Referat

SVP lehnt ein landwirtschaftliches Freihandelsabkommen mit der EU ab

Die Landwirtschaft in der Schweiz wurde bisher immer als Teil der Wirtschaft behandelt. Mit dem ungewissen Ausgang der WTO Runde sowie mit den Folgen eines letzte Woche vom Bundesrat beschlossenen EU-

Jean-François Rime
Jean-François Rime
Nationalrat Bulle (FR)

Die Landwirtschaft in der Schweiz wurde bisher immer als Teil der Wirtschaft behandelt. Mit dem ungewissen Ausgang der WTO Runde sowie mit den Folgen eines letzte Woche vom Bundesrat beschlossenen EU-Agrarfreihandelsabkommens scheint dies in Zukunft nicht mehr der Fall zu sein.

Wichtigste Ziele eines Freihandelabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich müssten eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft und sinkende Preise für die Schweizer Konsumenten sein. Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft lässt sich aber dadurch kaum verbessern, weil sich das hohe Kostenniveau der Landwirtschaft mit einem Freihandelsabkommen, wenn überhaupt, nur sehr bedingt senken lässt. Es ist – wie in anderen Wirtschaftsbranchen auch – primär durch die höheren Lohn- und teureren Investitionskosten verschuldet Dazu kommen eigene, Kosten treibende und höhere Auflagen an die Landwirtschaft in allen Bereichen, die durch einen Freihandelsvertrag ebenfalls nicht abgebaut werden. Letztes Beispiel dafür sind etwa die vom Bundesrat beschlossenen Partikelfilter für Traktoren. Es geht ja wohl nicht an, auf der einen Seite mit einem Freihandelsabkommen harmonisieren zu wollen, gleichzeitig aber ständig neue Spezialregelungen und Auflagen zu schaffen. Ein Freihandel verbessert also die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Landwirtschaft nicht. Das politische Schlagwort „Parallelimporte“ – die SVP lehnt das ab – ist eine Täuschung. Die Bauern geben in der Schweiz beispielsweise ein Mehrfaches von dem für Energie aus was sie für Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutzmittel aufwendet. Und während die Kostentendenz für letztere in den letzten Jahren immer etwa gleich geblieben ist, steigen die Energiekosten wegen unseren diversen Steuern, Abgaben und Gebühren markant an. In die gleiche Kategorie fällt auch die LSVA. Diese Abgabe wird zu 75 % vom inländischen Warenverkehr bezahlt; Kosten, die im Endeffekt die Landwirtschaft mit tieferen Margen und die Konsumenten mit höheren Preisen zu bezahlen haben.

Die Preise für die Konsumenten sind aber nur bedingt betroffen, importieren wir doch schon heute 45 % aller Lebensmittel. Die Lebensmittelverarbeitung und der Detailhandel kämpfen mit den gleichen Problemen. Obwohl die Landwirtschaft ihre Produkte in den letzten 12 Jahren um 25 % oder – in Franken ausgedrückt – um rund 2,5 Milliarden günstiger lieferte, bezahlte der Konsument im gleichen Zeitraum 15 % mehr für seine Lebensmittel. Da stimmt etwas nicht, was aber nicht mit einem Freihandelsvertrag gelöst werden kann. Hier lenkt die Branche von eigenen Problemen und ab und erhofft sich einen Aufschub zur Lösung der Hausaufgaben. Der Freihandel löst keine eigenen Strukturprobleme.

Bei der Diskussion um einen möglichen Freihandelsvertrag dürfen wir nicht alleine über Agrarpolitik diskutieren. Vielmehr ist das Geschäft von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der Bundesrat will ja bekanntlich die vor- und nachgelagerten Branchen in diesen Freihandel einbeziehen, ohne zu definieren oder zu wissen, was dies bedeutet. Im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen mit den USA zirkulierten Zahlen, die von einem Verlust von über 100’000 Arbeitsplätzen in der Schweiz ausgingen. Diese Zahl dürfte auch für einen Freihandelsvertrag mit der EU relevant sein. Im Klartext: Wir exportieren mit einem solchen Abkommen Arbeitsplätze aus der Landwirtschaft, den vorgelagerten Branchen und der Lebensmittelindustrie ins kostengünstigere Ausland. Wir exportieren nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Wertschöpfung. Ist das tatsächlich der Sinn und Zweck unserer Volkswirtschaft?

Mit einem Freihandel werden unsere Spiesse nicht etwa gleich lang, sondern eindeutig kürzer. Der Druck für billige Einfuhren wird zunehmen, ohne dass sich für die Schweizer Nahrungsmittelindustrie gleichwertige Exportchancen für qualitativ hochwertige Produkte eröffnen. Zurzeit gelingt es beim Käsefreihandel, eine Branche die seit 100 Jahren exportiert, das Verhältnis Import/Export ausgeglichen zu gestalten. Den Bauern hat man damals bei den Bilateralen I aber versprochen, sie könnten die Milchmenge bis 2007 um 20 % ausdehnen. Davon ist heute keine Rede mehr.

Ein Freihandelsvertrag mit der EU würde zudem die Position der Schweiz bei den WTO-Verhandlungen schwächen. Es ist auch für Laien absehbar, dass die Schweiz nicht nur gegenüber der EU weitgehende Zugeständnisse machen müsste. Interessiert an einem Freihandel für Agrargüter und Lebensmittel ist aber zweifelsohne die EU. Die Schweiz ist schon heute einer der wichtigsten Exportmärkte der EU für Agrargüter. Zudem ist nicht auszuschliessen, dass die Schweiz in den Verhandlungen wiederum in anderen Dossiers zur Kasse gebeten wird. Einen Freihandel kann nur fordern, wer den EU-Beitritt anstrebt. Den Bauern soll damit offensichtlich das Rückgrat des Widerstandes gegen einen EU-Beitritt gebrochen werden. Mit weiteren institutionellen Bindungen an die EU kommt der Bundesrat seinem EU-Beitrittsziel einen Schritt näher.

Die SVP fordert den Bundesrat auf, die explorativen Gespräche mit der EU nicht aufzunehmen. Es besteht dafür keine Notwendigkeit. Vielmehr ist eine eigenständige Politik für die Landwirtschaft, den ländlichen Raum und die vor- und nachgelagerten Branchen zu gestalten.

Jean-François Rime
Jean-François Rime
Nationalrat Bulle (FR)
 
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