Die Attraktivität der Schweiz als Asylland wird u. a. massgeblich geprägt von der Dauer des Asylverfahrens und dem damit verbundenen Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Dieses dauert bis zur Ausreise…
Die Attraktivität der Schweiz als Asylland wird u. a. massgeblich geprägt von der Dauer des Asylverfahrens und dem damit verbundenen Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Dieses dauert bis zur Ausreise ca. 1400 Tage oder nahezu vier Jahre. Der Zustrom von Asylsuchenden in unser Land kann nur markant gesenkt werden, indem das Verfahren massiv verkürzt und vereinfacht wird. Der zunehmenden Verrechtlichung des Asylverfahrens ist dringend Einhalt zu gebieten. Was ist konkret zu tun?
1. Chancen-/ Risikobeurteilung von Inangriffnahme des Verfahrens (Vorgespräch)
Vor Inangriffnahme des Asylverfahrens ist mit dem Asylsuchenden in einem ernsthaften, gemeinsamen Gespräch zu klären, ob er überhaupt Asylgründe im Sinne des Gesetzes vorbringt. Ergibt das Gespräch, dass keine Asylgründe vorliegen, ist mit der betreffenden Person das weitere Vorgehen zu klären. Dabei ist ihr auch angemessene Rückkehrhilfe bei einer sofortigen Rückkehr anzubieten. Im Wissen um die Aussichtslosigkeit seines Verfahrens und mit der angebotenen Rückkehrhilfe fällt einem Asylsuchenden die Rückkehr ins Herkunftsland wesentlich einfacher als erst nach Jahren und teilweiser Integration in der Schweiz. Dieses Vorgespräch ist neu im Gesetz zu regeln.
2. Mitwirkungspflichten
Die Dauer des Asylverfahrens kann erheblich durch die Mitwirkung des Asylsuchenden gesteuert werden. An die Missachtung dieser Mitwirkungspflicht sind erheblich strengere Konsequenzen als bisher zu knüpfen. Entscheidend ist insbesondere, dass sich ein Asylsuchender während der ganzen Dauer des Asylverfahrens zur Verfügung der Behörden halten muss und nicht während des Verfahrens beliebig und ohne Konsequenzen ab- und auftauchen kann. Zur Unterbindung dieses verpönten Verhaltens ist deshalb klar festzulegen, dass bei einem Untertauchen der Verzicht auf die Weiterführung des Asylverfahrens angenommen und ein neues Verfahren frühestens nach drei Jahren wieder an die Hand genommen wird.
3. Beschwerdeverfahren
3.1. Zuständigkeit
Von der gesamten Verfahrensdauer nimmt das Beschwerdeverfahren mit Abstand am meisten Zeit in Anspruch, nämlich ca. 900 Tage. Dieser Befund ist nicht neu und alle Versuche, dies zu verändern sind bisher am Widerstand der ehemaligen Asylrekurskommission sowie dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. Eine Verkürzung der Beschwerdedauer kann mithin nur erreicht werden, indem das Beschwerdeverfahren völlig neu geregelt und einer andern Instanz übertragen wird, welcher auch Vorgaben hinsichtlich Erledigungsmenge und Verfahrensdauer gemacht werden können. Hierfür ist ein in Bezug auf die materielle Rechtssprechung unabhängige Beschwerdeinstanz innerhalb des EJPD zu schaffen. Zu diesem Zweck ist das Beschwerdeverfahren weitgehend neu zu regeln und nötigenfalls auch die erforderliche Verfassungsanpassung vorzunehmen.
3.2. Sofortiger Vollzug bei den Dublin-Verfahren
In den Verfahren, welche die Rückführung in einen anderen Dublin-Staat beschlagen, werden immer mehr Beschwerden ergriffen. Dies obschon es de facto nur um die Überstellung in einen andern, verfolgungssicheren EU-Staat geht. Auch in diesen Fällen wird die Beschwerde einzig mit der Absicht eingereicht, während der Dauer des Beschwerdeverfahrens in der Schweiz verbleiben zu können. Solche Bestrebungen verdienen keinen besonderen Schutz. Es ist deshalb gesetzlich vorzusehen, dass nur in ganz besonderen Fällen die sofortige Rücküberstellung in den andern Dublin-Staat ausgesetzt werden kann, es sei denn, der Beschwerdeführer mache ganz schwerwiegende Verfahrensmängel im Rückübernahmestaat geltend, was bei andern europäischen Staaten wohl kaum je geltend gemacht werden kann.
4. Verzicht auf die Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten (unentgeltliche Rechtspflege)
Die bisherige Praxis bei der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege hat sich vollumfänglich bewährt. Trotzdem wird die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege in der Revisionsvorlage ausgeweitet und erleichtert. Dies führt erfahrungsgemäss und mit Sicherheit zu einer weiteren Zunahme der Beschwerden und damit zu einer zusätzlichen Belastung der ohnehin überforderten Beschwerdeinstanz. Eine Ausdehnung der unentgeltlichen Rechtspflege ist daher unter allen Umständen zu unterlassen und deshalb zu streichen.
5. Beschränkungen bei den Wiedererwägungsgesuchen
Erfahrungsgemäss werden Wiedererwägungsgesuche vornehmlich mit dem Ziel eingereicht, durch die damit verbundene Verfahrensverlängerung – welche jeweils beträchtlich ist – weiter in der Schweiz verbleiben zu können. Die Attraktivität der Wiedererwägungsverfahren muss daher unbedingt gebrochen werden, zumal es in keinem anderen Gebiet der schweizerischen Rechtsordnung eine derartige Massierung von Wiedererwägungsverfahren gibt wie im Asylverfahren. Die Attraktivität der Wiedererwägungsverfahren kann dadurch vermindert werden, indem diesen Verfahren die aufschiebende Wirkung generell nicht gewährt wird und zugleich – da es um eine Zweit- oder gar Drittbeurteilung geht – auch die Kognition eingeschränkt wird.
6. Genereller Ausschluss von Mehrfachgesuchen (nachgelagerte Asylgesuche)
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Asylsuchende unter mehreren Identitäten und mit abwechselnden Begründungen ihre Asylgesuche motivieren. Dies alleine auch mit dem Ziel, weiterhin oder länger in der Schweiz verbleiben zu können. Auch diesem offenkundigen – im schweizerischen Rechtssystem einzigartigen Phänomen – Missbrauch der Aufnahmebereitschaft soll wirksam ein Riegel geschoben werden. Asylgesuche mit veränderter Identität oder völlig neuen Begründungen sollen in Zukunft generell ausgeschlossen werden. Der generelle Ausschluss von nachgelagerten Asylgesuchen (sog. Mehrfachgesuchen) ist auch mit einer entsprechenden Ausgestaltung der jeweiligen Beschwerdeverfahren Rechnung zu tragen.