Die Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer will, dass Ausländer, die aufgrund bestimmter Straftaten verurteilt wurden oder die missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen…
von Gregor A. Rutz, Kantonsrat, Vizepräsident SVP Kanton Zürich, Küsnacht (ZH)
Die Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer will, dass Ausländer, die aufgrund bestimmter Straftaten verurteilt wurden oder die missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben, alle Aufenthaltsansprüche in der Schweiz verlieren und ausgewiesen werden. Die Initiative ist am 28. November 2010 mit einer Mehrheit von 53% der Stimmbürger angenommen worden. Gleichzeitig erlitt der Gegenentwurf in sämtlichen Kantone Schiffbruch. Der Auftrag der Stimmbürger ist klar und eindeutig. Nachdem eine EJPD-Spezialkommission von Januar bis Juni sämtliche Fragen, welche sich im Zusammenhang mit der Ausschaffungsinitiative stellen könnten, noch einmal detailliert behandelt hat, gibt es keinen Grund, warum der Bundesrat die Umsetzung derselben nicht sofort und konsequent an die Hand nimmt.
Das Anliegen der Ausschaffungsinitiative ist weder neu noch revolutionär – im Gegenteil:
Vorschlag der SVP zur Ausführungsgesetzgebung
Vor diesem Hintergrund haben die SVP-Vertreter einen eigenen Formulierungsvorschlag für die Ausführungsgesetzgebung formuliert. Dieser Vorschlag orientiert sich an folgenden Eckpunkten:
Der Deliktskatalog umfasst besonders schwere Delikte (z.B. Mord, Raub, Vergewaltigung etc.) sowie Delikte, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit in besonderem Masse beeinträchtigen (z.B. Einbruchsdelikte, Drogenhandel etc.). Hinzu kommt der neu zu schaffende Straftatbestand „Sozialmissbrauch“. Liegt ein Ausweisungsgrund im Sinne der neuen Verfassungsbestimmung vor, ist es nicht nur zumutbar, sondern erforderlich und im öffentlichen Interesse, dass der betreffende Straftäter die Schweiz verletzt. Seinen in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Angehörigen steht es frei, dem Straftäter ins Ausland zu folgen oder aber in der Schweiz zu bleiben.
Keine Widersprüche zum Völkerrecht
Die Initiative hält auch der EMRK sowie dem Abkommen zur Personenfreizügigkeit (FZA) stand. Das FZA verlangt eine „gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung“, um eine Ausweisung verfügen zu können. Einschränkungen der Personenfreizügigkeit müssen „aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit“ gerechtfertigt sein (Art. 5 Abs. 1 des Anhangs I zum FZA). Diese Regelung lässt den Mitgliedstaaten einen erheblichen Beurteilungsspielraum offen, welchen die Schweiz nutzen muss.
Natürlich ist die Ausschaffungsinitiative nicht überall in Übereinstimmung mit der Praxis des Europäischen Gerichtshofs. Aber genau dies ist ja das Ziel der Initiative: Die Gerichtspraxis – sowohl auf eidgenössischer wie auch auf europäischer Ebene – wird als zu lasch und nicht zielführend erachtet, weshalb sie zu korrigieren ist (Meldungen der Neuen Zürcher Zeitung (25.6., S. 3 und 26.6., S. 2) zeigen, dass die Schweiz mit dieser Einschätzung nicht allein ist: Das dänische Parlament hat in der vergangenen Woche eine „massive Verschärfung der Ausweisung von straffälligen Ausländern“ beschlossen. Gemäss der neuen Regelung sollen „alle zu Haftstrafen verurteilten Ausländer automatisch ausgewiesen“ werden. Auch die Sozialdemokraten hatten diesem Vorschlag zugestimmt).
Antrag der Arbeitsgruppe aus Sicht der SVP unhaltbar
Die Mehrheit der EJPD-Arbeitsgruppe sowie die Departementsvorsteherin teilen diese Auffassungen offensichtlich nicht. Ihre Ansichten jedoch sind aus verschiedenen Gründen unhaltbar:
Die Zahlen sprechen für sich: Noch im Oktober 2010 sprach das Bundesamt für Migration von schätzungsweise 1’500 Wegweisungen, welche die Ausschaffungsinitiative zur Folge hätte. Die Abklärungen der EJPD-Kommission brachten es ans Tageslicht: Es sind zehn Mal mehr Straftäter! Wird die Ausschaffungsinitiative konsequent umgesetzt, müssen über 16’000 ausländische Straftäter pro Jahr die Schweiz verlassen. Davon haben 8’000 keine Aufenthaltsberechtigung in unserem Land, sind also illegal hier. Dies zeigt: Die Umsetzung ist dringender denn je.
Unsägliche Verzögerungen durch den Bundesrat
Das Ziel der Ausschaffungsinitiative ist, die unbefriedigenden Zustände zu verbessern: Wir wollen mehr Sicherheit schaffen, die Verfahren straffen und die Gerichtspraxis verschärfen. Zudem soll die Schweiz ihren Ermessensspielraum nutzen und auch hinsichtlich des Abkommens zur Personenfreizügigkeit härtere Massstäbe fordern. Das Ziel der Initiative ist also, auf politischer Ebene, aber auch in rechtlicher Hinsicht, etwas zu ändern.
Die Mehrheit der EJPD-Arbeitsgruppe aber verfolgt andere Ziele: Die Ausfüh-rungsgesetzgebung soll sich in die heutige Verfassungswirklichkeit und die heutige Rechtspraxis einfügen. Mögliche Spannungsfelder mit dem (nicht zwingenden) internationalen Recht sollen vermieden und die Praxis des Europäischen Gerichtshofs möglichst unverändert übernommen werden. Diese Strategie verstösst nicht nur gegen die Ausschaffungsinitiative, sondern gegen den Grundgedanken einer Initiative an sich: Eine Initiative ist immer darauf ausgerichtet, das Rechtssystem zu verändern und die Behörden zu zwingen, ihre Praxis der neuen Regelung anzupassen. Eine Initiative aber so in die bisherige Gerichtspraxis einzupassen, dass möglichst wenig geändert werden muss, ist absurd.
Vollends unverständlich ist, dass der Bundesrat – obwohl alle Grundlagen vor-liegen – die Umsetzung der Initiative weiter verzögern und erst 2012 behandeln will. Nun ist die SVP gefordert – wir müssen das Heft wieder in die Hand nehmen. Mit einer zweiten Initiative müssen wir Druck machen:
Die SVP darf in dieser Sache nicht nachgeben. Der Auftrag der Stimmbürger ist klar. Ebenso klar sind die Resultate der EJPD-Arbeitsgruppe. Die Ausschaffungsinitiative kann und muss jetzt sofort umgesetzt werden – für mehr Sicherheit in der Schweiz. Und nicht zuletzt auch aus Respekt gegenüber unserer direkten Demokratie.