Mit dem automatischen Informationsaustausch, der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», Artikel 11 zur Steuerkonformität gemäss Vorentwurf zum Finanzinstitutsgesetz sowie der Verschärfung des Steuerstrafrechts sind derzeit verschiedene gewichtige Steuervorlagen pendent.
Mit dem automatischen Informationsaustausch, der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», Artikel 11 zur Steuerkonformität gemäss Vorentwurf zum Finanzinstitutsgesetz sowie der Verschärfung des Steuerstrafrechts sind derzeit verschiedene gewichtige Steuervorlagen pendent. Vor diesem Hintergrund ist es für uns unverständlich, weshalb im Steuerbereich erneut eine Vorlage in die Vernehmlassung kommt, bei der isoliert Regelungen erlassen werden sollen, die morgen durch Entscheide in anderen Bereichen in Frage gestellt, anpassungsbedürftig oder hinfällig werden. Durch den vorgeschlagenen Systemwechsel bei der Verrechnungssteuer würde zwar die heute geltende Schlechterstellung für inländische Emittenten beseitigt und der Kapitalmarkt belebt, dies jedoch zu Lasten der Banken, denen erhebliche Zusatzkosten und Risiken aufgebürdet werden sowie der gesamtwirtschaftlichen Effizienz. Da die Vorlage zudem konzeptionell unausgegoren ist und die Weichen für eine Aufhebung der Privatsphäre im Inland stellt, lehnt die SVP die vorgeschlagene Reform der Verrechnungssteuer in der vorliegenden Form zum jetzigen Zeitpunkt ab. Die SVP befürwortet indes eine Lösung für die Weiterführung für die auf Ende 2016 auslaufende Verrechnungssteuer-Befreiung von Pflichtwandelanleihen und Anleihen mit Forderungsverzicht im Sinne des Bankengesetzes.
Der Bundesrat verfolgt mit dem Bundesgesetz über das Schuldner- und das Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer formell zwei Ziele, nämlich die Stärkung des Schweizer Kapitalmarkts sowie die bessere Erfüllung der Sicherungsfunktion bei der Verrechnungssteuer. Weiter würde mit der Vorlage eine Lösung für die befristete Verrechnungssteuer-Ausnahme von Anleihen mit Eigenmittelbezug geschaffen, die Ende 2016 ausläuft.
Die SVP teilt die Auffassung des Bundesrats, dass im Bereich der Obligationen und Geldmarktpapiere die heute geltende Schlechterstellung für inländische Emittenten beseitigt und der Schweizer Kapitalmarkt dadurch belebt werden sollte. Keinen Handlungsbedarf hingegen verorten wir bei der Sicherungsfunktion der heutigen Verrechnungssteuer. Zusammengefasst überwiegen aus unserer Sicht die Nachteile eines Systemwechsels dessen Vorteile, weshalb wir die Vorlage nebst den bereits erwähnten grundsätzlichen Überlegungen auch aufgrund konzeptioneller Bedenken ablehnen.
Diese Überlegungen werden nachfolgend dargelegt:
Ausweitung der Sicherungsfunktion
Ein erstes Ziel der Reform besteht darin, die Sicherungsfunktion zu verbessern. Ausländische Erträge eines inländischen Leistungsbegünstigten werden heute nicht von der Steuer erfasst, obwohl diese einkommenssteuerpflichtig sind. Die Vernehmlassungsvorlage sieht deshalb vor, dass die Verrechnungssteuer im Vergleich zur heutigen Regelung zusätzlich noch von Zinserträgen auf ausländischen Obligationen und Geldmarktpapieren, von Dividendenerträgen auf ausländischen Beteiligungsrechten sowie bei der Ausrichtung und Thesaurierung von Erträgen aus ausländischen kollektiven Kapitalanalagen greift, sofern die Erträge an inländische natürliche Personen fliessen. Selbstredend betrifft diese Neuregelung nur die bisher steuerunehrlichen Personen. Weder die SVP noch der erläuternde Bericht kann deren Anzahl abschätzen, was in Konsequenz auch eine Prognose allfälliger Steuermehreinnahmen verunmöglicht. Klar ist nur, dass der von der Verwaltung beschriebene Handlungsbedarf sich nicht quantifizieren lässt und damit für die SVP – die grundsätzlich vom steuerehrlichen Individuum ausgeht – damit nicht hinreichend belegt werden kann.
Inkonsequenter Systemwechsel
Wie bereits festgehalten, verfolgt die Reform mit der Verbesserung der Sicherungsfunktion sowie der Belebung des Kapitalmarkts nach offizieller Darstellung zwei Ziele. Jedoch ist die in der Vorlage angestrebte Maximierung des Steuersubstrats auf Kosten der gesamtwirtschaftlichen Effizienz derart augenfällig, dass die Erhöhung der Steuereinnahmen eigentlich als drittes Ziel im erläuternden Bericht hätte aufgeführt werden müssen. Konkret stören wir uns am rein fiskalisch begründeten inkonsequenten Systemwechsel. Erträge aus inländischen Beteiligungsrechten würden weiterhin nach dem Schuldnerprinzip besteuert werden. Damit würden neu drei verschiedene Systeme parallel betrieben, nämlich das Zahlstellenprinzip, das Schuldnerprinzip sowie die Meldeoption. Es liegt auf der Hand, dass dieses Nebeneinander in erheblichem Ausmass Aufwand, Kosten und Abgrenzungsprobleme hervorrufen würde. Ein freiwilliges Wahlrecht für inländische Bankkunden würde diese Problematik zusätzlich verschärfen. Zudem würde dadurch ein weiterer Schritt zur Aufweichung des Bankkundengeheimnisses im Inland gelegt, weshalb die Meldeoption von der SVP kategorisch abgelehnt wird.
Weitere Punkte
Nebst dem geschilderten Mehraufwand und den damit verbundenen Zusatzkosten – die den Zahlstellen zudem nicht abgegolten würden – wäre ein Systemwechsel für die Banken mit erheblichen Abwicklungs- und Haftungsrisiken (operationelle Risiken, Rechts- und Compliance-Risiken etc.) verbunden. Hinzu kommen technische Probleme bei der Umsetzung, so zum Beispiel beim Wechsel vom Fälligkeits- zum Wertzuwachsprinzip, welches beispielsweise bei ausländischen Fonds schlicht nicht praktikabel wäre.
Eine weitere Neuerung betrifft die Marchzinsen, die neu sowohl mit der Verrechnungssteuer als auch der Einkommenssteuer erfasst werden sollen. Einen solchen Systemwechsel mit einem damit verbundenem bedeutendem Umstellungsaufwand bei den aufgelaufenen Zinsansprüchen lehnt die SVP ebenfalls ab, da das heutige System funktioniert und sich gut etabliert hat.
Wichtig erscheint uns indessen eine Lösung für die auf Ende 2016 auslaufende Verrechnungssteuer-Befreiung von Pflichtwandelanleihen und Anleihen mit Forderungsverzicht gemäss Artikel 11 – 13 BankG (Contingent Bonds, Write-off Bonds und Bail-in Bonds) zu finden. Dazu wird die SVP eine (unbefristete) Befreiung solcher Anleihen von der Verrechnungssteuer über eine Anpassung des bestehenden Verrechnungssteuergesetzes unterstützen. Eine komplizierte und teure Umstellung zu einem Zahlstellenprinzip ist dazu nicht notwendig.
Abschliessende Bemerkungen
Auch wenn das Eidgenössische Finanzdepartement noch so oft das Gegenteil verkündet, ist für die SVP klar, dass nach der Abschaffung des Bankkundengeheimnisses gegenüber dem Ausland (die entsprechenden Vorlagen befinden sich bereits in der Vernehmlassung) ebenfalls das Bankkundengeheimnis im Inland abgeschafft werden soll, wobei der vorgesehene Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip als weiterer Wegbereiter dahin angesehen werden muss. Die bereits im Oktober 2014 zustande gekommene Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre», die in dieser Sache mit einem Plebiszit zum Bankkundengeheimnis Klarheit schaffen könnte, wird wohl erst dann Volk und Ständen vorgelegt werden, nachdem die entsprechenden Weichen bereits gestellt worden sind und es für einen Richtungswechsel bereits zu spät sein könnte. Die SVP verurteilt diese durchschaubare Verzögerungstaktik aufs schärfste.