Referat

Wieviel werden uns die Eisenbahngrossprojekte kosten?

Mit der Abstimmungsvorlage zum FinöV-Fonds wurde 1998 eine neue Finanzierung festgelegt und ein separater Fonds geschaffen, welcher die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte sicherstellen sollte. Tr

Pirmin Schwander
Pirmin Schwander
Nationalrat Lachen (SZ)

Mit der Abstimmungsvorlage zum FinöV-Fonds wurde 1998 eine neue Finanzierung festgelegt und ein separater Fonds geschaffen, welcher die Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte sicherstellen sollte. Trotzdem reichen die Finanzie­rungs­­quellen aller Wahrscheinlichkeit nach selbst für die ursprünglich geplanten Kosten nicht aus. Noch schlimmer ist aber, dass auf der anderen Seite die Ko­sten fast monatlich ins Uferlose ansteigen. Ein Debakel, welches seines glei­chen sucht, zeichnet sich ab.

Die Einnahmen sprudeln nicht wie versprochen…
Gemäss FinöV-Botschaft sollen die Eisenbahngrossprojekte zu 77 Prozent durch den Stras­­senverkehr finanziert werden. Nach acht Jahren Fondseinlagen ergibt sich folgendes Bild:

 

Finanzierungsquellen
(in Franken)

gemäss Volksabstimmung
vom 29.11.1998
Stand per 31.12.2005 in %
Schwerverkehrsabgabe 16 700 000 000 3 084 914 892 18.5
Mineralölsteuer 3 000 000 000 1 933 213 956 64.5
Mehrwertsteuer 5 800 000 000 1 344 843 467 23.2
Rückzahlbare Darlehen 5 000 000 000 0.0
Kontingenteinnahmen 114 592 826
Total (Franken) 30 500 000 000 6 477 565 141 21.2

Neben der Tatsache, dass die Schwerverkehrabgaben weit unter den Erwartungen liegen, obwohl das Verlagerungsziel bei weitem verfehlt wurde, zeichnen sich auch eher zu „tiefe“ Einnahmen bei der Mehrwertsteuer ab. Einzig die Mineralölsteuer dürf­te die 1998 vorgegebene Marke erreichen. Der fragwürdigste Posten auf der Einnah­men­seite stellen aber die an die Bahnen gewährten Darlehen dar.

Der Finis-Beschluss stellt den Volkswillen von 1998 in Frage!
Gemäss Volksabstimmung vom 29.11.1998 müssten die Bahnen (SBB und BLS) einen Teil der Infrastrukturkosten über höhere Erträge an den Bund zurückgeben können. Wie Ihnen mein Vorredner bereits dargelegt hat, waren die Bahnen bereits in den 90er-Jahren nicht fähig, die ihnen gewährten Darlehen zurückzuzahlen. Auch beim FinöV-Fonds zeigte sich schnell, dass die Bahnen die Darlehen weder ver­zin­sen noch zurückzahlen können. Das Parlament „musste“ daher, gegen den Willen der SVP, die Darlehen in eine Bevorschussung des Bundes umwandeln, um die Liquidität im FinöV-Fonds weiterhin sicherzustellen. Damit werden – entgegen dem Volkswillen – die Eisenbahngross­projekte neu zu 100 Prozent durch den Strassenverkehr und die Konsumenten finanziert. Dem Stimmbürger wurde aber 1998 versprochen, dass auch der öffentliche Verkehr seinen Beitrag leistet. Kommt hinzu, dass nach knapp der Hälfte der Bauzeit erst 21.2 Prozent der Gesamtkosten, gemäss Abstimmung von 1998, finanziert sind. Selbst wenn mit diesen Einlagen bis 2018 gerechnet wird, fehlt knapp eine Milliarde Franken, das rück­zahlbare Darlehen noch nicht mit einberechnet. Um nur schon die 1998 ge­plan­ten Endkosten zu erreichen, müssten die Fondseinlagen massiv erhöht werden. Da aber die Kostenprognosen laufend nach oben korrigiert werden, sieht die Einnah­men­situation noch viel düsterer aus.

Wieviel kosten die FinöV-Projekte?
Auf der Kostenseite stellt sich die Lage noch viel dramatischer dar, als bei den Ein­nah­men. Das Stimmvolk wird laufend über Kostensteigerungen informiert. Die Ko­sten bei der NEAT als wichtigstem FinöV-Teilprojekt nehmen laufend zu. In homö­opa­thischen Dosen werden Kostensteigerungen bekannt gegeben und auf frag­wür­dige Art und Weise begründet. Gemäss den Erfolgsrechnungen 1998 bis 2005 beträgt der kumulierte Aufwand rund 22 Mrd. Franken. Dies sei nicht richtig, tönt es aus der Eidgenössischen Finanzkontrolle und dem Bundesamt für Verkehr. Die bedingt zurückzahlbaren Darlehen in der Höhe von rund 10 Mrd. Franken müssten von den 22 Mrd. Franken abgezogen werden. Effektiv sei der Aufwand rund 12 Mrd. Franken.

Nun sei hier aber die Frage gestellt, wieso die Schulden auf der Passivseite der Bilanz bereits knapp 16.5 Mrd. Franken betragen. Kommt hinzu, dass allein die Fondseinlagen 1998 bis 2005 knapp 6.5 Mrd. Franken ausweisen. Konkret heisst dies:

 

Fondseinlagen (gemäss Erfolgsrechnung)                               rund 6.5 Mrd. Franken
+ Verschuldung (gemäss Bilanz)

  • bedingt rückzahlbare Darlehen                                               rund 10.2 Mrd. Franken
  • Bevorschussung Bund                                                              rund 6.3 Mrd. Franken

Total eingegangene Liquidität (!)                                                   rund 23.0 Mrd. Franken

Angesichts der genauen Analyse der Bilanz und der kumulierten Erfolgsrechnung im FinöV-Fonds sind die genauen Kostenfolgen nur schwer abschätzbar. Sicher ist aber, dass die vom Volk bewilligten 30.5 Milliarden bei weitem nicht ausreichen wer­den, um die Eisenbahngrossprojekte fertig zu stellen. Wie viele Male müssen wir von der Verwaltung weitere Kostenkorrekturen nach oben erdulden? Wie viele Male muss sich das Stimmvolk noch die Salamitaktik der UVEK vorführen lassen?

Fakt ist, dass gemäss FinöV-Bilanz und Erfolgsrechnung bis Ende 2005 rund 23 Milliarden an Liqui­di­tät in den FinöV-Fonds geflossen sind. Die grosse Frage ist nur, wie viel dieser Liquidität noch im Fonds ist, respektive wie viel der geplanten Projekte realisiert wurde. Ist es Zufall, dass die Endkostenprognosen der NEAT mit der in den FinöV-Fonds eingeflossenen Liquidität korreliert (vor Wochenfrist gab das UVEK bekannt, dass die NEAT 24 Milliarden Franken kosten werde)? Müssen wir gar davon ausgehen, dass Vorleistungen bezahlt wurden, welche gar noch nicht er­bracht wurden?

Fazit:
on einer transparenten Rechnungslegung kann in Bezug auf die Eisen­bahn­grossprojekte keinerlei Rede sein. Die Vermutung, dass immer nur diejenigen Kosten offen gelegt werden, welche aufgrund der Staatsrechnung offen gelegt werden müssen, konnte bisher nicht widerlegt werden. Wie viel werden die Eisenbahngrossprojekte schlussendlich kosten? Wenn man die Kosten­ent­wicklung der Vergangenheit auf die nächsten 10 Jahre fortführen würde, so wird einem als Steuerzahler Angst und Bange! Die SVP verlangt, dass der Bund endlich mit offenen Karten spielt.

Pirmin Schwander
Pirmin Schwander
Nationalrat Lachen (SZ)
 
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