Das „Erfolgsmodell Schweiz" basiert auf der weltweit einmaligen, typisch schweizerischen direkten Demokratie: Nirgendwo sonst kann die Bevölkerung bei sämtlichen Sachthemen mitreden wie bei uns…
Das „Erfolgsmodell Schweiz“ basiert auf der weltweit einmaligen, typisch schweizerischen direkten Demokratie: Nirgendwo sonst kann die Bevölkerung bei sämtlichen Sachthemen mitreden wie bei uns. Das Ergebnis spricht für sich: Selbst in den angeblich „reichen Staaten“ wie den USA, Deutschland und Frankreich breitet sich unter der einfachen Bevölkerung erschreckende Armut aus, während die Schweiz – auch ohne Rohstoffe – in der Vergangenheit einen erstaunlichen Wohlstand für unsere Durchschnittsbevölkerung geschaffen hat.
Auch der Bundesrat räumt Mängel ein
Die „Staatsvertrags-Initiative“ stärkt die direkte Demokratie in der Aussenpolitik. Die Initiative fordert, dass künftig in allen „wichtigen Bereichen“ bei Staatsverträgen zwingend eine Volksabstimmung stattfinden muss. Dabei haben die Initianten wichtige Doppelbesteuerungsabkommen, Kredite an den internationalen Währungsfonds, Erweiterung der bilateralen Verträge mit der EU, wichtige Freihandelsabkommen (z.B. bezüglich Landwirtschaftsabkommen mit der EU), die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf neue EU-Mitgliedstaaten etc. vor Augen.
Der Bundesrat selbst hat geschrieben, die jetzige Situation sei „mit gewissen Mängeln behaftet, weil nicht alle wichtigen Staatsverträge dem Referendum unterstehen. Die Stimmberechtigten können sich teilweise zum Abschluss bedeutender Staatsverträge nicht äussern, was unter demokratischen Gesichtspunkten nicht befriedigen kann“ (Totalrevision der Bundesverfassung). „Eine Erweiterung des Staatsvertragsreferendums ist angezeigt“ (Vernehmlassung zur Reform der Volksrechte). Und in der Botschaft vom 1.10.2010: „Würden neu zusätzliche Staatsverträge dem obligatorischen Referendum unterstellt, (…) könnte die öffentliche Debatte über ausgewählte aussenpolitische Themen intensiviert werden„.
Wieso soll mehr direkte Demokratie in der Aussenpolitik schädlich sein?
Weshalb soll mehr Mitspracherecht in der Aussenpolitik negativ sein? Es ist deplatziert, wenn die Gegner in ihren Flugblättern behaupten, die Initiative „führt zu teuren Leerläufen“, sie „schadet der Schweiz, weil sie den Bundesrat bei internationalen Verhandlungen schwächt“ und sie „schadet der Wirtschaft, die auf funktionierende Staatsverträge angewiesen ist. Diese helfen, Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern“ (Zitate aus dem gegnerischen Flugblatt; siehe www.auns-initiative-nein.ch).
Es wäre ein riesiger Vorteil, wenn unsere Unterhändler darauf verweisen könnten, dass die Schweizer Bevölkerung die ausgehandelten Verträge nachträglich noch zwingend absegnen muss. Damit wird die Verhandlungs-position der Schweiz gestärkt, nicht geschwächt, wie dies die Gegner behaupten.
Das Volk ist am wenigsten erpressbar
Auch wenn Politiker und Wirtschaftsvertreter mit besten Absichten agieren, so sind ihre Entscheidungen in aller Regel doch interessengebunden. Sie können viel leichter unter Druck gesetzt werden als die Schweizer Bevölkerung als Ganzes. Man nehme das jüngste Beispiel der Banken und der „USA-Verträge“, zu denen das Schweizer Volk nichts zu sagen hatte. Ich begreife, dass Banken-Vertreter einknicken und die Übernahme von ausländischen Regeln befürworten, wenn sie befürchten müssen, verhaftet und an die USA ausgeliefert zu werden, wenn sie ins Ausland reisen. Ich begreife, dass Wirtschaftsvertreter nachteiligen Gesetzen und Regeln zustimmen, wenn ihnen wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals steht und sie mit ihrer unterwürfigen Haltung das vorläufige Überleben sichern können. Aber die Bevölkerung als Ganzes lässt sich nicht so leicht unter Druck setzen.
Politiker und Wirtschaftsvertreter täuschen sich oft
Ich staune manchmal selbst, wie der „einfache Bürger“ die Zukunft viel besser beurteilt als die politische Elite. Man denke an die kapital falschen Prognosen, die von den massgebenden Schweizer Politikern (und auch Wirtschaftsvertretern) bei der Personenfreizügigkeit und beim Schengen-Abkommen gemacht wurden: Das Bankgeheimnis sei gesichert, die Sicherheit in der Schweiz werde durch die Grenzöffnung erhöht, das Asylproblem werde weitgehend gelöst, weil man die Asylbewerber in die angrenzenden Länder zurückschicken könne. Die Bevölkerung war und ist viel realistischer.
Ich habe deshalb mehr Vertrauen in die gesamte Schweizer Bevölkerung als in Einzelpersonen, bei denen nie ganz sicher ist, ob sie nicht eigene Interessen vertreten. Mein grösseres Vertrauen in die Bevölkerung gilt sogar bei komplexen und schwierigen Themen. Wenn unsere Politiker und Wirtschaftsvertreter ohne Diskussion unvorstellbar teuren „Rettungsschirmen“ zustimmen oder wenn unser Nationalbankgold verkauft wird, so vertraue ich lieber auf das Sensorium der breiten Bevölkerung. Das Volk sagt nicht so schnell „Ja“ zu Projekten, die zu Fässern ohne Boden ausufern können; ob sie „Brandmauern“, „Solidaritätsstiftungen“, „Ostmilliarden“ oder wie auch immer genannt werden.
Der schleichende EU-Beitritt als permanente Gefahr
Im erwähnten Flugblatt der Initiativ-Gegner wird eine SP-Ständerätin folgendermassen zitiert: „Die Welt befindet sich wirtschaftlich und politisch in einer schwierigen Phase. Die Schweiz ist deshalb darauf angewiesen, dass sie aussenpolitisch handlungsfähig bleibt. Wir können es uns nicht leisten, international zum Spielball zu werden„. Und weiter steht im Flugblatt, die Initiative wolle angeblich „unser Land gegen aussen abschotten. (…) Eine gewinnbringende Aussenpolitik erfolgt durch die frühzeitige Einbindung der wichtigen politischen Akteure, nicht durch nachgelagerte Volksabstimmungen. Die Schweiz macht sich sonst zur Lachnummer auf dem internationalen politischen Parkett„.
Solche Aussagen muten im heutigen Umfeld an wie ein Witz. Wer wird zum Spielball von wem, wenn das Schweizer Volk nichts zu sagen hat? In jüngster Zeit wird uns mit erschreckender Deutlichkeit vor Augen geführt, wie die Schweiz gegenüber dem Ausland bei jeder Gelegenheit einknickt. Wenn ausgerechnet eine überzeugte EU-Befürworterin von „international handlungsfähig bleiben“ redet, müssten ohnehin die Alarm-Glocken läuten. Dass jemand, der in die EU drängt, nicht für die Ausweitung der direkten Demokratie eintreten kann, ist logisch. Denn wer will, dass wir uns den Regeln von Brüssel unterwerfen, kann keine Lösung akzeptieren, bei der die Schweizer Bevölkerung an der Urne das Sagen hat und andere Lösungen durchsetzen kann, als sie Brüssel vorschweben.
Ein Ja zur Initiative erhöht die Mitsprache unserer Bevölkerung in der Aussenpolitik. Man sollte das Stimmvolk in unserer direkten Demokratie nicht ausgerechnet in jenem Bereich, der immer wichtiger wird – nämlich der Aussenpolitik – auf der Zuschauerbank belassen.