Vernehmlassung

Änderung der Bundesverfassung, des Strafgesetzbuches, des Militär- und des Jugendstrafgesetzes

Die SVP unterstützt den Vorentwurf grundsätzlich. Die Neuregelung des geltenden Berufsverbots in einem umfassenderen Tätigkeitsverbots ist zu begrüssen, ebenso das diesen Tatbestand ergänzende…

Änderung der Bundesverfassung, des Strafgesetzbuches, des Militärstrafgesetzes und des Jugendstrafgesetzes (Tätigkeitsverbot und Kontakt- und Rayonverbot)

Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)

Die SVP unterstützt den Vorentwurf grundsätzlich. Die Neuregelung des geltenden Berufsverbots in einem umfassenderen Tätigkeitsverbots ist zu begrüssen, ebenso das diesen Tatbestand ergänzende Kontakt- und Rayonverbot. Abzulehnen ist hingegen die vorgeschlagene Durchsetzung der Verbote, mittels eines obligatorischen Strafregisterauszugs für bestimmte berufliche und ausserberufliche Tätigkeiten. Es ist systemwidrig, den Straf- und Massnahmenvollzug auf Private zu übertragen und hierfür einen neuen Straftatbestand zu schaffen. Der Straf- und Massnahmenvollzug muss eine Aufgabe des Staates bleiben. Der erweiterte Strafregisterauszug schützt zwar nicht vor Ersttätern bzw. nichtverurteilten Tätern, bringt als umfassenderer Auszug jedoch zusätzlichen Schutz. Im Rahmen der Revision des Strafregisterrechts muss diesbezüglich ein weiterer Ausbau erfolgen. Namentlich ein Register für Pädophile, Sexualstraf- und Gewalttäter, muss geschaffen werden, welches einen unbürokratischen Zugang auf die Daten ermöglicht.

Der Vorentwurf weitet das bestehende Berufsverbot nach Art. 67 StGB aus. Neu sollen auch ausserberufliche Tätigkeiten, die im Rahmen eines Vereins oder einer anderen Organisation ausgeübt werden, verboten werden. Bei Straftaten gegen unmündige oder andere besonders schutzbedürftigen Personen soll ein Verbot auch dann verhängt werden können, wenn die Anlasstat nicht in Ausübung dieser Tätigkeit begangen wurde. Zudem sollen bestimmte Sexualstraftaten gegen unmündige Personen zwingend zur Verhängung eines Tätigkeitsverbots führen (Art. 67 Abs. 1 – 3 VE-StGB). Diese Tatbestandserweiterungen ist ebenso zu begrüssen, wie die Möglichkeit, Verbote nach Art. 67 Abs. 2 und 3 VE-StGB, lebenslang zu verhängen (Art. 67 Abs. 6 VE-StGB). Das in Art. 67a VE-StGB vorgesehene Kontakt- und Rayonverbot ist eine angebrachte Ergänzung zum Tätigkeitsverbot nach Art. 67 VE-StGB. Ein effizienter Vollzug kann nur durch technische Geräte erreicht werden (Art. 67a Abs. 3 Satz 1 VE-StGB). Um den Täter von weiteren Verbrechen und Vergehen abzuhalten, kann das Verbot um jeweils höchstens fünf Jahre verlängert werden, damit besteht auch die gesetzliche Grundlage für eine lebenslanges Kontakt- und Rayonverbot (Art. 67a Abs. 4 VE-StGB), was im Einzelfall angebracht sein kann.

Eine gesetzliche Bestimmung steht und fällt mit deren Durchsetzbarkeit. Der zweite Schwerpunkt der Vorlage nimmt deshalb zur Durchsetzung der Tätigkeitsverbote Stellung. Diese sollen mit einem erweiterten Strafregisterauszug für Privatpersonen durchgesetzt werden. Dieser Auszug sei immer einzuholen, bevor eine Person für eine berufliche oder ausserberufliche Tätigkeit mit minderjährigen oder mit anderen besonders schutzbedürftigen Personen eingestellt oder verpflichtet werde. Von ausländischen Staatsangehörigen würde eine vergleichbare Urkunde aus ihrem Heimatstaat verlangt. Die vorgeschlagene Regelung verpflichtet somit private und öffentliche Arbeitgeber sowie private und öffentliche Institutionen bei der Durchsetzung des Tätigkeitsverbotes zu einem wesentlichen Teil mitzuwirken. Dies stellt das bisherige System auf den Kopf, was auch die vorgeschlagene Änderung der Bundesverfassung verdeutlicht. Da Art. 123 BV nicht als Grundlage für Aufgaben an Private im Straf- und Massnahmenvollzug dienen kann, müsste mit Art. 123 Abs. 4 BV eine neue Verfassungsbestimmung eingeführt werden. Das Strafregisterrecht ist derzeit im StGB geregelt. Es ist geplant, das Strafregisterrecht nach Art. 365 ff. StGB einer umfassenden Revision zu unterziehen und neu in einem separaten Bundesgesetz zu regeln. Die vorgeschlagene Einführung einer systemfremden Pflicht, für bestimmte Tätigkeiten einen erweiterten Strafregisterauszug einholen zu müssen, rechtfertigt für sich alleine die Schaffung eines separaten Bundesgesetzes nicht. Die Einführung eines erweiterten Strafregisterauszugs ist dagegen zu befürworten; eine entsprechende Bestimmung kann jedoch auch im StGB eingeführt werden.

Der Vorentwurf sieht in Art. 295a VE-StGB vor, dass bei Missachtung der Pflicht zur Einholung eines Strafregisterauszugs (gemäss dem Bundesgesetz über das Strafregister) eine Bestrafung mittels Busse (bis 10‘000 Franken) erfolgen kann (Art. 295a Abs. 1 VE-StGB). Bei Fahrlässigkeit soll die Busse höchstens 5‘000 Franken betragen (Art. 295a Abs. 2 VE-StGB).

Der Vorentwurf würde damit jede organisierte Arbeit mit unmündigen oder anderen besonders schutzbedürftigen Personen verunmöglichen. Über jede auch kurzfristig einspringende Person müsste ein erweiterter Strafregisterauszug eingeholt werden. Dies ist nicht nur mit zeitlichem Aufwand, sondern auch mit Kosten verbunden, da diese Ausweise gebührenpflichtig sind. Im Übrigen würde jede sich zur Verfügung stellende Person als möglicher Sexualstraftäter hingestellt. Ehrenamtliche Helfer sind bereits heute schwierig zu finden. Ohne sie wären die Arbeiten im Bereich Jugend nicht denkbar. Schliesslich stellen sich Fragen des Datenschutzes indem diese Ausweise innerhalb der Organisation geschützt aufzubewahren wären. Zudem wägt man sich damit in falscher Sicherheit. Bei ausländischen Personen ist nicht gewährleistet, dass deren Strafregistersystem gleich aufgebaut ist und generell besteht kein Schutz vor Ersttätern und nicht verurteilten Tätern. Die meisten sexuellen Übergriffe finden zudem nach wie vor im Familienkreis statt; hier bietet auch der erweiterte Strafregisterauszug keinen Schutz. Dass keine Pflicht zur Einholung eines erweiterten Strafregisterauszugs besteht, bedeutet nicht, dass ein solcher bei Bedarf nicht verlangt werden kann. Hierzu braucht es jedoch keine gesetzliche Pflicht und entsprechende Strafbestimmungen. Dass die Möglichkeit besteht, einen solchen Auszug zu verlangen, wird Ersttäter davon abhalten, eine entsprechende Tätigkeit aufzunehmen. Problematisch bleiben in erster Linie Ersttäter und nicht verurteilte Täter. Diese können jedoch auch mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung nicht erfasst werden. Diesen Gefahren kann am Effizientesten durch interne Massnahmen im Rahmen der Organisation begegnet werden.

 
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