch lange begleiten. Und leider ist sie nicht die Einzige, die ein solches Schicksal erleidet: In den vergangenen drei Wochen mussten drei weitere Frauen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren dasselbe über sich ergehen lassen.
Aber das ist noch nicht alles. Am Sonntag, 10. November, wird ein junger Mann aus Perly von Gewalttätern angegriffen, die aus Frankreich gekommen waren. Das Motiv: Sie wollten ihrem Opfer 20 Franken stehlen. Dank der umsichtigen Intervention mehrerer junger Menschen aus dem Dorf entkommt das Opfer seinen Angreifern – vorläufig. Am Samstag, 16. November, sind die Franzosen wieder da, aber diesmal mit einem sogenannten Taser, einer Elektroschockwaffe. Die Folgen für das Opfer: Ein abgebrochener Zahn und eine schwere Verletzung am Auge.
Sogar grüne Politiker erkennen den Handlungsbedarf
Und was war die Antwort der Behörden? Ein Informationsabend. Ja, ein Informationsabend darüber, was man in Anwesenheit von Straftätern nicht tun sollte. Frauen sollten es vermeiden, alleine auszugehen, alles, was einen Dieb interessieren könnte, sollte versteckt werden, und Mobiltelefone sollten nicht benutzt werden. Als Reaktion auf den Schmerz der Opfer schlagen die Behörden einen Katalog von Massnahmen vor, der die Freiheit der Menschen in der Schweiz massiv einschränkt.
Ein weiteres, beunruhigendes kriminelles Phänomen sind die Angriffe auf Geldtransporter. Auch hier ist die Liste ist bereits lang: Überfälle fanden in Nyon im Mai 2017, in Chavornay im April 2018, in Le Mont-sur-Lausanne im April 2018 und Juni 2019, in La Sarraz im August 2019 und in Daillens am 2. Dezember 2019 statt. In dieselbe Kategorie fällt ein geplanter Angriff, den die französische Polizei Ende Oktober 2019 durch die Verhaftung von 8 Männern vereiteln konnte. Die Männer wollten einen Lieferwagen mit Edelmetallen überfallen und hatten sich für diese Aktion mit Waffen und Sprengstoff ausgerüstet.
Die Situation ist so ernst, dass selbst die grüne Waadtländer Staatsrätin Béatrice Métraux alarmiert ist und Massnahmen zum Schutz nächtlicher Geldtransporte mit schweren gepanzerten Fahrzeugen fordert. Dies solle nicht nur die Sicherheit der Geldtransporter, sondern auch jene der Bürger und der Polizei gewährleisten, sagt sie.
Frankreich hat das gleiche Phänomen erlebt und hat sich entschieden, auf schwere gepanzerte Fahrzeuge umzusteigen. Seither haben die Überfälle auf die Lieferwagen in unserem Nachbarland dramatisch abgenommen – die Verbrecher kommen nun in unser Land, wo das Geld noch in ungepanzerten Fahrzeugen unterwegs ist.
Als wichtiger Befürworter des Schengen-Abkommens sieht der Bundesrat keine Notwendigkeit, auch nur die geringste Massnahme zu ergreifen, obwohl man sich auch in Brüssel des Problems bewusst ist. Im September 2017 erklärte Frans Timmermans, damals erster Vizepräsident der EU-Kommission, dass die Regeln für die Wiedereinführung der Grenzkontrollen zu einem Zeitpunkt ausgearbeitet worden waren, zu dem man noch nicht mit dieser Form der Kriminalität zu kämpfen gehabt habe. Er fügte hinzu, dass es den Mitgliedstaaten erlaubt sein sollte, unter aussergewöhnlichen Umständen zu handeln, falls sie einer ernsthaften Bedrohung ihrer öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit ausgesetzt sind.
Blumentransporte sind besser geschützt als Geldtransporte
Es scheint mir, dass unsere öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit tatsächlich bedroht sind. Der Bundesrat weigert sich jedoch zu handeln. Letzten September antwortete Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga auf eine Frage zu Geldtransportfahrzeugen, dass „der Schutz der Bevölkerung vor Lärm unerlässlich ist“, und deshalb „der Bundesrat keinen Grund hat, seinen Standpunkt zu ändern, auch unter Berücksichtigung der jüngsten Überfälle“.
In der Schweiz ist es daher möglich, nachts Schnittblumen mit schweren Fahrzeugen zu transportieren, für Geldtransporte ist dies jedoch verboten. Offenbar ist die SP eher daran interessiert, zu jeder Tages- und Nachtzeit frische Rosen zur Verfügung zu haben, als Werttransporte mit gepanzerten Fahrzeugen zu sichern. Die Antwort von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga zeigt, wie weit der Bundesrat von der Alltagsrealität der Bevölkerung entfernt ist. Wenn es darum geht, Lärm zu bekämpfen, dann bekämpfen wir doch den Krach, den die Kriminellen mit ihren Kalaschnikows und Sprengstoffen verursachen. Er nicht weniger lästig als die Durchfahrt eines Fahrzeugs mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen.
Angesichts der Untätigkeit des Bundesrates habe ich am Dienstag, dem 17. Dezember, während der Wintersession eine Dringlichkeitsdebatte zu diesem Thema gefordert und erhalten. Mein Vorschlag wurde von der SVP unterstützt. Aber nicht nur: Viele Vertreter anderer Parteien unterzeichneten meinen Vorstoss. Leider beharrte der Bundesrat, wie zu erwarten war, auf seinem Standpunkt und redete die Probleme klein. Die Lage sei nicht so schlimm, wie es scheine, offenbar wäre die Heilung schlimmer als die Krankheit, die Wiederaufnahme der Grenzkontrollen würde von der Europäischen Union nicht verstanden. Kurz gesagt: Der Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf!
Es liegt auf der Hand, dass wir von der SVP eine solche Leichtfertigkeit nicht akzeptieren können. Gehört doch die Gewährleistung der Sicherheit der Menschen in der Schweiz zu unseren Kernthemen. Wir haben dies vor 15 Jahren beim Kampf gegen Schengen bewiesen. Leider konnten wir damals nicht überzeugen. Heute bestätigt sich täglich, dass unsere Befürchtungen begründet waren: Schengen hat die Tore geöffnet, und die Freizügigkeit erlaubt es unerwünschten Personen, sich in unserem Land aufzuhalten.
Dank Schengen sind heute nur noch Kriminelle bewaffnet
Wir können die Lösung eines Problems nicht denen anvertrauen, die es verursacht haben. Wir sind daher die einzige politische Partei, die die notwendigen Lösungen anbieten kann, da die anderen Parteien die Probleme, mit denen wir es heute zu tun haben, einst mit Begeisterung herbeigeführt haben.
Am 17. Mai werden wir mit einem Ja zu unserer Begrenzungsinitiative und damit zur Wiedererlangung der Kontrolle über die Einwanderung einen Schritt in die richtige Richtung machen. Denn bei einem Ja zur Begrenzungsinitiative bestimmen wir Schweizerinnen und Schweizer wieder selber, wen wir willkommen heissen wollen – Kriminelle gehören sicher nicht dazu. In einem weiteren Schritt müssen wir auch das Schengen-Konzept bekämpfen. Denn: Welchen Sinn hat es, einen Zaun um den Hühnerstall zu errichten, wenn der Fuchs bereit drin ist?
Durch Schengen haben wir im vergangenen Mai zudem ein ebenso einzigartiges wie altes Vorrecht verloren, nämlich jenes des Waffenbesitzes. Dank Schengen sind jetzt nur noch Kriminelle bewaffnet.