Seit bald 15 Jahren versucht der Bundesrat unentwegt, die Schweiz in die EU zu führen. Mit dem denkwürdigen Nein vom 6. Dezember 1992 hat das Schweizer Volk dank dem Widerstand der SVP den Beitritt…
Seit bald 15 Jahren versucht der Bundesrat unentwegt, die Schweiz in die EU zu führen. Mit dem denkwürdigen Nein vom 6. Dezember 1992 hat das Schweizer Volk dank dem Widerstand der SVP den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum verhindert. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Bundesrat den EWR im Vorfeld dieser Abstimmung zum „Trainingslager“ für die EU erklärte und zur Unterstreichung dieser Tatsache am 20. Mai 1992 in Brüssel auch gleich noch ein Beitrittsgesuch zur EU deponiert hat. Seither arbeiten der Bundesrat und die anderen Parteien nach dem Prinzip „steter Tropfen höhlt den Stein“ ständig daran, den Volkswillen zu brechen.
Das Beitrittsgesuch endlich zurückziehen
Mit dem hängigen Beitrittsgesuch wird der EU dauernd signalisiert, dass die Schweiz ihr früher oder später beitreten will. Mit dieser Vorgehensweise missachtet der Bundesrat aber den klaren Volkswillen. Immerhin hat das Schweizer Volk im Jahr 2002 den EU-Beitritt massiv abgelehnt, indem es der Initiative „Ja zu Europa“ mit 77 % Nein-Stimmen eine tüchtige Abfuhr erteilte. Man ist doch in Brüssel kein glaubwürdiger Vertragspartner für bilaterale Verträge, so lange gleichzeitig ein EU-Beitrittsgesuch hängig ist. Daher hat die SVP-Fraktion in der letzten Frühlingssession den Bundesrat mit einer neuen Motion zum wiederholten Male aufgefordert, im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit im Vorfeld zu den bevorstehenden Abstimmungen über Schengen/Dublin und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit, endlich ein klares Bekenntnis für einen rein bilateralen Weg abzugeben und wenigstens das EU-Beitrittsgesuch zurückzuziehen. Bisher erklärte der Bundesrat jeweils, er sehe keinen Nutzen und deshalb auch keine Notwendigkeit, das Beitrittsgesuch zurückzuziehen. Ein Rückzug schaffe nur unnötigen Erklärungsbedarf im Ausland. Warum eigentlich? – Hat der Bundesrat in Brüssel bereits versprochen, die Schweiz trete früher oder später der EU bei?
Über Bilaterale in die EU ist kein Ziel für die SVP!
Wie heute bei Schengen/Dublin hat die SVP schon seinerzeit als einzige Bundesratspartei den EWR-Vertrag bekämpft – und Recht erhalten. Der EWR ist längerfristig gesehen ein Auslaufmodell, und die 3 bestehenden EWR-Staaten werden der EU beitreten müssen. Einzige Alternative zum EU-Beitritt der Schweiz sind daher Bilaterale Abkommen, so wie es die SVP von Anfang an gefordert hat. Und dazu steht sie auch heute noch! Dies bedeutet aber nicht, dass wir allen von den Unterhändlern ausgehandelten bilateralen Abkommen, welche das Verhältnis Schweiz-EU regeln, einfach unbesehen zustimmen müssen und so Stück für Stück unser Selbstbestimmungsrecht zugunsten von EU-Recht und EU-Richtern preisgeben. Der bilaterale Weg bedeutet auch keineswegs, dass – wie vom Bundesrat geplant – am Ende der EU-Beitritt stehen muss. Bilaterale Verträge mit der EU sind lediglich dann abzuschliessen, wenn sie den berechtigten Interessen und der Unabhängigkeit unseres Landes dienen.
Die Ergebnisse der ersten Verhandlungsrunde mit der EU haben deutlich gezeigt, dass der bilaterale Weg nicht richtig angegangen wurde: Der Abschluss der Bilateralen I mit der EU brachte uns den freien Warenverkehr und ist deshalb grundsätzlich positiv zu bewerten. Daher hat die SVP an ihrer Delegiertenversammlung vom 15. April 2000 in Appenzell diesen 7 Abkommen mit 297 : 201 Stimmen zugestimmt. Die hohe Zahl an Nein-Stimmen aber zeigte, dass die Abkommen für unser Land nicht optimal ausgehandelt wurden. Man denke nur an das leidige Landverkehrsabkommen oder an das Dossier Personenfreizügigkeit. Dank einem entsprechenden Antrag der SVP hat das Schweizer Volk zumindest die Möglichkeit, im Jahre 2009 in einer Referendumsabstimmung über die Weiterführung des freien Personenverkehrs und damit über alle sieben Verträge der Bilateralen I noch einmal zu entscheiden und – wenn nötig – die Notbremse zu ziehen.
Keine vorschnelle Ausweitung der Personenfreizügigkeit
Bis zum Jahr 2009 sollte die Schweiz erst einmal Erfahrungen mit der am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Personenfreizügigkeit mit den 15 bisherigen EU-Staaten sammeln können. Da die Öffnung stufenweise erfolgt und die volle Freizügigkeit erst ab dem Jahre 2012 besteht, ist das volle Mass der Auswirkungen heute noch gar nicht richtig spürbar. Vergeblich hat die SVP in der Wintersession 2004 bei den Beratungen in den eidgenössischen Räten davor gewarnt, die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf die 10 neuen EU-Ostländer bereits jetzt zu beschliessen. Aus diesem Grund hat die SVP an ihrer letzten Delegiertenversammlung in La Chaux-de-Fonds die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit klar abgelehnt. Unsere Fraktion wollte im Nationalrat im Interesse der Wirtschaft und der Unternehmer den Entscheid über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit bis ins Jahr 2009 aufschieben, bis dahin die sich im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit der alten EU-Länder stellenden Probleme lösen und gleichzeitig der Wirtschaft in der Zwischenzeit dank höheren Kontingenten die benötigten Arbeitskräfte zugestehen. Die anderen Parteien haben dieses pragmatische Vorgehen aber abgelehnt, was zeigt, dass es diesen letztlich um den EU-Beitritt und gar nicht um die viel zitierten Interessen der Wirtschaft geht.
Kündigung der Bilateralen I – ein Schreckensgespenst des Bundesrates
Der Bundesrat droht im Vorfeld der bestehenden Abstimmungen vom Juni und September, die EU würde bei einem Nein zur Ausweitung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die EU-Oststaaten auch das Freizügigkeitsabkommen mit den 15 alten EU-Staaten aufkünden. Damit würden – wegen der Guillotine-Klausel – die gesamten Bilateralen Verträge I dahinfallen. Zwar ist es richtig, dass sämtliche Abkommen der Bilateralen I miteinander gekoppelt sind, und dass bei der Kündigung eines Vertrages sämtliche sieben Abkommen der Bilateralen I dahinfallen. Doch diese Drohung, ist nur in der Schweiz und nur vom eigenen Bundesrat zu hören. Die EU – dies bestätigen Gespräche mit hohen EU-Beamten – hütet sich, solche Drohungen auszusprechen. Im Gegenteil, die EU hat der Schweiz bei den Verhandlungen über das Personenfreizügigkeitsabkommen mit den alten EU-Staaten garantiert, dass das Parlament und damit auch das Volk über die Ausdehnung der Freizügigkeit auf neue Staaten wiederum entscheiden könne. Eine Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit den alten EU-Ländern und damit der Bilateralen I bedarf auf Seiten der EU eines einstimmigen Beschlusses aller 15 alten Mitgliedsländer und nicht nur eines Mehrheitsentscheides. Allein schon deshalb ist das vom Bundesrat hervorbeschworene Schreckgespenst einer solchen Kündigung unrealistisch. Diverse alte EU-Länder – insbesondere Deutschland und Frankreich – profitieren schon heute von der Personenfreizügigkeit mit der Schweiz und werden diese sicher nicht mehr preisgeben. Zudem müssten Österreich und Frankreich im Fall einer Kündigung und damit dem gleichzeitigen Wegfall des Landwirtschaftsabkommens mit einer Rückverlagerung des Transitverkehrs mitsamt den 40-Tönnern über den Brenner und Mont Blanc rechnen. Im Übrigen ist unserem Parteipräsidenten ein eMail der economiesuisse-Vertretung in Brüssel an deren Zentrale in Zürich zugestellt worden. Darin wird nach Zürich gemeldet, die EU werde die Bilateralen I auch bei einem „Nein“ zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit nicht kündigen. Wörtlich steht auch, dass man aber davon der SVP nichts sagen solle. All dies zeigt deutlich, dass dem Bundesrat jedes Mittel recht ist, um die eigene Bevölkerung einzuschüchtern und damit das Ziel eines EU-Beitrittes – wenn auch in Raten – durchzusetzen.
Dass der Bundesrat die Bilateralen Verträge I nie als echte Alternative für einen EU-Beitritt sah, zeigt sich in der Aussage von Bundesrätin Dreifuss, die sie im Jahre 1999 als Bundespräsidentin in einem Spiegel-Interview (5/99) machte: “ Der Bundesrat hat die Absicht, Verhandlungen über einen EU-Beitritt aufzunehmen, sobald die bilateralen Verträge in einer Volksabstimmung angenommen worden sind“. Bundesrat Leuenberger hat in der Frankfurter Rundschau vom 2. Februar 2001 offen erklärt: „Je mehr Hürden wir abbauen, desto selbstverständlicher kann der EU-Beitritt später vollzogen werden“. Und auch Im Bericht des Perspektivstabes der Bundesverwaltung über die „Herausforderungen 2003 – 2007: Trendentwicklungen und mögliche Zukunftsthemen der Bundespolitik“, welcher dem Bundesrat als Planungsgrundlage dient, heisst es unter dem Kapitel Aussenpolitik: „Die Frage des Beitritts zur europäischen Union bleibt dabei die grosse Herausforderung“.
Die Bilateralen II und Schengen
Dem Bundesrat kam es wohl sehr gelegen, dass die EU, noch bevor die Bilateralen I in Kraft gesetzt wurden, unseren Finanzplatz unter dem Vorwand der Bekämpfung von Steuerflucht und Geldwäscherei unter Druck zu setzen begann und die Schweiz aufforderte, sich ebenfalls an einem System eines automatischen Informationsaustausches zu beteiligen. Allzu rasch war der Bundesrat zu erneuten Verhandlungen bereit und verlangte, auch über die so genannten „Left-overs“ (= Überbleibsel) aus den Bilateralen I zu diskutieren. Während derselbe Bundesrat noch in der Botschaft ans Parlament über die Bilateralen I vom 23. Juni 1999 auf Seite 5 ausdrücklich festhielt, der Beitritt zu Schengen/Dublin stelle einen massiven Souveränitätsverlust dar und komme deshalb für bilaterale Verhandlungen nicht in Frage, forderte er nun bei der EU plötzlich Verhandlungen über eine Zusammenarbeit bei Polizei, Justiz, Asyl und Migration. Bundesrätin Metzler verkündete dazu in Brüssel sogar, dass sich „die Schweiz bewusst sei, dass sie die Bestimmungen des Schengener Abkommens vollumfänglich übernehmen müsse“. Dieses Vorgehen zeigt: Weder handfeste Risiken noch negativ ausfallende Kosten-/Nutzen-Analysen konnten die bundesrätliche EU-Begeisterung bremsen. Die bilateralen Verhandlungen werden schlicht und einfach dazu missbraucht, das Volk früher oder später vor den Sachzwang eines EU-Beitrittes zu stellen. Anlässlich seines Besuches in der Schweiz von anfangs März 2002 hat der deutsche Wirtschaftsminister Werner Müller erklärt, dass die Schweizer mit der EU so viele bilaterale Verträge abschliessen werden, bis sie schliesslich der EU beitreten werden, ohne es zu merken. Der deutsche Wirtschaftsminister hat die Absicht des Bundesrates voll durchschaut.
Verpasste Chance eines „Schengen light“
Weil die EU unbedingt über die Zinsbesteuerung und die Betrugsbekämpfung verhandeln wollte, willigte sie auch ein, über Schengen/Dublin zu verhandeln, obwohl dieses Abkommen bisher nur für EU-Staaten (oder – wegen der Passunion von Norwegen mit Schweden – auch EWR-Mitgliedern) offen stand. Nachdem die EU aber ein derart grosses Interesse an einer Zinsbesteuerung hatte, hätte die Schweiz die Gunst der Stunde nutzen und ab Beginn der neuen Verhandlungsrunde einen „Schengen light“-Vertrag fordern müssen, der sich auf den Zugang unseres Landes zum System SIS beschränkt hätte. Wenn der Bundesrat heute erklärt, ein „Schengen light“ wäre nicht zu haben gewesen, so ist das eine Farce. Er wollte das gar nicht, da er einen EU-Beitritt anstrebt. Nachdem der Bundesrat während den Verhandlungen stets vom Ziel eines ausgewogenen Verhandlungsergebnisses sprach, so wäre zu erwarten gewesen, dass er im Gegenzug für die Zinsbesteuerung und Betrugsbekämpfung mindestens gleichwertige Vorteile für die Eidgenossenschaft ausgehandelt hätte. Das wäre mit „Schengen light“ der Fall gewesen. Doch mit der Übernahme des gesamten Dossiers Schengen/Dublin wurde ein Vertrag unterzeichnet, welcher elementare Grundwerte der Demokratie und der Souveränität aushöhlt. Unser Land wird nämlich mit dem so genannten Schengener acquis faktisch gezwungen, in diesem wichtigen Bereich für die innere Sicherheit künftiges EU-Recht zu übernehmen. Damit wird klar, dass der Bundesrat mit Schengen und den bilateralen Verträgen dem EU-Beitritt um jeden Preis einen Schritt näher kommen will. In diesem Sinne äusserte sich auch Bundesrätin Calmy-Rey an ihrer Pressekonferenz vom 24. April 2003 und erklärte, die bilateralen Verhandlungen II entsprächen der längerfristigen Europastrategie des Bundesrates. Mit einer Intensivierung der bilateralen Beziehungen zur europäischen Union könnte der Boden für den EU-Beitritt bereitet werden. Höhepunkt der Vorbereitung dieses Saatbeetes war schliesslich die bundesrätliche Zusicherung, der EU in den Jahren 2006 bis 2011 jährlich Fr. 200 Mio., also total 1 Mrd. Franken als Kohäsionsbeitrag an die neuen EU-Länder zu zahlen. Mit dieser Zusage wurde schliesslich der Abschluss der Verhandlungen erkauft.
Bilaterale II ja – aber ohne Schengen!
Die Bilateralen II bilden ein Vertragswerk aus 9 Dossiers, die im Gegensatz zu den Bilateralen I nicht miteinander gekoppelt sind. Daher ist es auch möglich gewesen, nur gegen die heikelsten Dossiers Schengen / Dublin und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit ein Referendum zu ergreifen, um diese dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten. Die übrigen Dossiers treten ohne Volksabstimmung in Kraft.
So hat sich die Schweiz mit dem Zinsbesteuerungsabkommen zwar gegen den Druck der EU gewehrt. Statt des Informationsaustausches verpflichtete sich unser Land, eine Zahlstellensteuer einzuführen, die ähnlich wie unsere Verrechnungssteuer funktioniert. Die Schweiz erhebt eine Steuer auf den Zinserträgen der ausländischen Anleger und muss 75% davon an die betreffenden EU-Staaten abliefern, ohne die Namen der Kontoinhaber zu nennen. Die Schweiz wird damit als einziges Land auf dieser Erde zur Steuereintreiberin für die EU, kann aber wenigstens ihr Bankkundengeheimnis wahren. Doch schon hört man von einzelnen EU-Staaten wie Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien und Schweden in Form von einseitigen Erklärungen, die Zahlstellensteuer sei keine dauerhafte Lösung – Endziel sei der Informationsaustausch. Akzeptiert wurde auch das Dossier über die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte, weil dieses Abkommen der Landwirtschaft und der verarbeitenden Industrie gewisse Vorteile bringt. Schwierig abzuschätzen sind allerdings die Folgen des Betrugsbekämpfungsdossiers auf unser Bankkundengeheimnis, da dieses damit für den Bereich der indirekten Steuern (also der MWSt. etc.) ausser Kraft gesetzt wird. Die übrigen Abkommen betreffend Ruhegehälter von EU-Beamten, Umwelt, Statistik, Bildung und Jugend sowie Medien bringen der Schweiz kaum Nutzen, aber vor allem Kosten und bürokratische Umtriebe. Doch sind diese Verträge für unser Land trotzdem weniger problematisch.
Nein zu einem EU-Beitritt heisst nein zu Schengen!
Dies gilt für das Dossier Schengen/Dublin nicht. Das Abkommen bedeutet eine Preisgabe unseres Selbstbestimmungsrechtes – eine Kapitulation vor der eigenen Verantwortung und letztlich in wichtigen Bereichen einen Teil-Beitritt zur EU. Es liegt daher nicht im Interesse unseres Landes. Nachdem weder der Bundesrat noch das Parlament bereit waren, dieses Abkommen dem obligatorischen Referendum zu unterstellen, hat die SVP das Referendum ergriffen und am letzten Donnerstag der Bundesverwaltung über 85’000 Unterschriften abgegeben. Dank der SVP wird nun das Volk am 5. Juni über dieses weit reichende Dossier abstimmen können.
Noch vor diesem Urnengang hat Bundesrat Deiss am 26. Januar 2005 in der Handelszeitung für das Jahr 2006 die Veröffentlichung eines Berichtes über die möglichen Konsequenzen eines EU-Beitrittes der Schweiz angekündigt. Damit will er erneut die Diskussion über einen EU-Beitritt zu lancieren. Mit einem Ja zu Schengen/Dublin würde dieses Ansinnen zusätzlich Auftrieb erlangen. Deshalb geht es bei der Abstimmung über Schengen/Dublin letztlich darum, mit einem Nein endlich der bundesrätlichen EU-Strategie eine Absage zu erteilen, um ein souveränes, unabhängiges Land zu bleiben.