Referat

JA zum Bundesbeschluss über die Familienpolitik

Besten Dank für die Einladung an Ihre Delegiertenversammlung hier in Solothurn. Es freut mich, vor Ihnen ein zentrales Anliegen zur Besserstellung der Familien in unserem Land vertreten zu dürfen…

von Nationalrat Martin Candinas (CVP), Rabius (GR)

Besten Dank für die Einladung an Ihre Delegiertenversammlung hier in Solothurn. Es freut mich, vor Ihnen ein zentrales Anliegen zur Besserstellung der Familien in unserem Land vertreten zu dürfen. Ich glaube sagen zu dürfen: das Wohl der Familien liegt uns allen am Herzen. Also eine einfach Ausgangslage für das Gestalten einer von allen getragenen Familienpolitik? Eigentlich ja. Warum aber gibt es trotzdem so bedeutende Auseinandersetzungen in der Familienpolitik? In unserem Land gibt es unterschiedliche Familienbilder. Die einen orientieren sich am klassischen Familienbild, das davon ausgeht, dass den Kindern am besten gedient ist, wenn mindestens ein Elternteil zu Hause bei den Kindern bleibt und die Kindererziehung gewährleistet. Bei den anderen wollen oder müssen beide Elternteile einer ausserfamiliären Tätigkeit nachgehen. Die einen tun dies, um sich weiterzuentwickeln oder den Anschluss ans Berufsleben nicht zu verpassen. Die anderen tun dies, weil sie mit einem Einkommen schlichtweg nicht auskommen oder sich mit nur einem Einkommen den gewünschten Lebensstandard nicht leisten können. Andere sind alleinerziehend und haben gar keine Wahl. Mir geht es vor allem um die letztgenannten Lebenssituationen. Diese kommen leider immer mehr vor.

Ich will die beiden Modelle nicht gegeneinander ausspielen, umso mehr, als dass die meisten Familien kein Modell 100% leben, sondern sich irgendwo zwischen den beiden beschriebenen Möglichkeiten bewegen. Beide Modelle gehören heute zum gelebten Alltag und dies bei Mitgliedern aller Parteien. Das Kernanliegen muss die Ermöglichung der freien Wahl sein.

Was will der nun vorliegende Familienartikel?

Der Artikel verpflichtet Bund und Kantone, die Vereinbarkeit von Familienleben und Erwerbstätigkeit sowie von Familienleben und Ausbildung zu fördern. Die Kantone sollen auf ihrem Gebiet insbesondere für ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen sorgen. Sollten die Kantone diese Vorgabe nicht genügend erfüllen, so hat der Bund die Kompetenz, gesamtschweizerische Vorgaben zu erlassen.

Der Staat soll nicht zum unerwünschten Kindererzieher werden. Der Staat, respektive die Kantone, ganz im Sinn unseres bewährten föderalistischen Systems, sollen jedoch für ein bedarfsgerechtes Angebot sorgen. Dagegen kann man doch nichts haben.
Eltern, die ihre Kinder gerne selber erziehen würden, aber nicht über die nötigen finanziellen Möglichkeiten verfügen, können nun verbindlich darauf zählen, dass Ihnen künftig ein Angebot an Kinderkrippen, Kindertagesstätten oder Tagesschulen zur Verfügung steht. Dank diesem können beide Elternteile einen Teil zum Einkommen beitragen ohne ihre Kinder vernachlässigen zu müssen. Natürlich, in vielen Fällen helfen heute Nachbarn und vor allem enge Verwandte bei der Kinderbetreuung stark mit. Der Beitrag dieser Helfer kann nicht genug gewürdigt werden. Es entspricht leider aber einer gesellschaftlichen Realität, dass soziale Netze immer dünner und die Familien dank der grossen Mobilität immer weiter auseinander leben.

Der Familienartikel zwingt die Kantone der heutigen Realität der Familienmodelle Rechnung zu tragen und bedarfsgerecht aktiv zu werden. Das traditionelle Familienmodell wird damit nicht geschwächt. Mehr Angebote an Kinderkrippen, Kindertagesstätten oder Tagesschulen erlauben auch den ärmeren Familien das traditionelle Familienmodell zu leben. Es kann nicht sein, dass die Eigenbetreuung der Kinder nur mit Hilfe des Sozialamts und der Verwandten möglich ist.

Der neue Artikel ermöglicht zudem, dass auch das nicht-traditionelle Modell der Familie, das eher wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt, überall gelebt werden kann. Heute ist es ein Standortnachteil, wenn man diese Möglichkeit nicht hat. Das sage ich Ihnen aus Erfahrung.

Meine Damen und Herren, der Familienartikel schafft einen wesentlichen Beitrag zur Wahlfreiheit. Diese Wahlfreiheit hat eine Erwähnung in der Verfassung verdient. Die konkrete Umsetzung erfolgt im Parlament im Gesetzgebungsprozess. Somit kann heute nicht von den Kosten gesprochen werden. Sicher ist aber, dass das Volk mit einem Referendum das letzte Wort haben kann. Ich bin mir bewusst, die Umsetzung des Familienartikels ist kein Kinderspiel und kann durchaus hart geführte Debatten auslösen. Der vorliegende Verfassungsartikel respektiert die Federführung der Kantone in der Familienpolitik. Es wird an den Kantonen sein, für die geforderten bedarfsgerechten Angebote zu sorgen. Ich traue den Kantonen mehr als zu, dass sie das bestens umsetzen werden. Im Übrigen bin ich mir sicher, dass der vom Artikel stark berücksichtigte Subsidiaritätsgedanken auch dafür sorgen wird, dass keine überflüssigen Angebote entstehen werden.

Ein Ja am 3. März stärkt die Familien in unserem Land. Egal welches Modell sie leben. Unterstützen auch Sie die Familien und empfehlen Sie ein Ja zum Familienartikel.

 
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