Fragen der Migration und Integration

Die Migrationspolitik, insbesondere die Asylpolitik, beschäftigt die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sehr stark. Nicht die Aufnahme von tatsächlich verfolgten Menschen, nicht die…

Christoph Blocher
Christoph Blocher
a. Bundesrat Herrliberg (ZH)

1. Missbrauchsbekämpfung im Zentrum

Die Migrationspolitik, insbesondere die Asylpolitik, beschäftigt die Bürgerinnen und Bürger
unseres Landes sehr stark. Nicht die Aufnahme von tatsächlich verfolgten Menschen, nicht
die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, welche eine Aufenthaltsbewilligung erhalten
haben, sind Stein des Anstosses: Nein, für den Unmut in der Bevölkerung sorgen all jene,
die missbräuchlich ein Asylgesuch einreichen oder diejenigen, die sich illegal in der
Schweiz aufhalten.

Es ist das Anliegen jedes Staates, für seine Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Jede
Regierung auf der Welt bestimmt auch, wann ausländische Menschen eine
Aufenthaltsbewilligung erhalten und wann nicht. Mit Ausländerinnen und Ausländern, welche
eine Aufenthaltsbewilligung korrekt beantragen und eine solche Bewilligung auch erhalten,
hat die Schweiz im Grossen und Ganzen keine Probleme. Ein grosser Teil der
ausländischen Bevölkerung ist gut integriert und leistet ihren Beitrag am Wohlergehen
unseres Landes. Mit einem Ausländeranteil von rund 22 Prozent stehen wir an der
Spitze der europäischen Staaten.

2. Auswirkungen der Personenfreizügigkeit

Durch das Personenfreizügigkeitsabkommen mit den EU-Mitgliedstaaten hat sich die
Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung in den vergangenen Jahren stark
zugunsten der EU-Staatsangehörigen verändert und auf besser Qualifizierte verlagert. Der
Anteil der Drittstaatsangehörigen hingegen ist rückläufig.
Diese Entwicklung entspricht
den ausländerpolitischen Zielsetzungen von Bundesrat und Parlament.

Seit dem 1. Juni 2007 sind die Kontingente für die alten 15 EU-Länder weggefallen. Vorerst
gibt es nun für ein Jahr probeweise den freien Personenverkehr.
Dadurch wird der zurzeit grosse Bedarf an Arbeitskräften wohl gedeckt werden können. Zum heutigen
Zeitpunkt ist allerdings noch nicht abschätzbar, wie sich die Zuwanderung entwickeln wird.

Sollte sich im Verlaufe dieses Jahres, vom 1. Juni 2007 bis 31. Mai 2008, eine hohe
Zuwanderung aus den EU-15 Ländern ergeben, d. h. mehr als 10 % als im Durchschnitt der
drei vorangegangenen Jahre, so würde das Freizügigkeitsabkommen der Schweiz
ermöglichen, ab dem 1. Juni 2008 wieder für zwei Jahre Kontingente einzuführen.
Damit die verschiedenen Menschen in einem Land jedoch miteinander leben können,
braucht es Regeln und diese müssen auch von allen respektiert und eingehalten werden.

3. Neues Ausländergesetz

Das neue Ausländergesetz, das am 1. Januar 2008 in Kraft treten wird, bietet die Grundlage
dafür, dass die Schweiz die erforderlichen Arbeitskräfte erhält, ohne das Arbeitslosigkeit
entsteht und ohne dass die Sozialwerke unverhältnismässig belastet werden.

Es geht auch darum, die unbestritten vorhandenen Probleme zu lösen. So muss die heute
oft ungenügende Integration von ausländischen Menschen stark verbessert werden. Der
Gesamtbundesrat hat auf meinen Antrag hin eine interdepartementale Arbeitsgruppe
beauftragt, dem Bundesrat bis Ende Juni 2007 konkrete Massnahmen für die Verbesserung
der Integration in den verschiedenen Bereichen, wie z. B. Spracherwerb, Bildung,
Erwerbstätigkeit
, usw., vorzuschlagen.

Eine Arbeitsgruppe meines Departementes ist zurzeit auch daran, Massnahmen zur
Bekämpfung der Jugendgewalt
zu erarbeiten.

Probleme müssen benannt und konsequent angegangen werden. Wer wegschaut oder
bestehende Probleme unter den Teppich kehrt, handelt unverantwortlich und fahrlässig.
Wir müssen bei der Integration vor allem fordern. So sind auch Integrationsvereinbarungen
vorgesehen. Sollte sich jemand jedoch nicht integrieren wollen oder sich nicht um seine
Integration bemühen, muss dies bei der Erteilung oder eben bei der Nicht-Erteilung einer
Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung und bei der Einbürgerung berücksichtigt
werden.

Mit dem neuen Ausländergesetz werden ebenfalls die Massnahmen gegen Missbräuche
wie Schleppertätigkeit, Schwarzarbeit und Scheinehen
verstärkt.

4. Schengen/Dublin

Durch die Teilnahme der Schweiz an Schengen/Dublin soll die innere Sicherheit und der
Kampf gegen die Missbräuche verbessert werden. Dies u. a. durch den Zugriff auf die
Datenbanken wie das VIS für die Visa-Erteilung, EURODAC für den Asylbereich und
das Schengener Informationssystem
(SIS) für die Polizei. Beim SIS hat sich der
Bundesrat für die Teilnahme am Übergangssystem „SISone4all“ entschieden. Die Einführung ist frühestens auf Ende 2008 vorgesehen.

5. Asylbereich

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2007 wurden 4’684 neue Asylgesuche in der Schweiz
eingereicht. Dies entspricht einem Anstieg um 15.9 % im Vergleich zu den ersten fünf
Monaten im Jahre 2006.

769 Gesuche, d. h. ein Sechstel aller Gesuche, wurden von eritreischen Personen, 471
Gesuche von irakischen Personen und 461 von Personen aus Serbien eingereicht.
Die grosse Zahl von eritreischen Asylgesuchen kann auf ein publiziertes ARK-Urteil
zurückgeführt werden. Gemäss diesem Urteil, sind Dienstverweigerer und Deserteure aus
Eritrea als Flüchtlinge zu anerkennen.

Mit systematischen Abklärungen im Einzelfall (Nationalität, Möglichkeit von Rückübernahmen
durch Drittstaaten) wirkt das Bundesamt für Migration vor allem dieser Sogwirkung entgegen.

In den ersten fünf Monaten des Jahres 2007 stellten 495 rumänische Personen ein
Asylgesuch. Im Monat Mai hielten sich rund 300 rumänische Staatsangehörige in den
Empfangs- und Verfahrenszentren auf und reichten ein Asylgesuch ein. Ein grosser Teil von
ihnen wollte von der Rückkehrhilfe profitieren. Das Bundesamt für Migration strich daraufhin
die Rückkehrhilfe für Angehörige von europäischen Staaten und führte die betroffenen
rumänischen Personen mit zwei Sonderflügen nach Bukarest zurück. Diese Vorgehensweise zeigte Wirkung: In den vergangenen Wochen stellten nur noch 15 rumänische Staatsangehörige ein Asylgesuch.

Durch konsequente Rückführungen konnte der Bestand der Personen im Vollzugsprozess im Vergleich zum Vorjahr um 28.8 % auf 6’713 Personen Ende Mai 2007 gesenkt werden. Von diesen 6’713 Personen müssen für 4’637 Personen Papiere beschafft werden.
Der Bestand der Personen im Asylprozess betrug Ende Mai 2007 43’485 Personen. Ende
Mai 2006 waren es noch 46’465.

Seit dem 1. Januar 2007 wird auf Asylgesuche nicht mehr eingetreten, wenn keine
gültigen Reisedokumente abgegeben werden und keine entschuldbaren Gründe vorliegen. In den ersten fünf Monaten waren dies 572 Nichteintretensentscheide wegen fehlenden
gültigen Reisedokumenten.

Auch die neu eingeführte Durchsetzungshaft wird von den Kantonen angewandt. Das
Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht haben die von den Gegnern der Vorlage
vor der Abstimmung als völkerrechts- und verfassungswidrig bezeichnete Haft und den
sogenannten „Papierentscheid“ als völkerrechts- und verfassungskonform bezeichnet.

Ab dem 1. Januar 2008 wird auch der zweite Teil der Bestimmungen des revidierten
Asylgesetzes in Kraft treten. Die Regelung, wonach alle Personen, deren Asylgesuch
abgelehnt wurde, keine Sozialhilfe mehr erhalten werden, soll das Ausreiseverhalten der
Betroffenen verbessern.

Ein Schwerpunkt im laufenden Jahr ist die verbesserte Integration von anerkannten
Flüchtlingen. Unter anderem soll vor allem der Spracherwerb und die Erwerbstätigkeit
von anerkannten Flüchtlingen
gefördert werden.

6. Konsequente Um- und Durchsetzung

Nach der Annahme des revidierten Asylgesetzes und des neuen Ausländergesetzes sind
die Behörden auf allen Stufen verpflichtet, die vom Schweizer Volk gutgeheissenen
Bestimmungen konsequent durchzusetzen.

Die politische Herausforderung besteht darin, legitime Bedürfnisse – freier Personenverkehr
und kontrollierte Zuwanderung – auszubalancieren und gleichzeitig, die humanitäre Tradition
zu wahren. Das können wir nur, indem wir Regelungen finden, die unser Staat gesellschaftlich und volkswirtschaftlich tragen kann und indem wir die Missstände beseitigen. Nur so kann die Bereitschaft, tatsächlich verfolgte Menschen aufzunehmen, in der Bevölkerung verankert bleiben.

Der Bundesrat hat die Pflicht, hin zu schauen, Probleme zu analysieren und hat den
Auftrag, Lösungen zu finden. Wegsehen, Probleme zu bagatellisieren oder diese
schön zu reden hilft niemanden.

Ich versichere Ihnen, weiterhin hinzuschauen und Lösungen vorzuschlagen. Ich will, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sich sicher sind und sich wohl fühlen können.

Christoph Blocher
Christoph Blocher
a. Bundesrat Herrliberg (ZH)
 
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