Die SVP widersetzt sich der Aufnahme der Änderungen des Römer Sta-tuts nicht. Ein objektiver Grund, weshalb die Schweiz die Änderungen nicht ratifizieren sollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil…
Die SVP widersetzt sich der Aufnahme der Änderungen des Römer Sta-tuts nicht. Ein objektiver Grund, weshalb die Schweiz die Änderungen nicht ratifizieren sollte, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: als neutraler Staat hat die Schweiz grundsätzlich ein Interesse an der allgemeinen Durchsetzung des Gewaltverbots.
Positiv zu werten ist sicher, dass die Durchsetzung des allgemeinen Gewaltverbots nicht ausschliesslich dem UNO-Sicherheitsrat überlas-sen wird, der häufig aufgrund von politischen Erwägungen entscheidet, sondern auch dem Internationalen Strafgerichtshof als unabhängige gerichtliche Institution diesbezüglich eine wichtigere Rolle zukommen soll.
Bei aller Euphorie muss jedoch auch auf die Schwächen des Abkommens und den vorgeschlagenen Änderungen hingewiesen werden:
Das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, abgeschlossen in Rom am 17. Juli 1998, in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Juli 2002, ist die ver-tragliche Grundlage des ständigen Internationalen Strafgerichtshofs / International Criminal Court (IStGH / ICC) mit Sitz in Den Haag. Das Statut geht zurück auf zahlreiche Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die zu einer Kodifizierung von Prinzipien über die Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufriefen, sowie auf verschiedene Vorarbeiten der Völkerrechtskommission. Derzeit sind 122 Staaten an das Römer Statut gebunden. Zahlreiche Staaten, darunter die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, die Volksrepublik China, Indien, Pakistan, die Türkei und Israel, sind bisher noch nicht Vertragspartei geworden, da sie den Internationalen Strafgerichtshof aus verschiedenen Gründen ablehnen.
Im Rahmen der Überprüfungskonferenz vom 31. Mai 2010 – 11. Juni 2010 in Kampala (Uganda) wurden im Wesentlichen zwei Änderungen des Römer Status verabschiedet:
1) Festlegung der Definition des Verbrechens der Aggression und der Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit über das Verbrechen
Anlässlich der Verhandlungen, die 1998 zur Verabschiedung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs führten, konnten die Mei-nungsverschiedenheiten in Bezug auf die Definition der Aggression als Verbrechen einer Einzelperson nicht überwunden werden. Uneinigkeit bestand auch in der Frage, welche Rolle der UNO-Sicherheitsrat beim Entscheid haben sollte, ob eine Aggressionshandlung eines Staates vorliegt. Die Folge dieser Uneinigkeit war, dass der Tatbestand des „Verbrechens der Aggression" zwar im Statut erwähnt wurde, die diesbezügliche Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs aber ausgesetzt wurde.
Bezüglich der Ausübung der Gerichtsbarkeit wurde folgende Einigung erzielt (Art. 15bis und 15ter Römer Statut):
Die verabschiedete Lösung baut auf drei Auslösemechanismen auf, die auch für die anderen Verbrechen des Römer Statuts gelten (Unterbreitung durch einen Vertragsstaat; Ermittlung des Anklägers; Unterbreitung durch den Sicherheitsrat). Bezüglich der Unterbreitung durch den Sicherheitsrat wurde richtigerweise eine abweichende Regelung getroffen. Es darf nicht sein, dass dem Entscheid des Sicherheitsrats zu viel Gewicht gegeben wird und der IStGH quasi vom einem politischen Entscheid des Sicherheitsrates abhängig ist. Die verabschiedete Lösung sieht deshalb zu Recht vor, dass der Sicherheitsrat zwar zu konsultieren ist, der Gerichtshof jedoch nicht an eine allfällige Feststellung einer Aggressionshandlung durch den Sicher-heitsrat gebunden ist.
Die Verabschiedung des Verbrechens der Aggression durch die Ver-tragstaaten des Römer Statuts wird zwar als Meilenstein in der internationalen Strafgerichtsbarkeit gesehen, andererseits darf dieser Schritt jedoch nicht überbewertet werden. Die Verabschiedung des Verbrechens der Aggression ist zweifellos zu begrüssen. Allerdings dürfen die konkreten Auswirkungen nicht überschätzt werden. Zum einen werden die Änderungen frühestes ab 2017 in Kraft treten, überdies müssen mindestens 30 Staaten die Änderungen zum Verbrechen der Aggression ratifizieren und die Versammlung der Vertragstaaten muss einen Beschluss zur Aktivierung mit einer Zweidrittelsmehrheit fällen. Zudem wird der Anwendungsbereich durch verschiedene Faktoren eingeschränkt. So werden innerstaatliche Aggressionen nicht erfasst, dabei sind diese viel häufiger als zwischen-staatliche. Zudem muss die zwischenstaatliche Aggression eine gewisse Schwere aufweisen, um strafrechtlich geahndet werden.
2) Ergänzung von Art. 8 Römer Statut betreffend Kriegsverbrechen
Art. 8 Abs. 2 lit. e Römer Statut soll um drei Ziffern ergänzt werden. Folgende Handlungen sollen nicht wie bis anhin nur im internationalen, sondern neu auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt als Kriegsverbrechen strafbar sind:
Staaten sind in der Regel nicht bereit, sich bezüglich innerstaatlicher Konflikte Verhaltensregeln zu unterwerfen. Dabei ist aus Sicht der Oper eine Unterschei-dung zwischen innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Konflikten nicht angezeigt. Zudem sind innerstaatliche Auseinandersetzungen viel zahlreicher. Die erwähnte Ausdehnung der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs bei der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen und sogenannten Dumdumgeschossen ist deshalb zu befürworten. Störend ist, dass gemäss Art. 121 Abs. 5 Römer Statut die Änderungen nur für Vertragstaaten in Kraft treten, welche sie ratifizieren. Dies dürfte den Anwendungsbereich massiv einschränken. Zudem bleiben die meisten Tatbestände nur im internationalen bewaffneten Konflikt strafbar. Die Ergänzung von Art. 8 Römer Statut ist somit ein Schritt in die richtige Richtung, aber auch nicht mehr.