Das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» sieht Änderungen im Postgesetz sowie im Radio- und Fernsehgesetz vor und will zudem ein neues Bundesgesetz zur Förderung von Online-Medien schaffen.
Die finanziellen Auswirkungen dieser Vorlage sind beträchtlich:
Diese Pläne für staatliche Interventionen sind aus diversen Gründen abzulehnen. Zunächst einmal gilt es aber einige Punkte festzuhalten:
Die Folgerung aus diesen Binsenwahrheiten ist klar: In einer liberalen, demokratischen Rechtsordnung ist für die Behörden immer höchste Zurückhaltung angezeigt. Staatliche Eingriffe in Grundrechte, aber auch den wirtschaftlichen Wettbewerb, sind wenn immer möglich zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund sind die vorgesehenen Subventionen für Medien klar abzulehnen:
Die Befürworter des Medienpakets verbreiten ungeniert falsche Behauptungen. Es ist wichtig, diese Falschaussagen richtigzustellen:
Falschbehauptung Nr. 1: Die Vorlage stärkt die Regionen und hilft den Kleinen.
Mit dem Medienpaket sollen jährlich 287 Mio. Franken zur Förderung von Medienunternehmen eingesetzt werden. Wer meint, dieses Geld fliesse in die Regionen zu kleinen Unternehmen, täuscht sich gefährlich. Der grösste Teil der Gelder kommt nicht kleinen, regionalen Zeitungen zugute, sondern fliesst direkt in die grossen Verlage der Deutschschweiz. Dies liegt mitunter an der zunehmenden Konzentration im Mediensektor: Viele Regionalzeitungen gehören heute den grossen Verlagen. Ebenso sind die meisten regionalen TV-Sender und Lokalradios im Besitz der grossen Medienhäuser.
Gerade von der Posttaxenverbilligung profitieren immer mehr grosse Tageszeitungen: In den letzten Jahren sind aufgrund sinkender Abonnementszahlen einige Zeitungen unter die Obergrenze gefallen und damit förderberechtigt geworden – so etwa das St. Galler Tagblatt, der Bund oder die Solothurner Zeitung. Zeitungstitel mit einer Auflage von über 40’000 Exemplaren, welche künftig förderberechtigt sein könnten, sind möglicherweise der Tages-Anzeiger, 24heures, der Blick, die Neue Zürcher Zeitung oder die Luzerner Zeitung. Alles Zeitungen, die man nicht als kleine Regionalblätter bezeichnen würde. Dass auch die Vergünstigung der Sonntags- und Frühzustellung namentlich grossen Verlagen nützen würde, liegt auf der Hand.
Falschbehauptung Nr. 2: Die Vorlage stärkt die Unabhängigkeit der Medienunternehmen.
Wer die Vorgänge in Österreich mitverfolgt hat weiss: Staatliche Geldflüsse stärken nicht die Unabhängigkeit, sondern bewirken genau das Gegenteil. Wer die Äusserungen von Ringier-CEO Marc Walder in Bezug auf die Berichterstattung zur Pandemie mitverfolgt hat, kann sich vorstellen, was passieren könnte, wenn der Geldsegen aus Bundesbern noch grössere Ausmasse annimmt.
Die Behauptung, mit Subventionszahlungen könne man die Unabhängigkeit stärken, entstammt einer linken, planwirtschaftlichen Sichtweise: Für SP und Grüne sind diejenigen Unternehmen unabhängig, welche sich nicht um Werbeeinnahmen und Kundenzufriedenheit kümmern müssen, sondern dank staatlicher Geldmittel diesbezüglich «entlastet» sind.
Die grüne Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger formulierte es im Parlament[2] wie folgt: «L’éthique journalistique et la qualité des médias sont négativement influencées lorsque la pression du marché est trop forte.» Die Glaubwürdigkeit der Medien liege ihr am Herzen: «Tentons donc de réduire la pression du marché.» Das Gegenteil ist richtig: Demokratie und Marktwirtschaft leben vom Wettbewerb. Vielfalt und Qualität muss der Wettbewerb hervorbringen – diese Aufgabe kann man nicht Bundesbeamten delegieren.
Falschbehauptung Nr. 3: Im Online-Bereich muss der Staat Qualitätsstandards setzen.
Das Medienpaket bringt einen Paradigmenwechsel: Neu soll im Online-Bereich eine direkte Medienförderung eingeführt werden. Direkte Förderung läuft darauf hinaus, dass die Bundesverwaltung entscheiden muss, was förderungswürdig ist und was nicht.
Professor Otfried Jarren, Präsident der Eidg. Medienkommission (EMEK), schlug vor einigen Jahren ein staatliches Gütesiegel für Online-Portale vor, um journalistische Inhalte besser erkennbar zu machen[3]: „Ein Label signalisiert: Das Angebot wurde in Anerkennung professioneller Standards und Regeln erstellt. Die Nutzerin wie der Nutzer kann sich darauf verlassen, dass die Regeln guter journalistischer Arbeit eingehalten wurden. Ein Gütesiegel kann das bestätigen und dem Nutzer signalisieren. (…) In vielen anderen Branchen sind Zertifizierungen üblich, so in der Landwirtschaft oder auch in der Wissenschaft. Die Medienbranche steht abseits, aber sie verlangt öffentliche Anerkennung, sogar öffentliche Mittel. Was rechtfertigt diese Forderungen? (…) Die Medienunternehmen sind weit entfernt von verantwortungsbewussten Organisationen.“ Ein weiterer Satz ist zentral: „Wer anderen auf die Finger schauen soll und will, muss sich selbst auf den Prüfstand stellen.“
In den Bedingungen, welche Art. 1 des Bundesgesetzes über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien (BFOM) punkto Beitragsberechtigung formuliert, sind nicht nur inhaltliche Anforderungen enthalten (Politik, Wirtschaft, Soziales), sondern auch «anerkannte Regeln für die journalistische Praxis» erwähnt. Dies entspricht ziemlich genau den Gedanken, welche Professor Jarren bereits 2019 geäussert hat. Honi soit qui mal y pense.
[1] Vgl. hierzu die Stellungnahme der Wettbewerbskommission zum Service Public-Bericht des Bundesrats vom 13.5.2016, S. 2. Aus der Wirtschaftsverfassung ergeben sich klare „Grenzen eines öffentlich finanzierten Angebots“, indem „grundsätzlich der Markt zu spielen hat und Eingriffe durch den Staat nur insofern gerechtfertigt sind, als sie zur Erreichung effektiv notwendig sind.“ Der Service public ist „nicht ein eigenes Angebot, welche sich im Markt gegen die Privaten behaupten muss, sondern eine Ergänzung des bestehenden Marktangebots“.
[2] Votum von Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne Partei); Nationalratsdebatte vom 2.3.2021.
[3] Zitate aus der Zeitschrift „persönlich“ vom 21.11.2019 (www.persoenlich.com).