Die Geschichte der Mutterschaftsversicherung ist mittlerweile lang und sie zeigt vor allem eines: Der Verfassungsauftrag…
von Landrätin Michèle Blöchliger, Hergiswil (NW)
Die Geschichte der Mutterschaftsversicherung ist mittlerweile lang und sie zeigt vor allem eines: Der Verfassungsauftrag ist längst erfüllt und doch gibt es immer wieder Leute, die dies nicht wissen oder nicht einsehen wollen.
Nach dem zweiten Weltkrieg, am 25. 11. 1945, wurde vom Volk an der Urne mit 76,3 Prozent Ja-Stimmen die Aufnahme eines Artikels über den Familienschutz in der Bundesverfassung befürwortet. Darin wurde unter anderem die Einrichtung einer Mutterschaftsversicherung vorgesehen. Die Abstimmung war geprägt von der Tatsache, dass es zu dieser Zeit keine Absicherungen für Mütter, auch keine obligatorische Krankenversicherung gab. Nachdem der Vorentwurf für eine entsprechende Gesetzesvorlage nie ins Parlament kam, gelangten dafür zwei Vorlagen zur Einführung einer Mutterschaftsversicherung vors Volk. Die eidg. Volksinitiative „für einen wirksamen Schutz der Mutterschaft“ wurde 2.12.1984 vom Volk mit 84,2 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. Ebenso deutlich mit 71,3 Prozent Nein-Stimmen wurde die Änderung des Bundesgesetzes für die Krankenversicherung, welches ein Taggeld für Mütter während 16 Wochen vorsah am 6.12.1987 abgelehnt.
KVG änderte die Sachlage
Die Sachlage änderte sich schliesslich mit dem neuen KVG, mit welchem die obligatorische Krankenversicherung eingeführt und damit auch die Finanzierung der Geburt geregelt wurde. Damit war der Verfassungsauftrag erfüllt. Dies ist eine Tatsache, die immer wieder totgeschwiegen wird. Trotz erfülltem Verfassungsauftrag wurde dem Volk am 13.6.1999 das Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung mit einem vorgesehenen Erwerbsersatz während 14 Wochen auf 80% des versicherten Einkommens sowie eine Grundleistung für nichterwerbstätige Mütter vorgelegt. Der Vorschlag wurde an der Urne mit 61 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt. Offensichtlich war den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern klar, was den Befürwortern nicht klar war. Mit der Einführung des KVG war die Notwendigkeit einer Mutterschaftsversicherung endgültig nicht mehr gegeben.
Die rechtliche Situation heute
Die rechtlichen Grundlagen für die heutige Situation finden sich im KVG, im Arbeitsgesetz und im Obligationenrecht.
Seit der Einführung des Versicherungsobligatoriums im KVG (Grund¬versicherung) ist für alle Frauen die Bezahlung sämtlicher Arzt- und Hospitalisierungskosten im Zusammenhang mit der Schwangerschaft und Geburt garantiert.
Laut Arbeitsgesetz besteht ein Arbeitsverbot für Mütter bis acht Wochen nach der Geburt ihres Kindes. Bis zur 16. Woche dürfen sie nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden.
Im Obligationenrecht sind der Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung geregelt. Während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt besteht ein absoluter Kündigungsschutz für die Arbeitnehmerin (Art. 336c OR). Die Lohnfortzahlungspflicht beträgt im ersten Dienstjahr drei Wochen. Danach ist der Lohn für eine angemessene längere Zeit zu entrichten (Art. 324a Abs. 3 OR). Die Gerichtspraxis hat dazu eigene Skalen entwickelt (bekannt als Basler-, Berner- und Zürcher-Skala).
Bereits heute versichern viele Arbeitgeber freiwillig ihre Mitarbeiterinnen über eine Taggeldversicherung für den Lohnausfall bei Mutterschaft. In vielen Fällen bestehen auch weitergehende brancheninterne Lösungen und Gesamtarbeitsverträge, welche den vollen Lohn während acht Wochen, bzw. einen bezahlten Mutterschaftsurlaub von 14 bis gar 16 Wochen zusichern.
Zwängerei der Linken trägt kurzfristig Früchte
Trotz der Ausgangslage reichte Pierre Triponez 2001 eine parlamentarische Initiative ein, welche 14 Wochen Erwerbsersatzentschädigung für erwerbstätige Mütter verlangt. Die Grundentschädigung soll einheitlich 80% des Erwerbseinkommens betragen. In der irrigen Meinung, das Gewerbe zu entlasten, verlangte Triponez damit eine von der EO finanzierte neue Sozialversicherung. Dass die Zeche am Schluss doch das Gewerbe bezahlen würde, sah er nicht. Die SVP ergriff gegen diese Vorlage mit einem Komitee, in dem sich auch Vertreterinnen und Vertreter der FDP beteiligten, erfolgreich mit über 70’000 Unterschriften das Referendum.
Es gibt zum einen keinen Anlass mehr für eine Mutterschaftsversicherung, weil der Verfassungsauftrag erfüllt ist. Zudem handelt es sich bei der Vorlage um eine Mogelpackung, welche die Arbeitgeber nicht mehr ent- sondern belasten wird, sobald die EO geplündert ist. Dies wird bereits in ca. 3 Jahren der Fall sein.
Und dann kommt noch etwas dazu: Je länger der Mutterschaftsurlaub desto kleiner die Chance von jungen Frauen auf dem Stellenmarkt. Oder würden Sie als Arbeitgeber Ihre Arbeitnehmerinnen 3 oder 4 Monate freistellen wollen? Auch wenn die Versicherung zahlt, kommen in solchen Fällen Aufwendungen dazu, die nicht quantifizier- und abgeltbar sind. 2 Monate können sie notfalls mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern überbrücken, bei längerer Dauer muss ein Ersatz eingearbeitet und beschäftigt werden. Resultat wird sein, dass junge Frauen eben schon gar nicht eingestellt werden. Als Frau muss ich deshalb sagen, die Frauen, welche eine solche Mutterschaftsversicherung befürworten, erweisen berufstätigen Frauen einen Bärendienst. Und die Mütter, die zu Hause bleiben, haben bei diesem Vorschlag Triponez ja eh das Nachsehen, da sie leer ausgehen.
Es gibt für mich daher nur eine Antwort am 26. September: NEIN zur Mutterschaftsversicherung à la Triponez.