Wer erfolgreich ist, wird kopiert. Vor vier Jahren, als wir diese PK „100 Tage vor den Wahlen" zum ersten Mal durchführten, sagte ich, dass wir das Gleiche nächstes Mal wohl 100 und einen Tag im…
Wer erfolgreich ist, wird kopiert. Vor vier Jahren, als wir diese PK „100 Tage vor den Wahlen“ zum ersten Mal durchführten, sagte ich, dass wir das Gleiche nächstes Mal wohl 100 und einen Tag im Voraus machen müssten. Und siehe da, morgen sind Sie zur Pressekonferenz der FDP mit gleichem Thema eingeladen. Es mag ein zwar ein unbedeutendes Detail sein, aber es ist symptomatisch. Viele unserer Vorschläge wurden von den anderen Parteien in den letzten Jahren zuerst reflexartig bekämpft und einige Zeit später hausiert man mit unseren politischen Inhalten. So sind der EU- und NATO-Beitritt keine politischen Ziele mehr, der bilaterale Weg – einst als unmöglich verdammt – ist das Mass aller Dinge. Als wir vor vier Jahren Steuern senken wollten, war die kräftigste Antwort eine später kläglich gescheiterte Steuerstopp-Initiative der FDP. Inzwischen haben wir Steuern – zwar nicht genügend, aber immerhin – gesenkt. Ausgabenkürzungen, während Jahren lächerlich gemacht, werden nun mit markigen Worten gefordert. Nach jahrelangem Kampf gestehen sich auch die Anderen ein, dass der Asylrechtsmissbrauch ein Problem ist. Für die einst hochgejubelte Solidaritätsstiftung wollte niemand mehr den Kopf hinhalten.
Bei anderen Problemen ist der Schrittwechsel noch nicht vollzogen. Man ist im eigenen Filz gefangen, etwa bei der Swiss, der Expo, dem Staatsvertrag, den Krankenkassenprämien, usw. Unter anderem hat das Nachziehen die anderen Parteien verunsichert, und es ist wohl kein Zufall, dass ich in meiner nun siebenjährigen Amtszeit bei allen anderen Bundesrats-Parteien bereits mit dem dritten Präsidenten bzw. Präsidentin zusammenarbeite.
Das alles ist keine Überraschung, ich habe unsere Partei genau darauf schon an der ersten Delegiertenversammlung nach den Wahlen vorbereitet. Von allen Seiten angegriffen zu werden, ständig unter Druck zu stehen, erfordert eine gründliche programmatische Arbeit, Dossierkenntnis, Vorstellungsvermögen über die künftige Entwicklung, Standfestigkeit, Mut und Durchsetzungsvermögen. Die SVP hat diese Phase allen Unkenrufen zum Trotz recht gut gemeistert. Wir haben nicht alle politischen Ziele erreicht, aber wir haben in der eidgenössische Politik die entscheidenden Themen im Wesentlichen bestimmt. Kaum jemand hat uns vor vier Jahren diese Entwicklung zugetraut. Inzwischen ist es gelungen, die Erfolge der eidgenössischen Wahlen in den kantonalen Ausmarchungen zu bestätigen. Wo wir erstmals angetreten sind, haben wir auf Anhieb reüssiert. Wir haben in den letzten vier Jahren intensiv gearbeitet, um die Parteistrukturen zu stärken und in den kantonalen Wahlen insgesamt 183 Sitze neu dazu gewonnen. Heute wollen wir aus unserer Sicht und im Vorfeld der Wahlen 2003 eine Standortbestimmung vornehmen.
Unsere Ziele für die Wahlen 2003
Trotz allen optimistischen Wahlprognosen und positiven Wahlumfragen erachten wir die Konsolidierung des letztmaligen Erfolges nach wie vor als primäres Wahlziel. Noch nie seit der Einführung des Proporzsystems hat eine Partei so viel dazu gewonnen wie die SVP bei den Wahlen 99. Wir haben hart gearbeitet, damit dieses Resultat zur verlässlichen Basis für die künftige Arbeit wird. Das ist uns, davon bin ich überzeugt, auch weitgehend bereits gelungen. Die personelle Basis ist breiter geworden, die Strukturen kräftiger, und in zahlreichen Kantonen wurde die Gründungscrew erfolgreich von einer zweiten Generation abgelöst. Ob und wo wir allenfalls Sitze dazu gewinnen könnten oder auch verlieren, ist eine Frage, die uns natürlich interessiert und die wir gründlich analysieren. Wir lassen uns dabei nicht vom Wunschdenken treiben. Ungewiss ist die Situation für uns in Bezug auf Listenverbindungen. Wir gehen davon aus, dass die Koalition der Verlierer, bestehend aus SP, FDP und CVP primär Sitzgewinne der SVP verhindern will. Die Listenverbindung mit der FDP wie in Zürich dürfte eher die Ausnahme bilden. Es ist amüsant zu beobachten, wie sich politische Erzfeinde nach jahrzehntelangem Kampf nun verbünden, um SVP-Erfolge zu verhindern.
Sitzverluste für die SVP sind nicht auszuschliessen und zwar primär dort, wo Kantone Sitze verlieren. Ich denke etwa an Appenzell-Ausserrhoden und Basel-Stadt, oder an Kantone wo wir letztes Mal Glück hatten, etwa in Graubünden, Zug oder Thurgau. Sitzgewinne sind in der Romandie möglich, vorab in Freiburg, der Waadt und Genf. In der Deutschschweiz wird das schwieriger, denkbar ist ein Gewinn in Baselland, Schwyz oder Luzern. Obwohl wir in verschiedenen Kantonen zu den Ständeratswahlen antreten, wäre ein Erfolg eine riesige Überraschung. Die SVP ist in Kantonen, in denen wir den anderen Parteien in den letzten Jahren historische Niederlagen zugefügt haben, bei Majorzwahlen noch nicht mehrheitsfähig. Das entspricht einer politischen Logik. Niemand unterstützt bzw. wählt nach schmerzlichen Niederlagen seine grössten Widersacher. Das wird noch einige Zeit brauchen und hat mit der Qualität der Kandidaten nichts zu tun.
Insgesamt will die SVP in diesen Wahlen ihre Stellung als stärkste Partei ausbauen und im neuen Parlament mit einer klaren, verlässlichen und zielorientierten Politik mehr Einfluss auf die künftige Entwicklung unserer Politik gewinnen. Unsere Partei will mit einer dynamischen, auf das Wohl der Bürgerinnen und Bürger ausgerichteten Politik Missstände an der Wurzel bekämpfen und Schwachpunkte gezielt verbessern. Wer etwas ändern und verbessern will, muss SVP wählen.
Neuwahlen auch im Bundesrat – eine Chance für alle Wähler!
Die Zauberformel übt in der politischen Diskussion eine besondere Anziehungskraft aus. Für uns ist und bleibt klar, dass die SVP einen zweiten Sitz im Bundesrat mit Recht beansprucht. Die SP scheint als erste Partei die politische Realität, wie sie im Übrigen schon seit bald vier Jahren besteht, anzuerkennen. Vielleicht auch deshalb, weil sie für ihre glücklose Aussenministerin Unterstützung erhofft. Für die CVP, die mit dem Anspruch der Ethik in die Wahlen gestartet ist, hat diese Aussage – in Anbetracht auf eine gerechte Vertretung im Bundesrat wie so vieles andere auch – kurze Beine. Die FDP schliesslich, stärker angeschlagen und unsicherer als man glaubt, konzentriert sich mit der zweiten Garnitur auf die Verteidigung ihres Sitzes. In Anbetracht dieser zwiespältigen Ausgangslage stellt sich die Frage nach einem grundsätzlichen Neubeginn im Bundesrat.
Der Bundesrat steht vor einem Scherbenhaufen in der Aussenpolitik, muss er doch sein EU-Beitrittsziel aufgeben. Er steht erstmals in seiner Geschichte vor nicht genehmigten Staatsverträgen (Luftverkehr und Alpenkonvention). Der Staatshaushalt ist zusammen mit den exorbitanten Schulden der Pensionskasse völlig aus den Fugen geraten, die Schulden wachsen weiter. Die Steuerbelastung ist so hoch wie noch nie. Die wirtschaftliche Lage ist trotz allem Schönreden misslich wie noch nie. Der entscheidende politische Wille, wirklich etwas zu verbessern, ist in der Landesregierung nicht auszumachen. Der Bundesrat wurde zu einer zusammengewürfelten Gruppe von Einzelkämpfern, ohne persönliche und politische Leaderfiguren.
Wäre es nicht eine Chance für das Land, wenn der Bundesrat nach den Wahlen echt neu gewählt und zusammengesetzt werden könnte? Eine Chance für die Bürgerinnen und Bürger, über die Parlamentswahlen hinaus auch auf die Regierungswahlen Einfluss zu nehmen und mehr als nur Alibifunktion auszuüben? Ein Rücktritt der gesamten Behörde würde es nicht verunmöglichen, die besten – zusammen mit neuen Köpfen – wieder zu wählen und daraus ein schlagkräftiges Team zu bilden, das die Geschicke unseres Landes in dieser schwierigen Zeit tatkräftig in die Hand nimmt. Um vielen Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl zu geben, auch ihre Anliegen würden in der Landesregierung vertreten, müsste dem Bundesrat mit Sicherheit mehr als ein Vertreter der SVP angehören. Wenn wir diese Chance nicht nutzen, werden wir wieder ein erniedrigendes Spiel der Bundesratswahlen erleben mit Einzelabrechnungen und verschiedenen unwürdigen Päcklein. Die SP hat den Bundesrat bereits zur erpressbaren Ware erklärt und ihn an Plakatwände genagelt. Es geht hier auch um die Würde der Regierung. Mit einem Gesamtrücktritt – Wiederkandidaturen nicht ausgeschlossen – gibt der Bundesrat dem Volk die Gelegenheit zur echten Wahl bei der Parlamentswahl, zur Wahl, die Missstände verbessern könnte. Wenn das geschmacklose Taktieren mit dem Bundesrat so weiter geht, wird die Initiative zur Volkwahl des Bundesrates aktueller denn je.