Nur wenige Monate nach dem Start der Armee XXI, wird bereits wieder heftig über die Armee diskutiert. Wichtige Grundpfeiler wie die Miliz, die Wehrpflicht und der Armeeauftrag werden von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Dazu kommen verschiedene Mängel bei der Umsetzung der Armee XXI. Diese Diskussionen bewirken, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Armee sinkt. Für einen grossen Teil der Bevölkerung ist nicht mehr klar, wie und ob die neue Armee auf aktuelle Bedrohungen zu antworten vermag. Das Gleiche gilt weitgehend auch für die Politik. Ausser der SVP setzt sich kaum noch eine Partei für die Armee ein.
Die SVP will eine starke, glaubwürdige und bedrohungsgerechte Armee
Für die SVP ist eine glaubwürdige Armee jedoch ein wichtiges Anliegen. Deshalb hat die Parteileitung beschlossen, ein Grundlagenpapier, eine Standortbestimmung zur Armee, auszuarbeiten und aufzuzeigen, welche Massnahmen zur Konsolidierung der Armee XXI notwendig sind. Wir wollten eine klare Zielsetzung formulieren und Wege aufzuzeigen, wie die Armee zu einem funktionierenden Sicherheitsinstrument gemacht werden kann.
Wir wollen jedoch keine weitere Generalreform. Eine dritte grosse Reform innerhalb von 10 Jahren würde unsere Armee nicht überleben. Vielmehr ist die Armee vom Ist-Zustand aus Schritt für Schritt funktionsfähig zu machen.
Das nun vorliegende Papier äussert sich im Wesentlichen zu folgenden Punkten:
Internationale Entwicklung
Antwort der Schweiz auf die veränderte Machtordnung
• Neutralität
• Miliz
• Sicherheitspolitischer Auftrag
Bedrohungsanalyse
Hauptauftrag der Armee: Verteidigung
Hauptauftrag und „weitere Aufträge“
Struktur
Ausbildung
Führungsprobleme
Zentralisierung
• Auslandeinsätze
• Finanzen
• Ausserdienstliches Schiesswesen
Antwort der Schweiz auf die Veränderte Machtordnung
Die jüngste Geschichte lehrt uns, dass die Welt durch internationale Kooperation nicht sicherer wurde. Das in den 90er Jahren entstandene Konzept wird der aktuellen Bedrohungslage nicht mehr gerecht. Unsere Antwort auf die veränderte Machtordnung muss vielmehr heissen:
• Neutralität
• Festhalten am Milizsystem
• Klare Formulierung des sicherheitspolitischen Auftrages.
Konsequente Neutralitätspolitik
Wenn wir für unsere Bevölkerung Sicherheit und Schutz gewährleisten wollen, dann müssen wir in erster Linie mit einer konsequenten Neutralitätspolitik dafür sorgen, dass unser Land nicht in internationale Konflikte hineingezogen wird. Der Terroranschlag in Spanien zeigte eindrücklich, wie eine oberflächlich eingegangene Kooperation mit den USA das Land zum Ziel eines schweren Terroranschlages machte.
Festhalten am Milizprinzip
Angesichts heutiger Bedrohungsformen wird die Armee zunehmend Sicherungsaufträge zu bewältigen haben, welche in der Regel sehr mannschaftsintensiv sind. Das Milizsystem hat den Vorteil, dass viele für den Notfall ausgebildet werden, diese aber lediglich dann aufgeboten werden, wenn ein Notfall eintritt. Das Milizsystem gewährleistet zudem, dass die Armee in der Bevölkerung verankert bleibt und sich die Bürgerinnen und Bürger mit der Armee identifizieren. Demgegenüber ist eine Berufsarmee für unseren Kleinstaat nicht bezahlbar und entspricht auch nicht unserem Staatsverständnis. Die Armee XXI mit der Reduktion des Milizbestandes und einem vermehrten Einsatz von Durchdienern und Zeitsoldaten geht hier in die falsche Richtung.
Wahrung der Souveränität als oberster Auftrag der Armee
Nach sorgfältiger Analyse der aktuellen und künftigen Bedrohungslage gilt es, den Auftrag an die Armee zu formulieren. Der oberste Auftrag der Armee ist dabei die Erhaltung der Souveränität, die Verteidigung der äusseren und inneren Sicherheit unseres Landes.
Der Hauptauftrag der Armee ist eindeutig die Verteidigung der äusseren und inneren Sicherheit unseres Landes.
Die Schweiz wird heute von keiner feindlichen Armee bedroht, Landesverteidigung findet heute nicht mehr an der Landesgrenze statt. Aber die Schweiz kann plötzlich von einem im Rahmen asymmetrischer Kriegsführung durchgeführten Terroranschlag irgendwo im Land getroffen werden. Darauf hat sich die Armee vorzubereiten und darauf ist sie anhand von realistischen Übungen zu schulen.
Zurückhaltung bei den „weiteren Aufgaben“
Gemäss Armeeleitbild können der Armee neben dem an erster Stelle stehenden Verteidigungsauftrages noch sogenannte „weitere Aufgaben“ übertragen werden. Diese erhalten derzeit jedoch eindeutig ein zu grosses Gewicht. Man hat manchmal den Eindruck, dass, anstatt sich auf den Verteidigungsauftrag zu konzentrieren, die Armee nach allerlei Aufträgen sucht, wovon man sich offenbar auch eine Image-Verbesserung verspricht. Angesichts der stark verminderten Bestände sind auch diese Einsätze nur mit äusserster Zurückhaltung zuzulassen.
Der Missbrauch von Bürgersoldaten für zivile Hilfsdienste ist zu vermeiden. Ziel der militärischen Ausbildung muss sein, die Soldaten auf ihre vorrangige und wichtigste Aufgabe, die Verteidigung, vorzubereiten.
Das Grundlagenpapier zur Armee XXI äussert sich weiter zu den Themen:
• Struktur
• Ausbildung
• Führung
• Zentralisierung der Armeeverwaltung
• Auslandeinsätze
• Finanzen
Keine weitere Verkleinerung der Armee
Sämtliche Armeen der Welt, die in letzter Zeit ihre Bestände mehr oder weniger massiv heruntergefahren haben, stehen heute angesichts der Bedrohung durch asymmetrische Schläge vor schwierigen Bestandesproblemen. Verschiedene Länder, darunter selbst die USA, sehen sich bereits gezwungen, Reservisten aufzubieten. Soll die Armee ihren Hauptauftrag erfüllen können, dann kommt für uns eine weitere Verkleinerung nicht in Frage. Ebenso wenig in Frage kommt ein Verzicht auf die (ausgerüstete!) Reserve.
Ausbildungsqualität entscheidend
Wichtig für eine starke Armee ist die Qualität der Ausbildung. Nach unserer Auffassung kommt dabei dem Milizkader eine grosse Bedeutung zu. Die Aufrechterhaltung des Milizprinzips verlangt, dass die militärischen Verbände von Milizkadern geführt und auch ausgebildet werden. Ausbildung und Führung gehören zusammen. Die Verantwortung von Ausbildung und Führung ist nicht teilbar. Die Ausbildung darf auch nicht an Durchdiener und Zeitsoldaten delegiert werden.
Mit der Schaffung der Lehrverbände hat der Truppenkommandant die Ausbildungsverantwortung z.T. verloren. Damit sinkt leider auch die Attraktivität einer militärischen Laufbahn für Milizoffiziere. Dieses Ausbildungskonzept ist zu korrigieren.
Verkleinerung von Verwaltung und Logistik
Selbstverständlich muss die erfolgte markante Verkleinerung der Armee auch zu einer Reduktion der Armeeverwaltung und der Logistik führen. Dies nicht zuletzt auch unter dem herrschenden Spardruck. Sorgen bereitet uns in diesem Zusammenhang allerdings die allzu rigorose Zentralisierung der Armeelogistik. Diese Zentralisierung macht die Schweiz im Hinblick auf die asymmetrische Kriegsführung verletzlicher und dient deshalb nicht der Sicherheit unseres Landes. Sie entspricht auch nicht unserem föderalistischem System.
Kein Ausbau des militärischen Engagement im Ausland
Man hat oftmals auch den Eindruck, dass die Auslandeinsätze in den Vordergrund gestellt werden, während dem eigenen Land weniger Interesse entgegen gebracht wird. Die Ausrichtung auf Auslandeinsätze und internationale Kooperation sind auch im Aufbau der Armee XXI, im militärischen Auslandtourismus, in der Gradstruktur – warum brauchen wir sonst einen Obergefreiten und einen Hauptfeldwebel – oder im Rüstungsprogramm sichtbar. Und inzwischen scheint es gar nötig zu sein, unsere Soldaten in Lappland ausbilden zu lassen.
Auslandeinsätze tragen nicht zu unserer Sicherheit bei, im Gegenteil. Die Schweiz wird damit Teil einer Interventionsarmee.
Das seinerzeitige JA des Schweizervolkes zu den Auslandeinsätzen war jedoch kein Freipass für einen laufenden Ausbau des militärischen Engagements im Ausland. Vor allem Schweizer Kampftruppen haben im Ausland nichts zu suchen. Resultat einer unbedachten Kooperation kann sein, dass die Schweiz als Teil eines Bündnisses wahrgenommen und damit Ziel asymmetrisch geführter Schläge wird.
Sicherheit ist nicht gratis
Die SVP steht an vorderster Front bei der Bekämpfung des ständigen Ausgabenwachstums und der Schuldenwirtschaft in unserem Land. Dem Spardruck kann sich auch die Armee nicht entziehen. Hier hat das VBS – im Gegensatz zu den anderen Departementen – aber bereits einen grossen Beitrag zu Gunsten der Bundeskasse geleistet. Dafür verdient unser Verteidigungsminister, Herr Bundesrat Schmid, Respekt!
Wenn wir uns für eine bedrohungsgerechte Armee einsetzen, müssen wir uns aber im Klaren sein: Sicherheit ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die SVP wird sich deshalb auch in Zukunft für die notwendigen Finanzen für die Armee einsetzen.
Wenn uns die finanzielle Situation zwingt, die Geldmittel gezielt einzusetzen, so müssen die Prioritäten vor allem bei einer guten Ausbildung und einer optimalen Einsatzbereitschaft der Armee liegen. Demgegenüber sind unnötige Aufgaben, Doppelspurigkeiten, bürokratische Verwaltungsstrukturen und Auslandeinsätze bei der Finanzierung zurückzustellen.
Grundsätze der SVP zur Armee
Die Ausführungen des Ihnen nun kurz erläuterten Armeepapiers lassen sich im wesentlichen in 6 Grundsätze zusammenfassen, welche Ihnen zur Diskussion und Verabschiedung vorliegen.
GRUNDSÄTZE DER SVP ZUR ARMEE
Die Schweizerische Volkspartei steht zur Schweizer Armee. Sie kämpft für eine starke, schlagkräftige Armee, welche unser Land verteidigen kann. Grundlage für die Schweizer Armee sind die allgemeine Wehrpflicht und das Milizprinzip. Die Armee muss ein funktionierendes Sicherheitsinstrument sein, welches die Öffentlichkeit als überzeugende Antwort auf Bedrohungen von heute erkennt und mit trägt.
1. Ja zur bewaffneten Neutralität
Die Neutralität ist und bleibt oberste Maxime der schweizerischen Sicherheits- und Aussenpolitik. Sie ist Grundlage für die direkte Demokratie, für Stabilität und Sicherheit. Die konsequent neutrale Haltung unseres Landes bewahrt uns davor, in Konflikte hineingezogen und Zielscheibe von Terroranschlägen zu werden. Gerade im Zeitalter asymmetrischer Kriegführung hat sich der Kleinstaat Schweiz wieder strikter Neutralitätspolitik zu befleissigen.
2. Ja zum bewährten Milizsystem
Das schweizerische Staatssystem fusst auf dem Milizprinzip. So ist auch die Schweizer Armee auf der Grundlage des Milizprinzips und der allgemeinen Wehrpflicht organisiert. Wenn die Schweiz das Milizprinzip bezüglich Landesverteidigung vernachlässigt, verliert die Armee ihre Verankerung in der Bevölkerung. Deshalb ist die Armee wieder konsequent auf die Miliz auszurichten. Durchdiener und Zeitsoldaten sind abzuschaffen.
3. Nein zur sicherheitsgefährdenden internationalen Kooperation
Internationale Kooperation vermindert die Sicherheit. Sie höhlt die Neutralität aus und setzt die Schweiz so erhöhter Gefahr terroristischer Schläge aus. Deshalb: Hände weg vor internationaler Einbindung und Einmischung!
4. Ja zur Ausrichtung auf aktuelle Bedrohungslagen
Hauptauftrag der Armee ist der Verteidigungsauftrag. Die Armee hat die Sicherheit von Land und Bevölkerung zu gewährleisten. Der Verteidigungsauftrag ist als Antwort auf heutige Bedrohungslagen, insbesondere auch auf asymmetrische Kriegsformen, auszurichten. Grundlage für den Verteidigungsauftrag ist eine sorgfältige Gefährdungs- und Bedrohungsanalyse.
5. Ja zur wirklichkeitsnahen Umsetzung des Verteidigungsauftrags
Anhand wirklichkeitsnaher, aktueller Szenarien soll die Armee immer wieder auch komplexe Übungen bestehen – stets mit Blick auf die Entwicklung der sicherheitspolitischen Lage. Diese Übungen sind sorgfältig auszuwerten. Ziel ist die gezielte Schulung der Armeeverbände zur Erfüllung des Verteidigungsauftrags.
6. Ja zur Ausbildungsverantwortung der Milizkader
Dem Milizkader muss wieder die volle Verantwortung für die Ausbildung übertragen werden. Unterstützt von motivierten, erstklassigen Instruktoren hat das Milizkader wieder eine professionelle, allen Ansprüchen genügende Ausbildung zu garantieren.
Ausgehend von diesen Grundsätzen wird sich SVP für eine gut funktionierende, bedrohungsgerechte Milizarmee einsetzen und dazu die notwendigen parlamentarischen Vorstösse einreichen. Ich bitte Sie, diesen Grundsätzen zuzustimmen.