Zug ist ein wichtiger Wirtschaftstandort. Aber nicht nur das, meine Damen und Herren. Zug hat auch fast die höchsten Kinderzulagen in der Schweiz. Sie betragen nämlich 250 Franken für die ersten…
Referat von SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen, Bolligen (BE)
Sehr geehrter Herr Bundesrat
Sehr geehrte Damen
Sehr geehrte Herren
Ich danke Ihnen für die Einladung an die Delegiertenversammlung der SVP-Schweiz und ich freue mich, dass ich mich hier für eine so wichtige Vorlage wie das Familienzulagengesetz einsetzen darf.
Sie schreiben in ihrer Einladung, es sei kein Zufall, dass diese DV im Kanton Zug stattfindet. Zug ist ein wichtiger Wirtschaftstandort. Aber nicht nur das, meine Damen und Herren. Zug hat auch fast die höchsten Kinderzulagen in der Schweiz. Sie betragen nämlich 250 Franken für die ersten beiden Kinder und 300 Franken ab dem dritten Kind. Damit liegen die Kinderzulagen sogar deutlich höher als das Familienzulagengesetz vorsieht, zu dem Sie heute die Parole beschliessen. Und die Wirtschaft in Zug floriert und niemand beklagt sich darüber, dass diese Kinderzulagen nicht finanzierbar seien. Fazit: Gute Kinderzulagen vertragen sich problemlos mit einer florierenden Wirtschaft.
Dass der Kanton Zug so hohe Kinderzulagen kennt, ist natürlich schön für viele Familien, die hier wohnen. Aber leider nicht für alle. Denn nicht alle Familienväter können auch im Kanton Zug arbeiten. Sie pendeln nach Zürich oder in den Kanton Aargau. In beiden Fällen bekommen sie 80 Franken Kinderzulage pro Kind und Monat weniger. Das führt dazu, dass gerade hier in Baar verschiedene Familien, die im gleichen Mehrfamilienhaus wohnen und gleich viele Kinder haben, unterschiedlich hohe Kinderzulagen bekommen. Und zwar nicht zu knapp, sondern bei drei Kindern macht das immerhin fast 3’500 Franken im Jahr. Ihre Lebenskosten sind nicht unterschiedlich, sie werden auch nach dem gleichen kantonalen Tarif besteuert etc. Fazit: So grosse Unterschiede auf so kleinem Raum sind bei der heutigen Mobilität unverständlich. Der Abbau dieser Unterschiede zwischen den Kantonen mit dem neuen Familienzulagengesetz ist angebracht.
Aber nur, weil für die kantonalen Kinderzulagen in der ganzen Schweiz einige Mindeststandards einzuhalten sind, wird noch lange keine neue Sozialversicherung eingeführt, wie das die Gegner behaupten. Die Kantone haben weiterhin viele Kompetenzen für eine eigenständige Familienpolitik. Sie können zum Beispiel höhere Kinderzulagen beschliessen, wie das hier im Kanton Zug der Fall ist. Sie können Geburts- und Adoptionszulagen vorsehen, wenn sie wollen. Sie können auch die Einkommensgrenzen für Nichterwerbstätige grosszügiger ausgestalten oder die Selbstständigerwerbenden in das System einbinden, wie das bereits heute in mehreren Kantonen der Fall ist. Und sie werden weiterhin über die Finanzierung und die Organisation der Kinderzulagen entscheiden.
Fazit: Das neue Familienzulagengesetz regelt nur einige Eckpunkte der Familienzulagen und überlässt den Kantonen genug Freiraum, um weiterhin eine eigenständige Familienpolitik zu betreiben und klare Akzente zu setzen.
Ein weiterer Streitpunkt ist in der Politik immer wieder das Geld. Eine Verbesserung, die für die Familien und Kinder in der Schweiz etwas bringt, ist natürlich nicht gratis zu haben. Gemäss den neusten Zahlen ergeben sich für das Jahr 2009, wenn das Gesetz in Kraft treten würde, Mehrkosten von 470 Mio. Franken. Diesen Mehrkosten ist aber entgegenzuhalten, dass die Kinderzulagen für die Arbeitgeber in den letzten Jahren immer billiger geworden sind, weil immer weniger Kinder zur Welt kommen. Zudem: So genannte Kosten für die Arbeitgeber sind ja auf der anderen Seite, bei den Familien, Einkommen. Und Familien geben ja ihr Einkommen auch wieder aus. Das Geld ist also nicht irgendwo verloren, sondern es fliesst zurück in die Wirtschaft. Fazit: Das Familienzulagengesetz ist nicht teuer und wirtschaftsfeindlich, sondern es gleicht nur Einsparungen aus, die in den letzten Jahren der Wirtschaft zu gute gekommen sind.
Und nicht zuletzt möchte ich jetzt noch erwähnen, dass es in der Schweiz bereits bewährte einheitliche Kinderzulagen gibt. Und zwar in der Landwirtschaft. Hier haben alle Arbeitnehmenden und sogar eine Teil der Selbständigerwerbenden Anrecht auf gesamtschweizerisch gleich geregelte Kinderzulagen. Gegen dieses System haben sich die Bauern nie gewehrt. Sie haben damit gute Erfahrungen gemacht. Die Kinderzulagen haben einen grossen sozialen Nutzen uns der administrative Aufwand ist niedrig. Fazit: Es ist nicht einzusehen, warum für den grossen Teil der Arbeitnehmenden in der Schweiz schlecht sein soll, was für Arbeitnehmende in der Landwirtschaft gut ist.
Im Gegensatz zur einheitlichen Regelung der Kinderzulagen in Landwirtschaft gelten für die übrigen Arbeitnehmenden in der Schweiz ca. 50 Gesetze, die die Kinderzulagen zum Teil völlig unterschiedlich regeln. Daraus ergeben sich Lücken und grosse Unterschiede. Diese Situation ist unhaltbar. Das hat übrigens auch der Bundesrat mehrmals so festgehalten.
Das Familienzulagengesetz, das diese unhaltbaren Zustände beseitigt und über das wir am 26. November abstimmen, hat eine sehr lange Entstehungsgeschichte hinter sich. Bereits 1992 hat das Parlament im Grundsatz Kinderzulagen in der Höhe von 200 beschlossen. Während die politische Arbeit blockiert wurde, hat die Kaufkraft der Familien abgenommen. Es gibt immer weniger Kinder in der Schweiz. Kinder sind zum Armutsrisiko Nummer 1 geworden in der Schweiz.
Das darf nicht sein. Dazu sind die Kinder zu wichtig. Eine Gesellschaft ohne Kinder ist unvorstellbar. Die Kinder sichern unseren zukünftigen Wohlstand und unsere Altersvorsorge. Der Generationenvertrag darf nicht nur in eine Richtung funktionieren. In den Familien werden Werte und Regeln weitergegeben, ohne die das Zusammenleben nicht möglich wäre. Die Abstimmungsvorlage ist eine moderate, aber wirkungsvolle Verbesserung für die Familien in der Schweiz. Die Familien und Kinder haben diese Verbesserung nötig und verdient. Ich bitte Sie deshalb, das neue Familienzulagengesetz zu unterstützen.