In einer instabilen Welt, die von geopolitischen Spannungen und unvorhersehbaren Konflikten geprägt ist, muss unser Land wachsam bleiben. Die Neutralität, das Fundament unserer Identität, ist nicht gleichbedeutend mit Passivität: Sie erfordert eine solide Verteidigung, um unsere Souveränität gegen jede Bedrohung zu schützen. Vor allem aber ermöglicht sie uns, der Welt einen wertvollen Trumpf anzubieten: ein anerkanntes Fachwissen in der Friedensförderung und Konfliktlösung.
Im Mai 1943 erklärte General Guisan entschlossen: «Wir wollen durchhalten, um Herr im eigenen Haus zu bleiben, was auch immer geschieht.» Diese Worte betonten, wie wichtig es ist, unsere Grundwerte zu bewahren, und bekräftigten gleichzeitig die Schlüsselrolle der Neutralität für unsere Nation. Er warnte damals, dass «der Krieg immer mehr oder weniger in der Nähe unserer Grenzen stattfinden wird», eine Tatsache, die auch heute noch aktuell ist und uns zu Wachsamkeit und Entschlossenheit zwingt.
Aus dieser Lehre habe ich drei Schwerpunkte herausgegriffen, die ich hier betrachten will:
Die Neutralität ist eine Garantie für die Schweiz und die Welt
Erstens ist die Neutralität für die Schweiz von entscheidender Bedeutung. Sie bewahrt uns vor den Bündnissen und den zynischen Berechnungen der Grossmächte. Jede Abweichung von diesem Grundsatz zieht uns weiter in das komplexe und gefährliche Räderwerk der internationalen Geopolitik hinein. Meine Damen und Herren, wären Sie bereit, unsere Jungen aufgrund von Bündnis-Verpflichtungen in weit entfernte Kriege in der Türkei oder in Taiwan zu senden? Dies wäre die logische Folge, wenn wir unsere Neutralität aufgeben würden, denn die Grossmächte fordern immer mehr. Wenn man sich einmal für eine Seite entschieden hat, gibt es kein Zurück mehr.
Zweitens: Betrachten wir die Bedeutung der Schweizer Neutralität für den Rest der Welt. Hier gehe ich auf eine Kritik ein, die uns immer wieder entgegengebracht wird.
Der Vorwurf lautet, es fehle uns an Menschlichkeit, wir würden Autokraten in die Hände spielen und das Völkerrecht mit Füssen treten. Dem ist nicht so! Denn die Schweiz hat nicht die Mittel, um einen Sieg in den globalen Auseinandersetzungen zu erzwingen. In der Ukraine hätte die Lieferung von ein paar Schweizer Panzern die Frontlinie nicht um einen Kilometer verschoben.
Nein, meine Damen und Herren, die Schweiz kann nicht einer Seite den Sieg anbieten. Aber sie kann eine wertvolle Alternative anbieten: den Frieden. Unsere Rolle besteht nicht darin, das militärische Zünglein an der Waage zu sein. Etwas anderes zu glauben ist lachhaft, insbesondere wenn man die kleine Schweiz mit Grossmächten wie Russland, China, der NATO oder sogar der Europäischen Union vergleicht. Nein, unsere Stärke liegt in unserer Fähigkeit, einen Raum für den Dialog sowie unser anerkanntes Fachwissen anzubieten, um Spannungen abzubauen und die Lösung von Konflikten zu fördern. Wenn wir jedoch für eine Seite Partei ergreifen, dann ist es nicht mehr möglich, dass wir uns für den Frieden einsetzen.
Handeln wir glaubwürdig und kohärent
Welche Auswirkungen haben diese Feststellungen? Wenn die Neutralität das Herzstück unserer Identität ist, unseren Wohlstand und unsere Souveränität garantiert und ein einzigartiges Instrument zur Förderung des Weltfriedens darstellt, dann ist unsere Pflicht klar: Wir müssen sie mit aller Entschiedenheit verteidigen. Das bedeutet echte Neutralität, nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis. Es hat keinen Sinn, sich selbst als neutral zu bezeichnen, während man dieses Konzept in der Realität verrät. Die Neutralität erfordert auch eine autonome Verteidigungsfähigkeit, denn unsere Sicherheit zu delegieren bedeutet, unsere Freiheit zu opfern. Die Geschichte lehrt uns, dass die Schweiz nur auf sich selbst zählen kann.
Meine Damen und Herren, die Schweiz hat dank ihrer Umsicht und Widerstandsfähigkeit Jahrhunderte voller Turbulenzen überstanden.
Wie General Guisan sagte, wird der Krieg immer in der Nähe unserer Grenzen stattfinden. Wir sollten uns daran erinnern, dass die Neutralität der Schlüssel zu unserer Freiheit und zu unserem Frieden ist. Wie der General sagte: Wir müssen durchhalten, um Herr im eigenen Haus zu bleiben!