Heute vor dreizehn Jahren – drei Tage vor der denkwürdigen EWR-Abstimmung – brodelte es in der politischen Schweiz. Die Stimmung hatte, nach einer auf beiden Seiten mit grossem Engagement geführten…
Heute vor dreizehn Jahren – drei Tage vor der denkwürdigen EWR-Abstimmung – brodelte es in der politischen Schweiz. Die Stimmung hatte, nach einer auf beiden Seiten mit grossem Engagement geführten Abstimmungsschlacht, den Siedepunkt erreicht. Der Bundesrat, die anderen Parteien, die Wirtschaft und die Verbände sowie praktisch alle Medien, hatten sich auf die Seite der Befürworter geschlagen und sich auf die SVP und die AUNS eingeschossen. Der Bundesrat war zuversichtlich, nach einem kurzen Trainingslager den Durchmarsch zur damaligen EG im Sturm zu schaffen. Wir denken heute mit grosser Dankbarkeit an jenen 6. Dezember 1992 zurück, der für die Unabhängigkeit und Freiheit unseres Landes von grösster Bedeutung ist. Volk und Stände haben sich gegen die Selbstaufgabe der Schweiz gewehrt.
Jener Abstimmungskampf hat auch in der SVP zu einer Zerreissprobe geführt, welche die Partei dank den führenden Persönlichkeiten, ich denke unter anderem an Parteipräsident Hans Uhlmann, Fraktionschef Theo Fischer und Nationalrat Christoph Blocher, erfolgreich meisterte. Die SVP fand in der Folge zu einer neuen Geschlossenheit und versteht es seither, unterschiedliche Meinungen intern offen, direkt, hart, aber fair auszutragen.
Politische Schweiz neu gestaltet
Die SVP hat in den darauf folgenden dreizehn Jahren die politische Karte der Schweiz neu gezeichnet und Geschichte geschrieben. Dreizehn neue Kantonalparteien sind entstanden und bilden das heute flächendeckende Netz der SVP. Rund 700 Orts- und Bezirksparteien wurden in diesen Jahren gegründet. Der Wähleranteil stieg um über 150 Prozent. Die Mitgliederzahl verdoppelte sich. Die SVP ist heute in allen Kantonen – mit einer einzigen Ausnahme – in Fraktionsstärke in den Parlamenten vertreten. Die SVP hat für die Schweiz die Brücke über den damals fast unüberbrückbaren Röstigraben geschlagen und mit einer eigenständigen UDC in der ganzen Westschweiz Fuss gefasst. Die SVP ist zur stärksten politischen Kraft unseres Landes geworden, hat im eidgenössischen Parlament die Vertretung weit mehr als verdoppelt und einen zweiten Bundesratsitz erkämpft.
Der Erfolg ist uns nicht in den Schoss gefallen. SVP-Vertreter wurden während Jahren verspottet, mit Häme übergossen und lächerlich gemacht. Der Fantasie waren diesbezüglich keine Grenzen gesetzt. In den neuen Kantonen bedeutete der SVP-Beitritt oft gesellschaftliche Ausgrenzung und bei Selbständigerwerbenden sogar der Verlust von Aufträgen.
Unrühmliche Beispiele sind Anschläge auf das Eigentum unserer Mitglieder bis hin zur Brandstiftung. Viele von unseren Leuten kannten die gepredigte Toleranz nur vom Hören sagen.
Die SVP steht am Anfang
Wenn Sie sich jetzt aber zurück lehnen, um sich an den Erfolgen zu freuen, machen Sie etwas falsch. Setzen Sie sich gerade hin und nehmen Sie die Hände aus dem Sack! Das gleiche rufe ich übrigens den Vertretern der Medien zu: Hören Sie nicht auf, uns zu kritisieren. Hauen Sie uns in die Pfanne, wo immer sich Gelegenheit dazu bietet. Ihre Kritik hat uns stärker und besser gemacht. Jene, die Sie schützen und fördern wollten, haben Sie dagegen mit oft peinlichem Wohlwollen geschwächt.
Die SVP ist nicht am Ziel, sondern noch immer am Anfang. Die Erwartungen unserer Wähler sind zu recht hoch. Eine stärkere Partei und mehr Pöstchen sind nicht das Ziel unserer politischen Arbeit, sondern nur die Mittel um unsere Ziele zu erreichen und umzusetzen.
Wir haben bei den letzten Wahlen versprochen, für die Unabhängigkeit unserer Schweiz und für die Freiheit der Bürger zu kämpfen. Noch immer gibt es starke Kräfte in unserem Land – die Mehrheit des Bundesrates nicht ausgeschlossen – die bereit sind, unser Land und seine Geschichte aufzugeben, um auf der internationalen politischen Bühne mit anderen Möchtegernen im Scheinwerferlicht zu stehen. Der Einsatz für unser „Zuhause Schweiz“ schliesst auch unsere gemeinsame Identität mit ein. Das sind unter anderem unsere Milizarmee, die unser Land glaubwürdig verteidigen muss und unsere Landwirtschaft, die für gesunde Nahrungsmittel sorgt und unser Land pflegt. Zur Identität Schweiz gehört die Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit auf allen Ebenen sowie die Eigenverantwortung der Bürger. Auch die Sicherheit auf der Strasse und den Schulhausplätzen, aber auch die Sicherheit unserer Renten und Sozialwerke, gehört zu unserer gemeinsamen Identität. Zur Schweizer Qualität gehören auch Pünktlichkeit und Sauberkeit.
Wir haben versprochen, uns für geordnete Finanzen einzusetzen und dafür zu sorgen, dass unsere Schweiz auch für die kommenden Generationen finanzierbar bleibt. Noch sind wir, wenn wir die massive Zunahme der Verschuldung oder die ständig wachsende Steuerlast betrachten, weit von unseren Zielen entfernt. Wenn Sie das Gefühl haben sollten, die SVP habe ihre Ziele erreicht und sie dürften nun lieb und nett da und dort etwas Geld verteilen, so täuscht Sie Ihr Gefühl. Die SVP wird in Zukunft noch viel mehr NEIN sagen müssen. Wir müssen nicht den anderen Parteien gefallen oder um die Gunst der Medien buhlen. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen. Wir sind nur glaubwürdig, wenn wir diesen Weg konsequent, glaubwürdig und mit grosser Ernsthaftigkeit verfolgen. Dafür wurden wir gewählt. Von der SVP erwartet man eine unbändige Kraft und einen ungebrochenen Willen, für diese Anliegen hartnäckig zu kämpfen und sie auch umzusetzen. Die politischen Gegner haben das Ziel erreicht, wenn die SVP sich von ihrem Weg abbringen lassen würde und unsere Wähler hätten das Nachsehen.
Mit Wahlen Weichen stellen
Das Stimmvolk hat mit den Wahlen Weichen gestellt für eine Schweiz mit mehr SVP. Das Parlament seinerseits wählt unter anderem den Bundesrat und den Bundespräsidenten. Sie haben gehört, dass die SVP Bundesrat Moritz Leuenberger nicht zum Bundespräsidenten für das kommende Jahr wählen wird. Die meisten Medien haben dies als „PR-Gag“ abgetan und selbst Bundesrat Leuenberger hat sich darüber lustig gemacht. Da möchte ich ihm zurufen: „Fertig lustig, Herr Bundesrat!“ Es geht keineswegs um PR-Aktionen. Das Parlament stellt mit den Wahlen die Weichen für die richtigen Leute am richtigen Ort.
Auch bei dieser Bundespräsidenten-Wahl steht die SVP zum Konkordanzprinzip. Alle Parteien sollen im Bundesrat gemäss ihrer Stärke eingebunden sein. Das jährliche Rotationsprinzip für das Amt des Bundespräsidenten erachtet die SVP als richtig. Es steht nicht zur Diskussion. Aber angesichts der zahlreichen, seit Jahren ungelösten Probleme im Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation von Bundesrat Leuenberger stellt sich für das Parlament die berechtigte Frage der Verantwortung. Soll das Parlament jemanden mit derart vielen Pendenzen und blockierten Aufgaben noch zusätzlich belasten, wenn er lauter ungelöste Probleme vor sich herschiebt und schon heute ausgebrannt und überlastet wirkt? Bundesrat Leuenberger fällt seit Jahren dadurch auf, dass er nur sehr wenig an Kommissionssitzungen teilnimmt und seine Dossiers in den Details kaum kennt. Immerhin kann er sich auf mediale Auftritte in der Sendung 10vor10 oder im Blick quasi auf Abruf verlassen. Und dort demonstriert er nicht selten sein ehrliches Desinteresse an politischen Fragen oder der Verantwortung als zuständiger Bundesrat. Bei den ungelösten Problemen im Departement Leuenberger handelt es sich nicht um irgendwelche Kleinigkeiten. Im UVEK lauern gigantische unbewältigte Altlasten. Hier ein paar Beispiele:
Die Liste ist nicht abschliessend. Über die SRG oder die Bereiche Energie und Umwelt haben wir noch nicht einmal gesprochen.
Es geht der SVP nicht um die Person von Bundesrat Moritz Leuenberger, das möchte ich an dieser Stelle klar festhalten. Es geht auch nicht um eine politische Abrechnung. Es geht darum, dass eines der wichtigsten Departemente des Bundes seit Jahren keine Lösungen bringt und versucht die Probleme einfach auszusitzen. Der Wirtschaftsstandort wird durch die ungelösten Probleme im Flugverkehr geschwächt. Das Volk in den Agglomerationen und entlang den Autobahnen erstickt im Verkehr wegen den fehlenden dringenden Ausbauten. Trotz fehlender Grundlagen bezahlen wir mit hohen Steuern und Abgaben immer weiter Milliarden für den öffentlichen Verkehr, weil nicht gehandelt wird.
Doch es passiert nichts, weil der zuständige Bundesrat den drohenden Kollaps gar nicht sehen will. Womit wir wieder beim ehrlichen Desinteresse wären. Als grösste Fraktion war es unsere staatspolitische Pflicht, auf die Missstände im Departement UVEK und die Überlastsituation für Bundesrat Leuenberger hinzuweisen. Wir haben uns deshalb entschieden, ihn bei der Wahl zum Bundespräsidenten zu überspringen, damit er im entscheidenden Jahr 2006 voll seinem Departement zur Verfügung steht. Die nächstfolgende Bundesrätin, in der normalen Rotation bei der Wahl zur Bundespräsidentin, ist Frau Calmy-Rey, danach folgt Bundesrat Couchepin. Mit diesem Vorgehen respektieren wir die Konkordanz und auch das Rotationsprinzip bei Bundespräsidentenwahlen, tragen aber auch unserer grossen Verantwortung Rechnung.
In fast allen Bereichen des Departements Leuenberger wächst der Druck durch ungelöste oder vor sich her geschobene politische Probleme. Wir stehen kurz davor, dass es im einen oder anderen Bereich zu einem unkontrollierten Druckabbau, sprich „zu einer politischen Explosion“ kommen könnte. Bei der Swisscom ist das soeben passiert.
Der Gesamtbundesrat musste handeln, weil Moritz Leuenberger es nicht tat
Nach dem Börsengang, als die Swisscom-Aktie noch über 700 Franken kostete, verlor diese – ohne Bundesratsentscheid – 40 Prozent ihres Wertes. Unbekümmert über den jahrelangen Kursverfall nahm man das im Departement kaum zur Kenntnis. Fehlentscheide kosteten Milliarden. Es brauchte die unternehmerisch denkenden Mitglieder der Landesregierung, um die Schweizer Steuerzahler von einem weiteren Fiasko zu bewahren. Denn der Bund hält die Mehrheit an der Swisscom. Das bedeutet, dass wir Steuerzahler die volle Verantwortung dafür tragen, wenn die Swisscom bei ihren Auslandgelüsten scheitern sollte
Und dann kommt noch etwas dazu: Wir würden als Mehrheitsaktionär und als Steuerzahler nicht nur das finanzielle Risiko am Unternehmen Swisscom tragen, sondern auch die politische, weit über das finanzielle Engagement hinaus. Diese risikoreiche Verantwortung darf der Bund seinen Steuerzahlern nicht zumuten. Wir erinnern uns alle nur zu gut an die so genannte „Hunter-Strategie“ der ehemaligen Swissair. Deshalb ist es richtig, dass der Bundesrat der Swisscom alle Auslandengagements untersagt hat, solange der Bund Mehrheitsaktionär ist. Einen zweiten Fall Swiss, der uns Milliarden Franken gekostet hat, müssen wir vermeiden.
Wegen der Grundversorgung mit Telefondienstleistungen braucht in der Schweiz niemand Angst zu haben. Das Fernmeldegesetz sichert die Versorgung auch in Randregionen. Eine Beteiligung an der Swisscom ist dafür nicht nötig. Hier wird Kraut und Rüben verwechselt.
Ich freue mich, Sie heute 13 Jahre nach dem EWR-NEIN in unserer freien und unabhängigen Schweiz zu begrüssen.