Unser Gesundheitswesen ist mit Inkrafttreten des Krankenversicherungsgesetzes 1996 eine besondere Art Selbstbedienungsladen geworden. Nachdem die Eintrittsgebühr (Prämie) bezahlt wird, sind die…
Unser Gesundheitswesen ist mit Inkrafttreten des Krankenversicherungsgesetzes 1996 eine besondere Art Selbstbedienungsladen geworden. Nachdem die Eintrittsgebühr (Prämie) bezahlt wird, sind die Angebotsgestelle dieses Ladens reichlich bestückt – vom Hustensirup über allerlei Pillen bis zum Ersatzteillager ist alles zu haben. Mit der kleinen Einschränkung eines bescheidenen Selbstbehalts wird man von weissgekleideten Fachleuten beraten und bedient. Als Folge eines mit völlig falschen Anreizen versehenen Systems wird von der Versicherung praktisch alles bezahlt und der Verkäufer verdient mit einer möglichst grossen Menge natürlich am meisten. Er wäre also schön dumm, wenn er seine Dienstleistungen und die dazugehörenden Produkte möglichst zurückhaltend verkaufen würde. Warum sollte er auch?
Die Folge dieses Systems ist eine gewaltige Mengenausweitung, die zu Fehlinvestitionen und massiven Überkapazitäten mit der entsprechenden Kostenentwicklung geführt hat. Wenn nun vor allem die Hausärzte versuchen, mit etwas einfacheren Mitteln erfolgreich zu sein, sind sie natürlich damit weniger gut entschädigt. Nicht erstaunlich, dass es weniger Hausärzte gibt, obwohl die Ärztedichte in gut 20 Jahren pro tausend Einwohner von 1,5 auf 2,1 angestiegen ist, also um nicht weniger als + 40%.
Dem Gesundheitswesen in unserem Land fehlt es an unternehmerischem Denken und Handeln. Heute ist die Behandlung der Versicherten in der Grundversorgung nicht koordiniert. Statt vom Hausarzt an den richtigen Spezialisten gewiesen zu werden und im Kontakt der Beiden zur richtigen Diagnose und den entsprechenden Massnahmen und Therapien zu kommen, werden verschiedenste Konsultationen bei Ärzten unkoordiniert in Anspruch genommen. Das Resultat: 6% aller Spitaleintritte sind auf diesen Umstand zurückzuführen und als Behandlungsfehler zu bezeichnen. 20% aller Versicherten, die Konsultationen beanspruchen, tun das bei mindestens sechs verschiedenen Ärzten im Jahr. Nach meinem Verständnis gehört dieses Verhalten nicht zur Solidarität einer sozialen Krankenversicherung. Es ist unhaltbar, diesen Leichtsinn von Versicherten und diese Gleichgültigkeit von Ärzten, von Seiten der Politik unbeantwortet zu lassen.
Managed Care oder Netzwerke, um die es in dieser Vorlage geht, sind zu stärken, weil sie nachweislich zu einer besseren Qualität führen und kostendämpfend wirken. Die Vorlage strebt flächendeckend im ganzen Land den Ausbau von Managed Care-Angeboten als Standardmodelle der sozialen Grundversicherung an. Dafür soll der Anreiz eines geringeren Selbstbehalts eingeführt werden. Der uneingeschränkte Gebrauch des Selbstbedienungsladens jedoch soll mit einer Erhöhung des maximalen Selbstbehalts um 300.- Fr. auf neu 1‘000.- Fr. im Jahr leicht teurer werden. Vor allem für chronisch kranke Menschen, von denen es wegen unserer steigenden Lebenserwartung immer mehr gibt, sollten die integrierten Netzwerke eine effizientere und gleichzeitig qualitativ bessere Behandlung und Betreuung ermöglichen. Davon dürfen wir auch eine gewisse Entlastung beim bisher ungebremsten Prämienwachstum erwarten.
Mit der sogenannten Budgetmitverantwortung in den Managed Care-Modellen werden Leistungserbringer neben der medizinischen auch in die wirtschaftliche Verantwortung einbezogen. Nicht nur die umfassende medizinische Grundversorgung muss gewährleistet sein, die Netzwerkärzte sind in die wirtschaftliche Verantwortung Ihrer Netzwerk-Organisation eingebunden. Sie haben alles Interesse, Doppelspurigkeiten zu vermeiden und die Abläufe zu optimieren, weil Nachbehandlungen und ineffiziente Abläufe mindestens teilweise zu ihren Lasten gehen.
Die Wahlfreiheit bleibt für Versicherte aber auch für Ärzte bestehen. Es muss niemand in ein bestimmtes Modell gehen. Ärzte können sich in den Vertrag eines Netzwerkes begeben und die übrigen Patienten trotzdem behandeln. Versicherte können wie bisher das Versicherungsmodell wechseln.
Diese Vorlage ist kein grosser Wurf, aber er geht in die richtige Richtung und ist ein bescheidener Beitrag zur Stabilisierung der Entwicklung der Kosten unseres Gesundheitswesens. Er findet eine breite Abstützung bei Parteien und Verbänden und hat die Unterstützung der SVP-Ständeräte und von 45 SVP-Nationalräten.
Deshalb empfehle ich Ihnen, am 17. Juni 2012 ein JA zur Managed Care-Vorlage in die Urne zu legen.