Frei und souverän ist ein Land, wenn seine Bürger selber bestimmen, was bei ihnen gilt. Und nichts mehr als das will die SVP mit ihrer Volksinitiative in der Verfassung festschreiben: Dass das Volk und die Stände der oberste Souverän im Land sind, dass also sie entscheiden, was in der Schweiz gilt.
Frei bleiben und souverän sein – darum geht es auch bei der Volksinitiative „zur Umsetzung von Volksentscheiden – Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“. Denn frei und souverän ist ein Land, wenn seine Bürger selber bestimmen, was bei ihnen gilt. Und nichts mehr als das will die SVP mit ihrer Volksinitiative in der Verfassung festschreiben: Dass das Volk und die Stände der oberste Souverän im Land sind, dass also sie entscheiden, was in der Schweiz gilt.
In den letzten Jahren haben Volk und Stände immer wieder in Abstimmungen Dinge beschlossen, die nachher nicht oder erst nach langem Hin und Her oder nur mit Abstrichen umgesetzt wurden. So geschehen bei der Ausschaffungsinitiative, der Verwahrungsinitiative, der Alpeninitiative und jetzt, wie sich abzeichnet, auch bei der Masseneinwanderungsinitiative. Begründung: Man kann das, was soeben in der Abstimmung beschlossen wurde, nicht eins zu eins umsetzen, weil es – angeblich – „übergeordnetem Recht“ widerspricht, gemeint: dem Völkerrecht widerspricht. Aus diesem Grund ist es nötig geworden, eine Initiative zur Umsetzung von Volksentscheiden zu lancieren. Man könnte sie „Durchsetzungsinitiative“ nennen, wenn so nicht schon die Initiative zur Durchsetzung der Ausschaffungsinitiative heissen würde.
Warum werden Volksentscheide nicht umgesetzt? Weil denen, die die Entscheide umsetzen müssten, diese nicht passen. Einer Mehrheit im Parlament, einer grossen Mehrheit im Bundesrat und in der Bundesverwaltung und auch dem Bundesgericht passt es nicht, dass das Volk kriminelle Ausländer ausschaffen will; es passt ihnen nicht, dass das Volk nicht therapierbare Sexualstraftäter lebenslang verwahren will; es passt ihnen nicht, dass das Volk die Zuwanderung wieder selber steuern will; und es passt ihnen auch nicht, dass der Güterverkehr über die Alpen grundsätzlich auf der Schiene, nicht auf der Strasse erfolgen soll. Doch statt den Kampf für seine Überzeugungen zu führen, wird gesagt, das, was beschlossen wurde, widerspreche dem Völkerrecht und könne darum nicht umgesetzt werden. Man ruft eine höhere Autorität herbei, wenn man in der Auseinandersetzung unterliegt.
Das Problem ist, dass es diese höhere Autorität nicht gibt. Es gibt in der Schweiz niemanden, der über dem Volk und den Ständen steht. Der oberste Souverän, das sind Volk und Stände. Sie haben 1848 die heutige Schweizerische Eidgenossenschaft gegründet. Diejenigen, denen die Entscheide des Volkes nicht passen, wollen darum – aus ihrer Sicht durchaus folgerichtig – diesen obersten Souverän entmachten. Sie sagen, die Schweiz sei sowieso nicht souverän, und meinen: Das Volk darf nicht souverän sein. Sie sagen, die Schweiz sei sowieso nicht frei, und meinen: Das Volk darf in dem, was es beschliesst, nicht frei sein.
Nun, was heisst es und was heisst es nicht, wenn, wie wir das mit unserer Initiative wollen, in der Verfassung steht, die Verfassung sei die oberste Rechtsquelle der Eidgenossenschaft und sie stehe über dem Völkerrecht?
Vorbehalt des zwingenden Völkerrechts
Dass die Verfassung zuoberst steht, heisst erstens nicht, dass Volk und Stände nicht das sogenannte zwingende Völkerrecht beachten müssten, also etwa das Verbot der Sklaverei, der Folter und des Menschenhandels, aber auch das Verbot der Ausschaffung von Personen in Länder, in denen ihnen Folter oder sonst eine unmenschliche Behandlung oder Bestrafung droht. Das wird in der Initiative gleich an zwei Stellen so festgehalten. Wer hätte gedacht, dass die SVP einmal eine Volksinitiative lanciert, in der sie verlangt, dass der Vorrang des zwingenden Völkerrechts gegenüber der Verfassung festgeschrieben wird, und dies sogar in Anlehnung an einen völkerrechtlichen Vertrag?! Es ist jedoch wichtig, dass das so festgeschrieben wird. Denn jene Kreise, die das Volk entmachten wollen und das Völkerrecht um Hilfe herbeirufen, haben sich einen neuen Trick ausgedacht: Wir legen den Begriff des zwingenden Völkerrechts einfach immer weiter aus, so erreichen wir, dass die Freiheit und die Souveränität von Volk und Ständen immer mehr eingeschränkt werden.
Was ist Völkerrecht?
Dass die Verfassung zuoberst steht, heisst zweitens nicht, dass die Schweiz das Völkerrecht nicht beachten würde. Die Schweiz hält sich an Verträge, die sie abgeschlossen hat, und wenn sie einer internationalen Organisation angehört (wie zum Beispiel der UNO oder der OECD), dann hält sie sich an das, was dort beschlossen wird. Als Kleinstaat ist die Schweiz umgekehrt auch darauf angewiesen, dass sich auch die anderen Staaten an die Verträge mit der Schweiz halten. Aber wenn ein Vertrag sich in eine Richtung entwickelt oder eine Organisation Dinge beschliesst, die das Schweizer Volk nicht mehr will, dann geht dieser Wille vor. Der Vertrag, wie zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention, muss dann unter Umständen gekündigt werden.
Damit man diese allgemeinen Aussagen zum Völkerrecht richtig einschätzen kann, muss man wissen, was das Völkerrecht ist, und zwar durch eine realistische, nicht eine romantische Brille betrachtet. Die Vorstellung, das Völkerrecht sei eine Ordnung, die den Frieden zwischen den Staaten sichere, ist mehr Romantik als Realität. Das Völkerrecht ist eine Parallelrechtsordnung zu den Rechtsordnungen der einzelnen Staaten. Es regelt alles, von der Leihmutterschaft über den Familiennachzug zur Sterbehilfe, von den Steuern über die Forschung zu den Medien. Es wird immer mehr zu einem umfassenden Weltrecht. Das wäre für sich allein nichts Schlechtes. Doch die Frage ist: Wer macht dieses Recht?
Das Völkerrecht ist nicht, wie wir uns das vom Recht im Allgemeinen vorstellen, vom Volk mitgeschaffen und aus den Überzeugungen und den Bedürfnissen der Menschen gewachsen, für die das Recht gilt. Immer mehr Völkerrecht kommt von internationalen Behörden, Organisationen und Gerichten, wo Funktionäre, Experten und Richter Richtlinien, Chartas, graue Listen, schwarze Listen und Urteile erlassen. Denken Sie an die Richtlinien der EU, die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die Standards der OECD, die Chartas der UNO usw. Das sind nicht Verträge, die Staaten miteinander abschliessen, sondern Direktiven von Gremien, deren Mitglieder sich keiner Wahl oder Wiederwahl durch das Volk stellen müssen, die die Gegebenheiten in den einzelnen Ländern nicht kennen, die die Kosten, die sie verursachen, nicht selber tragen müssen, und die keiner Kontrolle unterliegen. Die Richter des Europäischen Gerichtshofes können sorglos entscheiden, die Schweiz dürfe einen kriminellen Ausländer nicht ausschaffen. Was kümmert es sie, dass der Ausländer und seine Familie in der Schweiz von der Sozialhilfe leben? Was kümmert es sie, dass das Schweizer Volk entschieden hat, dass kriminelle Ausländer das Land verlassen müssen? Das System „Völkerrecht“, wie es heute real existiert, widerspricht so ziemlich allen Grundsätzen, nach denen wir unseren Staat und unsere Rechtsetzung organisiert haben. Es ist ein System ohne Kontrolle und Verantwortung. Dieses Völkerrecht ist fremdes Recht, von fremden Richtern und Beamten geschaffen.
Das Völkerrecht schränkt die Freiheit und Souveränität der Staaten ein. Das gilt auch für die Schweiz. Mit unserer Volksinitiative können wir diese Entwicklung nicht stoppen, auch wenn wir das vielleicht gerne möchten. Aber wir wollen und können fordern, dass dann, wenn das Völkerrecht unserem obersten Gesetz, unserer Verfassung, widerspricht, dass dann die Verfassung Vorrang hat. Volk und Stände müssen verhindern können, dass das Völkerrecht sie entmachtet. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes dürfen beispielsweise die Schweiz nicht daran hindern, dass die Ausschaffungsinitiative umgesetzt wird.
Achtung der Menschenrechte
Dass die Verfassung in der Schweiz zuoberst steht, heisst drittens auch nicht, dass wir die Menschenrechte nicht achten würden. Die Schweiz hat von sich aus seit über 150 Jahren in ihrer Verfassung die Menschenrechte geschützt, vor allem die Freiheitsrechte der Bürger gegenüber dem Staat. Sie hat das ohne völkerrechtliche Pflicht getan, sondern weil in der Schweiz niemand daran zweifelt, dass das Wohl der Gemeinschaft in der Achtung der Freiheit des Einzelnen liegt. Die Schweiz braucht kein Völkerrecht und kein ausländisches Gericht, das uns sagt, wie wir die Rechte der Menschen zu schützen haben.
Was aber genau die Menschenrechte bedeuten und wie sie eingeschränkt werden können, das soll die Schweiz selber entscheiden. Dass die Menschenrechte nicht absolut gelten, ist klar und steht auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Wir müssen über die konkrete Bedeutung der Menschenrechte und ihre Einschränkungen selber entscheiden, denn mit den Menschenrechten kann fast jede Auffassung zu jedem Thema begründet werden. Es gibt ein Menschenrecht auf Achtung des Familienlebens und darum unter Umständen auf Aufenthalt in der Schweiz. Ja, aber was ist mit den Menschenrechten jener, die auf immer engeren Raum miteinander zusammenleben müssen? Es gibt ein Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Ja, aber was ist, wenn eine Religion den Wertvorstellungen unserer Gemeinschaft widerspricht, was ist dann mit den Menschenrechten der anderen Menschen? Es gibt vielleicht ein Menschenrecht auf Sozialhilfe. Ja, aber was ist mit den Menschen, die sich im Leben selber durchschlagen und denen in Form von Steuern sogar noch Geld weggenommen wird, damit die Sozialhilfe bezahlt werden kann? Das sind alles keine einfachen Fragen, aber sie zeigen, dass es auch bei den Menschenrechten um politische Fragen geht, und diese sollen vom Parlament und von Volk und Ständen entschieden werden, nicht von einer kleinen Gruppe ausländischer Funktionäre, Experten und Richter, die nicht demokratisch gewählt wurden und keiner Kontrolle und Verantwortung unterliegen.
Die Weisheit des Volkes
Was heisst es denn aber, dass die Verfassung zuoberst steht und Volk und Stände der oberste Souverän sind? Es heisst, dass wir aus Erfahrung wissen und auch in Zukunft darauf vertrauen, dass das Volk gute, weise Entscheide trifft. Die Menschen haben ein Gespür für gesellschaftliche Fehlentwicklungen. Sie greifen ein, wenn sie finden, die Politik würde Probleme nicht genügend beachten oder falsch einschätzen. Sie merken, wenn etwas aus dem Ruder läuft, wenn wir Dinge tun, die wir gegenüber unseren Grosskindern nicht verantworten können, wenn unsere Gemeinschaft auseinanderfällt und wir uns im eigenen Land fremd werden. Das Volk lässt sich von der Political Correctness nicht den Mund verbieten und traut sich, Dinge zu entscheiden, die ein Politiker, Beamter oder Richter nicht entscheiden würde. Das Volk ist umgekehrt nicht ideologisch. Die Stimmbürger entscheiden sachbezogen, von Fall zu Fall. Sie treffen feinere Unterscheidungen als jeder Politiker oder Experte. Das Volk sagte Ja zur Abzockerinitiative, aber Nein zu „1:12“, es sagte Ja zur allgemeinen Wehrpflicht, aber Nein zum Gripen. Die Stimmbürger müssen sich nicht um ihre Wiederwahl und um ein Parteiprogramm kümmern. Sie können unabhängig entscheiden. Und wenn ganz viele Menschen, eben das Volk, so entscheiden, kommen die besten Entscheidungen heraus.
Unsere demokratische Ordnung mit der Möglichkeit der direkten Einflussnahme von Volk und Ständen hat uns Wohlstand und Zufriedenheit gebracht. Die Menschen bestimmen selber, was bei uns im Land gilt. Darum beneiden uns die Menschen in anderen Ländern. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Ordnung ausgehebelt wird, indem wir fremdes Recht über unser eigenes stellen und unsere Freiheit und Souveränität freiwillig aufgeben.
Darum beantragt ihnen die Parteileitung, die Volksinitiative „zur Umsetzung von Volksentscheiden – Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“ heute zu lancieren.
Vielen Dank.