Der Titel der Vorlage – Unternehmenssteuerreform III – tönt vielleicht etwas technisch. Aber unterschätzen wir sie nicht. Sie hat direkt oder indirekt für uns alle grosse Auswirkungen. Es geht um die Sicherung von Steuereinnahmen und um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Und es geht darum, dass wir auch in unseren internationalen Beziehungen das Heft wieder in die eigene Hand nehmen können.
Die Bedeutung des globalen Standortwettbewerbs
Beginnen wir vorne: Unternehmen optimieren Steuern. Denn je höher die Steuern, desto kleiner der Gewinn. Das heisst, es bleibt weniger für Forschung, Entwicklung und Investitionen. Weniger für Löhne und weniger für Ausschüttungen. Sind also die Steuern an einem Ort hoch, wandern Unternehmen ab an Orte, wo sie weniger bezahlen müssen. Sie suchen auch international nach dem besten Standort. Und weil die moderne Wirtschaft immer globaler wird und die Unternehmen mobiler, reagieren Unternehmen immer sensibler auf das Steuerklima. Wir sehen das innerhalb der Schweiz am Beispiel des Kantons Zug. Mit tiefen Steuern zieht er erfolgreiche Unternehmen und damit gute Steuerzahler an. Dieser Wettbewerb der Standorte spielt auch weltweit. Die Schweiz, aber auch einige andere Länder in Europa, bieten attraktive Bedingungen. Logischerweise investieren Unternehmen dort, wo sie die besten Bedingungen haben. Und Steuern sind dabei ein wesentlicher Faktor.
Wir sind für diesen internationalen Standortwettbewerb gut aufgestellt. Wir haben eine gute Infrastruktur, wir haben gut ausgebildete Arbeitnehmer, wir haben Rechtssicherheit, wir haben ein politisch stabiles System. Und wir haben Steuersätze, die nicht so hoch sind, wie in andern Ländern, weil wir vergleichsweise einen verhältnismässig schlanken Staat haben und nicht hoch verschuldet sind.
Wir profitieren alle davon, dass die Schweiz ein attraktiver Standort ist. Unternehmen bezahlen Steuern hier, sie investieren hier, sie stellen Leute ein. Sie schaffen Wohlstand.
Allerdings dürfen wir uns als Wirtschaftsstandort nicht auf den Lorbeeren ausruhen: In den letzten Jahren sind auch bei uns die Einnahmen der öffentlichen Hand stärker gewachsen als die Wirtschaft: Die Steuerquote ist zwischen 1990 und 2014 von 18.2% auf 20.3% gestiegen.
Ich will daran erinnern, dass auch die öffentliche Hand von tiefen Steuern profitiert. Wir nehmen mehr Steuern ein, wenn wir viele florierende Unternehmen moderat besteuern können, als wenn wir diese mit hohen Steuern vertreiben und so hervorragende Steuerzahler verlieren. Auch für Gemeinde, Kantonen und Bund zahlt es sich aus, wenn sich Unternehmen bei uns ansiedeln. Die Steuern von juristischen Personen wachsen viel stärker als diejenigen von natürlichen Personen. Seit 1990 sind sie um mehr als die Hälfte stärker gewachsen. Das kommt uns allen zugute.
Die Vorgeschichte der Unternehmenssteuerreform III
Nun ist aber international gesehen viel in Bewegung geraten: Die Globalisierung bringt Veränderungen. Auch was Regulierungen, was internationale Vereinbarungen, was Vorschriften für Transparenz, was Standards für Besteuerung usw. betrifft. Diese Entwicklung hat eine hohe Dynamik und ein Ende ist nicht absehbar.
Zu einem gewissen Grad haben sich das grosse Konzerne selbst zuzuschreiben. Es ist eine Folge der Finanz- und Schuldenkrise und unter anderem auch die Antwort auf überzogene Saläre und Boni sowie auf hohe Risiken, die beispielsweise Banken eingegangen sind.
Es handelt sich dabei aber auch um einen internationalen Kampf um Ressourcen. Es ist wichtig, dass wir die grossen Linien sehen: Staaten kämpften schon immer um Ressourcen. Ein grosser Teil der Geschichte dreht sich darum. Steuersubstrat ist auch eine Ressource. Staaten brauchen Steuersubstrat. Und überschuldete Staaten brauchen vor allem Steuersubstrat.
Schweizer Kantone haben Steuerordnungen, die insbesondere für Holding- und Verwaltungsgesellschaften attraktiv sind. Das hat dazu beigetragen, dass sich viele erfolgreiche Unternehmen hier ansiedelten. Allerdings hatte dieser kantonale Steuerstatus auch zur Folge, dass ausländische Konzerne prozentual weniger Steuern zahlen als ein Schweizer Unternehmen; sie sind gewissermassen privilegiert.
Unter dem Druck der G20, der OECD und der EU müssen die Kantone diese Regelungen nun anpassen. Das ist die Vorgeschichte der Unternehmenssteuerreform III.
Aus der Not eine Tugend machen
Unsere Antwort ist klar: Wir machen aus der Not eine Tugend. Wir führen neue Regelungen ein, die international ebenso attraktiv sind, aber nicht umstritten. Denn wir wollen weiterhin zu den weltattraktivsten Wirtschaftsstandorten gehören. Wir verteidigen unseren Wohlstand.
Wenn die Kantone also ihre bisherigen Steuerstatus aufgeben und wir sonst nichts tun würden, dann müssten betroffene Unternehmen massiv mehr Steuern bezahlen. Wir riskieren somit, dass sie abwandern. Denn wie gesagt, in einer globalisierten Weltwirtschaft ist der Sitz eines Unternehmens relativ schnell verlegt. Die Folgen wären für uns einschneidend: Die kantonalen Statusgesellschaften beschäftigen derzeit rund 150‘000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz. Auf Kantons- und Gemeindeebene tragen sie 20 Prozent zu den Steuereinnahmen bei. Auf Bundesebene beträgt ihr Anteil an den Gewinnsteuern fast 50 Prozent. Zudem tätigen sie beinahe die Hälfte aller Forschungsausgaben.
Wir müssen also eine Lösung finden, damit wir nicht mit hohen Steuern Unternehmen vertreiben und so Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen verlieren.
Mit der Unternehmenssteuerreform III machen wir zweierlei: Erstens verschaffen wir den Kantonen den Spielraum, ihre Unternehmenssteuern zu senken. Und zweitens schaffen wir steuerliche Abzugsmöglichkeiten für innovative Unternehmen, um diese möglichst in der Schweiz zu behalten. Auf diese beiden wesentlichen Elemente der Reform möchte ich näher eingehen.
Finanzpolitische Massnahmen
Ich beginne mit der Steuersenkung: Entscheidend für ein Unternehmen ist die allgemeine Steuerbelastung. Diese wird bestimmt durch den Gewinnsteuersatz der direkten Bundessteuer und jenem des Kantons. Das heisst, sie ist von Kanton zu Kanton verschieden.
Mit dieser Reform werden nun alle gleich besteuert: Statusgesellschaften werden dann gleichviel bezahlen wie normale Gesellschaften.
Das heisst, dass einige Kantone ihre Steuern reduzieren müssen, wenn sie verhindern wollen, dass sie gute Steuerzahler ans Ausland verlieren. Aber sie reduzieren die Steuerbelastung dann für alle. Es profitieren also nicht nur wie bisher die ausländischen Gesellschaften, sondern auch die andern, also normale Schweizer Unternehmen, namentlich KMU. Unter dem Strich bedeutet das: Bisherige Statusgesellschaften werden stärker belastet als bisher, normale Unternehmen dagegen weniger. Wichtig ist, dass am Ende die allgemeine Steuerbelastung im internationalen Vergleich attraktiv bleibt.
Damit die Kantone ihre Steuern senken können, verschafft der Bund ihnen finanzpolitischen Handlungsspielraum: Die Kantone erhalten einen höheren Anteil an der direkten Bundessteuer. Dieser wird von 17 Prozent auf 21.2 Prozent erhöht. Es fliesst somit Steuergeld im Umfang von rund 900 Millionen Franken, das bisher in die Bundeskasse geflossen ist, neu in den Haushalt der Kantone.
Während 7 Jahren wird zusätzlich ein Betrag von 180 Millionen Franken an die ressourcenschwächsten Kantone verteilt.
Mit diesen beiden Massnahmen stärken wir den Kantonen finanzpolitisch den Rücken. Das gibt ihnen die Möglichkeit, die Steuern so zu senken, dass sie international wettbewerbsfähig bleiben. Wie weit die Kantone ihre Steuern senken, welche Standort- und Steuerpolitik sie betreiben, dass bestimmen die Kantone selbst – ganz entsprechend unserer föderalistischen Tradition.
Steuerpolitische Massnahmen
Ich komme zum zweiten Element der Reform, zur Innovationsförderung. Weil für bisherige Statusgesellschaften die Steuern ansteigen werden, schaffen wir für innovative und kapitalintensive Unternehmen als Ausgleich drei neue Abzugsmöglichkeiten:
Patentbox: Ein Patent ist ein Schutzrecht für eine Erfindung. Es verhindert für eine gewisse Zeit, dass andere diese Erfindung kopieren. Mit einer Patentbox wird der Gewinn aus Patenten und vergleichbaren Rechten vom übrigen Gewinn getrennt und reduziert besteuert. Sie wird für alle Kantone eingeführt.
Erhöhte Abzüge für Forschung und Entwicklung: Die tatsächlichen Kosten für die Forschung und Entwicklung können bereits unter dem geltenden Recht vom steuerbaren Gewinn abgezogen werden. Die Massnahme erlaubt nun für steuerliche Zwecke einen Abzug dieser Kosten, der höchstens zur Hälfte grösser sein kann als die tatsächlichen Kosten. Die Kantone entscheiden selbst, ob sie diesen Abzug in ihrem Steuerrecht einführen wollen. Wir geben ihnen die Möglichkeit dazu.
Zinsbereinigte Gewinnsteuer auf überdurchschnittlichem Eigenkapital: Zinsen auf Fremdkapital, also Schuldzinsen, können schon heute bei den Steuern abgezogen werden. Neu wird Fremd- und Eigenkapital gleich behandelt. Auf dem überdurchschnittlichen Eigenkapital, also dem Eigenkapital, das Sicherungszwecken dient, sollen kalkulatorische Zinsen in Abzug gebracht werden können. Wir können von einem Eigenkapitalzinsabzug sprechen. Dieser Abzug gilt für den Bund und ist fakultativ für die Kantone.
Mit diesen drei Massnahmen entlasten wir insbesondere innovative Unternehmen, die viel in die Forschung investieren. Wir haben dabei eine Entlastungsbegrenzung vorgesehen: Diese liegt bei 80 Prozent des Reingewinns.
Fazit
Ich fasse zusammen: Nachdem die Schweiz in den vergangenen Jahren teilweise international unter Druck geraten ist, nehmen wir jetzt das Heft wieder selbst in die Hand.
Die Kantone verzichten auf den umstrittenen Steuerstatus für Holding- und Sitzgesellschaften. Das allein wäre ein grosser Schlag für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Für viele Unternehmen würde die Steuerlast massiv ansteigen. Sie würden ins Ausland abwandern. Bei uns gingen Steuern, Arbeitsplätze und Investitionen verloren.
Darauf reagieren wir. Wir ersetzen die umstrittenen Steuerregelungen durch unbestrittene. Und wir verschaffen den Kantonen Handlungsspielraum, um ihre Unternehmenssteuern zu senken. Das ist eine Investition in die Zukunft. So bleiben wir ein konkurrenzfähiger, attraktiver Wirtschaftsstandort, der weltweit weiterhin an der Spitze steht.
Darum bitte ich die Bürgerinnen und Bürger, der Vorlage zuzustimmen – es ist wichtig für unser Land!