Ich bin zwar noch nicht AHV-Rentner, aber gerade deshalb mache ich mir Sorgen, über die Art und Weise, wie die IV saniert werden soll. Ich möchte, dass meine AHV noch aus jenen Beträgen…
Ich bin zwar noch nicht AHV-Rentner, aber gerade deshalb mache ich mir Sorgen, über die Art und Weise, wie die IV saniert werden soll. Ich möchte, dass meine AHV noch aus jenen Beträgen ausgerichtet werden kann, die ich einbezahlt habe. Ich will nicht der nächsten Generation zu Last fallen, indem diese höhere Beiträge an die AHV bezahlen und höhere Staatsschulden in Form von Steuererhöhungen abstottern muss.
Was uns da als IV-Sanierungsvorlage präsentiert wird, hat mit einer Sanierung nichts zu tun. Kein Unternehmer würde seinen Betrieb auf diese Weise sanieren. Wir werden mit 15 bis 20 Milliarden Franken zur Kasse gebeten (Mehrwertsteuer 8 Milliarden, Zinszuschüsse 2.5 Milliarden, AHV-Reserven 5 Milliarden), aber im Jahre 2019, wenn die Zinszuschüsse des Bundes und die Mehrwertsteuererhöhung wieder entfallen, verzeichnet die IV immer noch dreistellige Jahresdefizite und ihre Schulden werden sich nach wie vor auf 12 Milliarden Franken belaufen. Auf ein Industrieunternehmen übertragen würde dies bedeuten, dass der Unternehmer für die nächsten 7 Jahre Geld in einen Defizitbetrieb einschiesst, in der Hoffnung, dass dann nach 7 mageren Jahren die 7 fetten Jahre anbrechen würden. Aber dies wird bei der IV nicht der Fall sein. Im Gegenteil. Nicht nur die IV steht im Jahre 2019 nicht auf finanziell gesunden Füssen. Auch die AHV wird dann saniert werden müssen. Die Entnahme von 5 Milliarden Franken aus dem AHV-Fonds wird dazu führen, dass das AHV-Vermögen nicht nur um diesen Betrag sinkt, sondern auch die künftigen Erträge auf diesen 5 Milliarden Franken in der AHV-Kasse fehlen. Selbst wenn der gesetzlich vorgeschriebene Deckungsgrad von heute 100 Prozent einer AHV-Jahresausgabe auf 70 Prozent reduziert wird, muss die AHV wegen dieser Plünderung um 3 Jahre früher saniert werden als ohne Kapitalabfluss. Konkret werden wir bereits ab 2018 unter die 70-Prozent-Mindestgrenze fallen, statt erst 2021. Es ist daher unverantwortlich, wenn wir von einem Sozialwerk Geld in ein anders verschieben und dann später die fehlenden Beträge bei der AHV wieder nachfinanzieren müssen. Dieses Vorgehen hat schon beim Übertrag von 3.7 Milliarden Franken von der EO in die IV nichts gebracht. Das Vermögen der EO ist von 5 Milliarden auf noch 1,4 Milliarden Franken per Ende 2008 geschrumpft und wenn wir bei der EO in den nächsten 2 Jahren gleich hohe Verluste wie in den letzten Jahren verzeichnen, dann steht auch die EO mit leeren Kassen da (es steht eine Erhöhung der Lohnbeiträge um 0.3 Prozentpunkte vor der Tür).
Die Zinszahlungen des Bundes werden in ihrer Dimension ebenfalls unterschätzt. Wir sprechen hier immerhin von einem Betrag von 2.5 Milliarden Franken. Diese zusätzlichen Schulden müssen in Zukunft ebenfalls verzinst werden. Selbst bei einem durchschnittlichen Zinssatz von nur 3 Prozent kosten uns diese Zusatzschulden in der Zukunft jährlich 75 Millionen Franken.
Bis heute wurde dem Schweizer Volk auch nicht offengelegt, wie die ab 2019 wieder anstehenden jährlichen Defizite beseitigt werden sollen. Die 5. IV-Revision wird zwar etwas bringen, aber da die gesamte Zusatzfinanzierung um ein Jahr verschoben wurde, werden die IV-Schulden vorerst bis Ende 2010 auf 15.5 Milliarden Franken ansteigen, um dann nach Abschluss der vermeintlichen Sanierung immer noch bei 12 Milliarden zu stehen. Wenn ich diese 12 Milliarden Franken mit dem Stand per Ende 2008 vergleiche, dann werden die Schulden um ganze 800 Millionen reduziert.
Für mich ist die IV gewissermassen eine Sozial-NEAT. So wie das Schweizer Volk zur Fertigstellung der NEAT die finanziellen Mittel bereitstellen muss, werden wir auch für die IV nochmals zur Kasse gebeten werden. Wie bei der NEAT wird man behaupten, man könne doch einen Tunnelbau nicht aus finanziellen Gründen nach Vollendung von 80 Prozent der Bauarbeiten einstellen. Für mich ist die IV-Zusatzfinanzierungs-Vorlage ein Paradebeispiel für die Politik, die wir im Sozialbereich schon seit Jahren betreiben. Morgen, morgen, nur nicht heute. Oder anders ausgedrückt, die Probleme werden erneut mit Geld übertüncht und nicht gelöst.
Aus meiner Sicht hat die Schweiz die Grenze der Steuer- und Sozialabgabenlast, die für ein Volk noch tragbar ist, bereits überschritten. Zum Glück sind sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht bewusst, wie viel unser Staat und unsere Sozialwerke Tag für Tag einnehmen. Es sind, Samstag und Sonntag eingerechnet, pro Tag 785 Millionen Franken. Es wundert deshalb nicht, dass sich viele fragen, ob es sich überhaupt noch lohnt zu arbeiten und Unternehmerrisiken auf sich zu nehmen. Wir dürfen deshalb die Steuer- und Sozialabgabelast nicht noch weiter erhöhen, sondern müssen auf der Ausgabenseite ansetzen.
Aus meiner Sicht ist es zwingend notwendig, dass viele Renten nochmals überprüft werden. Allein in der Schweiz hat die Rentnerzahl seit dem Jahr 2000 um 53’000, d.h. um knapp 27 Prozent zugenommen. Dreiviertel davon ist auf die Zunahme der psychischen Erkrankungen zurückzuführen. Deshalb sind vor allem diese Fälle nochmals zu überarbeiten. Es ist insbesondere zu untersuchen, ob auch in der Schweiz Gutachter und Ärzte bedroht wurden. Die Neuverrentung und die Invaliditätsquoten sind auch von Kanton zu Kanton immer noch sehr unterschiedlich. Basel-Stadt nimmt immer noch die Spitzenposition ein. Am sorgfältigsten gehen die Kantone Nidwalden und Zug mit der Sprechung von Invalidenrenten um. Auch diese kantonalen Unterschiede sind genauer zu untersuchen und Massnahmen zu ergreifen. Mich stört auch, dass die Neuverrentung gewisser ausländischer Bevölkerungsgruppen in der Schweiz immer noch mehr als doppelt so hoch ausfällt wie jene der Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Die anfangs dieser Woche neu erschienene IV-Statistik zeigt, dass im Jahre 2008 immer noch 38.3 Prozent der Neuverrentungen auf das Konto der Ausländer in der Schweiz gehen. Dieser Prozentsatz liegt weit über dem Bevölkerungsanteil. Zwei Nationalitäten fallen dabei besonders auf. Die Türken und die Einwanderer aus Ex-Jugoslawien. Auch hier gilt es anzusetzen. Dabei hat das zuständige Bundesamt insbesondere die Missbrauchsbekämpfungsbestrebungen auch im Ausland zu intensivieren. Wie wir vor einer Woche erfahren haben, werden die Missbräuche im Kosovo nicht einmal mehr untersucht, nachdem die damit betrauten Spezialisten an Leib und Leben bedroht wurden.
Die aufgezählten Beispiele zeigen: Auch nach der 5. IV-Revision bleibt viel zu tun. Nur wenn die IV ihre Missbrauchsbekämpfung ernsthaft intensiviert wird es möglich sein, für die Ausrichtung dieser wichtigen Sozialversicherungsleistungen eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden.