„Die SVP-Fraktion steht zur echten Konkordanz“ – so heisst der erste Satz des Frak-tionsbeschlusses vom 24. Oktober. Die SVP-Fraktion erachtet die arithmetische Konkordanz als den besten Weg für die Lösung der anstehenden Probleme in unserem Land: Alle politisch relevanten Kräfte sollen gemäss ihrer Stärke in der Regierung vertreten sein. Die grössten Parteien mit je zwei Vertretern, die kleinste mit einem Vertreter. Nach den Parlamentswahlen 2003 ist daher die Forderung unserer Partei klar: Die SVP muss künftig mit 2 Bundesräten in der Regierung vertreten sein.
Die CVP soll einen ihrer zwei Bundesratssitze abgeben. Sie ist mit 14.4% Wähleranteil die Kleinste aller Bundesratsparteien – und das nicht erst seit diesen Wahlen. Es wäre jetzt völlig fehl am Platz, einmal mehr Rücksicht zu nehmen. Die CVP hat 1999 unfair gespielt und muss jetzt halt ihre selbst eingebrockte Suppe auch selber wieder auslöffeln. Die CVP hat damals mit ihren zwei Rücktritten nur ein halbes Jahr vor den Parlamentswahlen und im gleichen Jahr der Gesamterneuerungswahl des Bundesra-tes vorzeitig vollendete Tatsachen geschaffen. Und das, obwohl absehbar war, dass sie bei den damals anstehenden Wahlen zur kleinsten Kraft aller Bundesratsparteien werden würde.
Die arithmetische Konkordanz bindet die vier grössten Parteien in diesem Lande ein. Alle zusammen tragen Verantwortung für die zu fällenden Entscheide. Die Konkordanz beinhaltet den gemeinsamen Willen und auch den Auftrag, die dringendsten Fragen gemeinsam zu lösen. Wenn wir an unser Land denken und wenn wir daran denken, wie wir die riesigen Probleme am besten lösen können, so wäre die Ideallösung diese Konkordanz.
Welche „Konkordanz“ ist gemeint?
Das Wort Konkordanz kommt vom lateinischen „concordare“, was „übereinstimmen“ bedeutet. Deshalb sind verschiedene Politiker der Ansicht, es dürfen nur Parteien in der Regierung vertreten sein, welche miteinander politisch übereinstimmen. Es gibt sogar Schlaumeier, die sagen, Konkordanz habe mit dem lateinischen Wort „cor“ zu tun, was „Herz“ bedeutet. Sie meinen, es dürfen nur Politiker Bundesrat werden, welche sehr herzlich zueinander sind und einen „guten politischen Stil“ pflegen. Das ist natürlich alles Unsinn. Aber welche Konkordanz ist denn nun gemeint?
Gemeint ist die Konkordanz bzw. die Übereinstimmung der Bundesratszusammensetzung mit der Zusammensetzung des Parlaments und damit dem Willen der Wählerschaft. Konkordanz bedeutet: Dem Willen der Wählerschaft wird entsprechend auch bei der Regierungszusammensetzung Rechnung getragen. Die Wähler haben am 19. Oktober der SVP viele Stimmen gegeben, weil sie eine starke SVP wollen – auch eine starke SVP im Bundesrat. Und die Wähler haben die CVP nicht mehr gewählt, weil sie nicht mehr wollen, dass die CVP überall so viele Pöstchen besetzt und dann doch nichts bewirkt. Die Wähler haben genug vom Slalomkurs der CVP. Das war der Wille der Wähler: Mehr SVP – weniger CVP. Und dem gilt es auch bei der Zusammensetzung des Bundesrates Rechnung zu tragen.
Konkordanzregierung heisst nicht Regierungskoalition
Nicht alle Parteien verstehen unter Konkordanz dasselbe. Einige Exponenten legen diesen Begriff bewusst anders aus. So wiesen etwa die Mitteparteien verschiedent-lich darauf hin, dass sie ein „Regierungsprogramm“ schaffen wollen. Dies jedoch ent-spricht unserem direktdemokratischen System nicht – die politische Übereinstim-mung ist mit dem Wort „Konkordanz“ eben gerade nicht gemeint.
Regierungsprogramme werden beispielsweise für Kabinettregierungen ausgearbeitet. In parlamentarisch regierten Staaten – also z.B. in Deutschland, Grossbritannien oder Frankreich – besteht die Regierung aus einem Minister-Kollegium unter dem Vorsitz des Premierministers, Ministerpräsidenten oder Bundeskanzlers. Eine Kabinettregierung wird von einer (vielleicht knappen) Parlamentsmehrheit gebildet – und wenn das Parlament die Regierung nicht mehr unterstützen will, hat es die Möglichkeit, dies mittels eines Misstrauensvotums kundzutun. Die Regierungsmitglieder bleiben während der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Regierung in der Regel Mitglied des Parlaments. Sie sehen: Das sind ganz andere Zustände als in der direktdemokratischen Schweiz.
Kollegialitätsprinzip: Grundsatz der Konkordanzregierung
Mit Regierungsprogrammen hat also die Konkordanz nichts zu tun. Hingegen ist ein wichtiger Grundsatz für die Konkordanzregierung das Kollegialitätsprinzip. Gerade weil in der Konkordanzregierung die unterschiedlichsten politischen Kräfte zusammenarbeiten, ist das Kollegialitätsprinzip wichtig.
Das Kollegialitätsprinzip ist in Artikel 177 der Bundesverfassung festgehalten. Es be-deutet, dass alle Regierungsmitglieder einander rechtlich völlig gleichgestellt sind. Entschieden wird nach dem Mehrheitsprinzip. Das Kollegialprinzip verlangt vom Bundesrat, dass alle wichtigen Geschäfte als Gremium beschlossen werden. Danach gilt der Grundsatz, dass die einzelnen Bundesräte die Mehrheitsmeinung vertreten und nicht unbedingt ihre persönliche, allenfalls anders lautende Meinung an die Öf-fentlichkeit tragen. Auf der ganzen Welt ist die Schweiz das einzige Beispiel einer Kollegialregierung.
Im Dienste des Landes, nicht der Partei
Wie gesagt, die arithmetische Konkordanz ist unser angestrebtes Ziel. Wir möchten Verantwortung tragen und beanspruchen daher einen zweiten Sitz zu Lasten der kleinsten Partei im Bundesrat. Wir stellen dafür unsere besten Köpfe – den amtierenden Bundesrat und Christoph Blocher – zur Verfügung. Wir wissen, dass wir mit diesem Vorgehen in erster Linie unserem Land und nicht unserer Partei dienen. Aber die momentane politische Lage lässt uns keinen anderen Weg. Werden unsere beiden Vorschläge von der Bundesversammlung nicht akzeptiert, so müssen wir unseren Wählerauftrag logischerweise ausserhalb des Bundesrates erfüllen – dann müs-sen wir in die Opposition.