Wie wurde doch die SVP verhöhnt, als sie vor fünf Jahren mit einer Frau, die kalt duschen musste, auf die mögliche Strommangellange hinwies und gegen die auf frommen Wünschen basierende Energiestrategie 2050 kämpfte. Die damalige Bundesrätin, Doris Leuthard, kanzelte alle Kritiker der Energiestrategie richtiggehend ab und machte fahrlässige Aussagen wie: «Unsicherheit gibt es insofern nicht, als man in allen europäischen Staaten in den nächsten 20 Jahren eine genügende Stromproduktion haben wird.» Heute wissen wir nur zu gut, dass sie sich getäuscht hat. Paradoxerweise nimmt ausgerechnet der deutsche grüne Wirtschaftsminister Habeck das Dusch-Beispiel auf und sagt ganz in SVP-Manier, man müsste jetzt weniger lang duschen, um nicht zu viel Strom zu verbrauchen.
Die von der SVP bei der Abstimmung über die Energiestrategie 2050 eingebrachten kritischen Argumente werden heute allesamt bestätigt.
Es ist eine schlichte Verkennung von Tatsachen, wenn heute behauptet wird, eine mögliche kurzfristige Strommangellage hätte nichts mit der Energiestrategie 2050 zu tun. Mit der Energiestrategie 2050 haben wir uns dermassen geschwächt und vom Ausland abhängig gemacht, dass im Winter fehlende Gasimporte den letzten Tropfen darstellen könnten, der das Fass zum Überlaufen bringt und den Beginn einer Energiemangellage markiert. Dies aber nur deshalb, weil wir die Hausaufgaben nicht gemacht haben. Niemand wird sich zur Behauptung versteigen, der Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg hätte etwas mit dem Ukrainekrieg zu tun.
Ich bin mir bewusst, dass Recht zu haben, letztlich nicht viel bringt. Diese Geschichte ist aber nötig, um jetzt die richtigen Schlüsse zu ziehen. Denn es gibt immer noch Leute, die behaupten, die Energiestrategie 2050 sei das Mass aller Dinge, es müsste nur schneller vorwärts gemacht werden.
Ich bin aber überzeugt, dass sich die enorme Menge an zusätzlich notwendigem Strom nicht einfach über neue erneuerbare Energien realisieren lässt – oder nur mit sehr hohen Kosten, die volkswirtschaftlich keinen Sinn machen und zu Lasten unserer Natur. Denn wir müssten unser ganzes Land verschandeln und für den Tourismus unattraktiv machen, indem wir entweder flächendeckend Solarpanels auf Wiesen und Bergketten installieren oder die besagten 1000 Windkraftwerke bauen. Das darf es nicht sein. Dieser Preis ist für mich zu hoch. Dies, zumal wir dann im Winter trotzdem ein Versorgungsproblem hätten, weil das Problem der fehlenden Speichermöglichkeiten noch immer nicht gelöst ist.
Ökologische Produktion ist nur mit Kernkraft möglich
Nun, wo liegt jetzt die Lösung der SVP, die sie seit immer propagiert? Die Erstellung einer ökologischen, wirtschaftlichen und sicheren Stromversorgung lässt sich einfach realisieren.
Es ist richtig, das Potential der Solarenergie oder der Biogasanlagen, das noch lange nicht ausgeschöpft ist, weiter voranzutreiben. Denn jede zusätzliche Kilowattstunde Strom trägt zur Problemlösung bei. Dies, damit rasch der nötige Zubau für die kurzfristig fehlende Produktion realisiert werden kann. Es braucht dazu aber zwingend die 15 Projekte des runden Tisches Wasserkraft, damit die nötige Speicherkapazität für die Transformation des Stroms in den Winter auch realisiert werden kann.
Mittelfristig ist sicherzustellen, dass die bestehenden Kernkraftwerke so erhalten werden, dass sie noch möglichst lange am Netz behalten werden können.
Langfristig gibt es drei Optionen, um die enorme zusätzliche Menge an Strom sicherzustellen. Das sind Direktimporte von Strom oder Import von Gas und die Erstellung von Gaskraftwerken in der Schweiz. Beides kann langfristig kaum eine Lösung sein für eine sichere Stromproduktion, wie der aktuelle Ukrainekrieg zeigt.
So bleibt nur die dritte Option. Das ist letztlich die Kernkraft, die deutliche Fortschritte macht und auch in der Schweiz wieder ermöglicht werden muss. Denn die ökologische Produktion ist nur mit Kernkraft möglich. Sie alleine bietet die ausreichende Bandenergie, ohne dass ganze Landschaftsstriche zerstört werden müssen. Ich bin mir dabei bewusst, dass dies eine absolut langfristige Strategie ist. Unsere Politikergeneration muss den ersten Schritt machen weg von den Träumereien und der Ideologie eines Technologieverbots. Dieses ist rasch aus dem Kernenergiegesetz zu streichen, dann wird in der Schweiz wieder geforscht, dann besteht die Grundlage, dass ab dem Jahr 2040/2050 die bestehenden Kernkraftwerke durch neue ersetzt werden können, die auch einen Teil des zusätzlich notwendigen Stroms liefern werden.
Das Technologieverbot ist aufzuheben
Die Erweiterung der Stromproduktion ist wohl eine der grössten Herausforderungen unseres Landes, ist aber dringend nötig, wenn die Dekarbonisierung weitergehen soll. Die Schweiz braucht rund 200 Terawattstunden Energie. Davon macht die heutige Stromproduktion 60 Terawattstunden aus. Unter Abschätzung möglicher zusätzlicher Effizienzsteigerung der Technologien braucht es für den Ersatz der 140 Terawattstunden fossiler Energieträger mindestens 60 Terawattstunden an zusätzlichem Strom. Es ist sehr wichtig, dass die Schweizer Politik in Aussicht stellt, dass diese Produktion dereinst möglich ist. Nur so findet die Elektrifizierung im Verkehr oder im Gebäudebereich auch tatsächlich statt.
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass das Parlament angehalten ist, im Rahmen des Mantelerlasses klare Beschlüsse zu fassen, die ein rasches Erstellen der zusätzlichen Wasserstromspeicherkapazitäten ermöglichen, damit diese nicht wie aktuell weiter von Partikularinteressen im Bereich des Naturschutzes verhindert werden. Gleichzeitig ist, um die richtige Technologie für die Zukunft wählen zu können, das Technologieverbot der Kernkraft aus dem Kernenergiegesetz zu streichen. Ich bin überzeugt, dass, wenn in diesen Bereichen jetzt die richtigen Jalons gesteckt werden, wir wieder zurück zur bewährten, sicheren, ökologischen und wirtschaftlichen Schweizer Stromproduktion kommen werden.