Die eidgenössische Volksinitiative «Schutz vor Passivrauchen», über die am 23.09.12 abgestimmt wird, bezweckt den umfassenden Schutz aller Arbeitnehmenden in der ganzen Schweiz. Mit der Annahme der…
von Dr. med. et sc.nat. Rolf Stürm, Basel (BS)
Die eidgenössische Volksinitiative «Schutz vor Passivrauchen», über die am 23.09.12 abgestimmt wird, bezweckt den umfassenden Schutz aller Arbeitnehmenden in der ganzen Schweiz. Mit der Annahme der Volksinitiative muss das bestehende Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in zwei grundlegenden Punkten „nachgebessert" werden.
Art. 2 Rauchverbot
1 Rauchen ist in Räumen nach Artikel 1 Absätze 1 und 2 untersagt.
2 Der Betreiber oder die Betreiberin oder die für die Hausordnung verantwortliche Person kann in besonderen Räumen, in denen keine Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer beschäftigt werden, das Rauchen gestatten, sofern sie abgetrennt, besonders gekennzeichnet und mit ausreichender Belüftung versehen sind (Raucherräume). Ausnahmsweise dürfen in Raucherräumen von Restaurations- und Hotelbetrieben Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mit deren ausdrücklicher Zustimmung beschäftigt werden. Das Einverständnis hat im Rahmen des Arbeitsvertrages zu erfolgen.
3 Der Bundesrat erlässt besondere Vorschriften über die Beschaffenheit von Raucherräumen und die Anforderungen an die Belüftung. Er trifft ebenfalls eine Regelung für Zwangsaufenthaltsorte und Einrichtungen, die dem dauernden Verbleib oder einem längeren Aufenthalt dienen.
Art. 3 Raucherbetriebe
Restaurationsbetriebe werden auf Gesuch hin als Raucherlokale bewilligt, wenn der Betrieb:
a. eine dem Publikum zugängliche Gesamtfläche von höchstens 80 Quadratmetern hat;
b. gut belüftet und nach aussen leicht erkennbar als Raucherlokal bezeichnet ist; und
c. nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, die einer Tätigkeit im Raucherlokal im Arbeitsvertrag zugestimmt haben.
Damit würde das Gesetz auch der ursprünglichen Absicht der parlamentarischen Initiative des damaligen Nationalrats Felix Gutzwiller und dem Vorschlag von Bundesrat und nationalrätlicher Sozial- und Gesundheitskommission aus dem Jahre 2007 entsprechen.
Die Initiativgegner behaupten, die Initianten wollen zudem das Rauchen an Einzelarbeitsplätzen verbieten. Dies hängt davon ab, wie man Einzelarbeitsplatz definiert. Nachstehend zwei Extrembeispiele:
A. In einer Bar hat es wenige Gäste. Daher arbeitet zurzeit nur ein Barman an der Theke. Die Bar ist also ein temporärer Einzelarbeitsplatz.
B. Ein Schreinermeister erledigt administrative Aufgaben in seinem kleinen Büro. In diesem Büro arbeitet nur er allein, die Mitarbeitenden haben keinen freien Zugang.
Die Lungenliga will, dass im Falle A die Barbesucher nicht rauchen dürfen. Im Falle B jedoch wird der Schreinermeister weiterhin rauchen dürfen, sofern dadurch keine anderen Personen passiv mitrauchen müssen. Es wird Aufgabe von Parlament und Verwaltung sein, eine praktikable Trennlinie zwischen Fall A und Fall B zu ziehen. Die juristische Argumentation hierzu findet sich im Gutachten von Dr. Zenger von der Universität Bern . Für Nichtjuristen ist folgender Merkspruch einfacher:
Rauchen am Einzelarbeitsplatz bleibt erlaubt, falls keine Dritten passiv mitrauchen müssen. Zum Passivrauchen braucht es zwei: Einer der raucht und einer, der passiv mitraucht.
Die Initiative regelt nur Arbeitsplätze, wo Passivrauchen im Spiel ist.
Die Initiantinnen und Initianten sind gegen die Ausnahmeregelung, wonach Servicepersonal mit deren Zustimmung in Raucherräumen oder Raucherlokalen arbeitet, weil zwischen Freiwilligkeit und Nötigung (z.B. durch Kündigungsandrohung) kaum unterschieden werden kann. Es ist eben für die Gesundheit der Arbeitnehmenden ein grosser Unterschied, ob sie in sauberer oder in verrauchter Luft arbeiten und zwar unabhängig davon, ob diese selber rauchen. Zudem kennt man diese Freiwilligkeit in keiner anderen Massnahme zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Ich nenne aus meinem Beruf die Röntgenabteilungen, wo alle Angestellten Bleischürzen tragen müssen, wenn die Röntgenröhre läuft. Sie sind mit den Richtlinien über Silos auf dem Bau und in der Landwirtschaft vertraut. Niemand steigt ungesichert in ein Silo ein, auch nicht mit seiner Zustimmung.
Der Arbeitgeber ist für die Arbeitssicherheit verantwortlich. Warum soll das Servicepersonal schlechter geschützt sein als alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Das Thema Ihrer heutigen Veranstaltung lautet „Freiheit und Verantwortung". Passivrauchen schadet. Nehmen Sie Ihre Verantwortung, auch als Arbeitgeber, wahr und beschliessen Sie die JA-Parole.