Aus Sicht der SVP ist den Änderungen für das elektronische Zivilstandsregister (Informatisiertes Standesregister „Infostar") zuzustimmen…
Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Aus Sicht der SVP ist den Änderungen für das elektronische Zivilstandsregister (Informatisiertes Standesregister „Infostar") zuzustimmen.
Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zur Führung des Grundbuchs unterstützt die SVP mit Einschränkungen. Die Verwendung der AHV-Versichertennummer zur Führung des Grundbuchs ist zu befürworten, die gewählte „Kann-Vorschrift" wird jedoch eine einheitliche Praxis verunmöglichen. Die Möglichkeit der Übertragung öffentlicher Aufgaben an Private im Bereich der Nutzung des informatisierten Grundbuchs (Art. 949d [neu] Abs. 1 VE-ZGB) ist deshalb zu befürworten, weil diese Unternehmen nicht das Grundbuch an sich führen, sondern lediglich die Nutzungsmöglichkeiten verwirklichen. Zu verhindern ist jedoch, dass jedermann ohne Hinterlassung seiner Personalien, die frei zugänglichen Informationen im Grundbuch abrufen kann. Überdies sollte auch der Grundeigentümer ein Anrecht haben zu wissen, wer in seine Grundbucheinträge Einsicht genommen hat.
Der Bundesrat will das Zivilstandsregister und Grundbuch modernisieren, damit die beiden Register auch in Zukunft einen sicheren und effizienten Rechtsverkehr gewährleisten.
Personenstandsregister
Für das elektronische Zivilstandsregister (Informatisiertes Standesregister „Infostar") soll in Zukunft einzig der Bund verantwortlich sein.
Art. 39 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass zur Beurkundung des Personenstandes elektronische Register geführt werden. Heute erfolgt die Beurkundung des Personenstandes jedoch in einem einzigen, elektronisch geführten Register, bzw. in einem zentralen Informationssystem. Dass Art. 39 Abs. 1 des Vorentwurfs zum Zivilgesetzbuch (VE-ZGB) nunmehr „Personenstandsregister" im Singular erwähnt, ist konsequent und zu unterstützen.
Gemäss Art. 43a ZGB sorgt der Bundesrat auf dem Gebiet der Beurkundung des Personenstands für den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte der Personen, über die Daten bearbeitet werden. Ohne die bestehenden Regelungen von Art. 43a Abs. 4 Ziff. 1-4 ZGB zu verändern, will der Vorentwurf Art. 4 mit zwei neuen Ziffern ergänzen (Ziff. 5 und 6). Gemäss den neuen Ziffern sollen auf Daten, die für die Überprüfung der Identität einer Person notwendig sind im Abrufverfahren Zugriff haben: die für die Führung der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister nach dem Registerharmonisierungsgesetz vom 23. Juni 2006 zuständigen Behörden (Art. 43 Abs. 4 Ziff. 5 VE-ZGB) sowie die für die Führung des zentralen Versichertenregisters nach Art. 71 Abs. 4 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zuständige Stelle des Bundes (Art. 43 Abs. 4 Ziff. 6 VE-ZGB). Diese Ergänzungen im Abrufverfahren sind zu unterstützen. Sie führen zu einer weiteren Beschleunigung der Verfahrensabläufe und damit zu einer Senkung der Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Datenqualität und -verlässlichkeit.
Art. 45a ZGB bestimmt, dass der Bund für die Kantone eine zentrale Datenbank betreibt (Abs. 1). Diese Datenbank wird von den Kantonen finanziert, wobei die Kosten nach der Einwohnerzahl aufgeteilt werden (Abs. 2). Der Bund setzt im Bereich des Personenstandes einerseits Recht und übt die Oberaufsicht über die Kantone aus, andererseits ist er von diesen Beauftragter für die Sicherstellung des Betriebs und der Weiterentwicklung der Datenbank Infostar. Diese widersprüchliche Rollenverteilung ist nicht zukunftsfähig. Die Kantone haben dies mehrheitlich erkannt. Anlässlich der ausserordentlichen Versammlung der Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst (KAZ) vom 13. November 2009 wurde mit 17 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung die Meinung vertreten, dass Betrieb und Weiterentwicklung der Datenbank beim Bund liegen soll (Bundeslösung Infostar). Die vorgeschlagene Änderung, wonach der Bund das Personenstandsregister als zentrales Personen-Informationssystem betreibt und entwickelt (Art. 45a Abs. 1 VE-ZGB) ist ebenso zu befürworten, wie die grundsätzliche Kostenbeteiligung der Kantone (Art. 45a Abs. 2 VE-ZGB). Art. 6a Abs. 1 VE-SchlT ZGB sieht vor, dass die Kantone dem Bund jährlich 3 Millionen Franken für diejenigen Betriebs- und Weiterentwicklungskosten des zentralen Personen-Informationssystem bezahlen, die das Zivilstandswesen betreffen. Dieser Betrag wird nach der Einwohnerzahl aufgeteilt. Heute bezahlen die Kantone einen Betrag von jährlich 1.6 Millionen Franken für den laufenden Betrieb von Infostar. Der neue Betrag in Höhe von 3 Millionen Franken setzt sich aus diesen Betriebskosten und den Investitionskosten für Weiterentwicklungen zusammen. Allfällige Neuentwicklungen des Systems sind von Bund und Kantonen je hälftig zu tragen (Art. 45a Abs. 2 VE-ZGB i.V. mit Art. 6a Abs. 2 VE-SchlT ZGB).
Diese hohen Kosten sind nur deshalb gerechtfertigt, weil Infostar die Kantone von viel administrativem Balast, Personalaufwand und Portokosten befreit.
Grundbuch
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung soll die Führung des Grundbuchs aufgrund der AHV-Versichertennummer ermöglichen, um die Qualität und Aktualität der Grundbuchdaten zu verbessern. Art. 949b (neu) Abs. 1 VE-ZGB sieht entsprechend vor, dass das Grundbuchamt die Versichertennummer der AHV nach Art. 50c AHVG zur Identifizierung von Personen systematisch verwenden kann.
Die Verwendung der AHV-Versichertennummer ist grundsätzlich zu befürworten. Die „Kann-Vorschrift" führt jedoch zu keiner einheitlichen Praxis. Den Kantonen ist es frei gestellt, ob sie in Zukunft die Versichertennummer der AHV verwenden wollen oder nicht. Abgesehen davon gibt es in der Grundbuchdatenbank Personen, die gar nicht identifizierbar sind.
Nach Art. 949b (neu) Abs. 2 VE-ZGB ist die Bekanntgabe der Versichertennummer durch das Grundbuchamt nur unter einschränkenden Voraussetzungen zulässig. Zum einen sind als Empfänger bloss Stellen und Institutionen vorgesehen, welche die Versichertennummer ebenfalls systematisch verwenden dürfen. Zum andern ist vorausgesetzt, dass die Bekanntgabe zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Empfängers erforderlich ist, und zwar Aufgaben „im Zusammenhang mit dem Grundbuch". Diese Regelung ist nicht zu beanstanden.
Gemäss Art. 949d (neu) Abs. 1 VE-ZGB kann das Bundesamt für Justiz einen Aufgabenträger des privaten Rechts damit betrauen, in Zusammenarbeit mit den Kantonen folgende Nutzungen des informatisierten Grundbuchs zu verwirklichen: den Zugriff auf die Daten des Grundbuchs im Abrufverfahren (Ziff. 1); die Auskunft betreffend ohne Interessennachweis einsehbare Daten des Hauptbuchs (Ziff. 2); den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Grundbuchamt (Ziff. 3). Der Aufgabenträger des privaten Rechts untersteht der Aufsicht des Bundesamts für Justiz (Art. 949d [neu] Abs. 2 VE-ZGB).
Das Wort „einen" in Abs. 1 – gemäss Bericht Vorentwurf – ist nicht als Zahlwort zu verstehen, sondern als unbestimmter Artikel. Dies bedeutet, dass eine Einräumung einer Monopolstellung nicht vorgesehen ist. Dies ist deshalb erstaunlich, weil es schlichtweg nicht vorstellbar ist, dass das Bundesamt für Justiz die in Ziff. 1 – 3 aufgeführten Aufgaben an verschiedene Unternehmen vergibt. Das Wort „kann" in Abs. 1 weist darauf hin, dass das Bundesamt für Justiz nicht zwingend einen (oder mehrere) private Aufgabenträger mit den in Ziff. 1-3 erwähnten Aufgaben betrauen muss. Es kann sich auch durchaus um eine öffentlich-rechtliche Organisationsform unter überwiegendem Einfluss der Kantone handeln, insbesondere um eine spezialrechtliche Aktiengesellschaft, d.h. eine Aktiengesellschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.
Offenbar sind die Würfel bereits gefallen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Justiz, und die SIX Group AG haben bereits eine entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen (Projekt „eGRIS": elektronisches Grundstückinformationssystem). Das Projekt „eGRIS" macht bereits beachtliche Fortschritte und wird zwischenzeitlich von der SIX Terravis AG, einer Tochtergesellschaft der SIX Group AG, betreut (www.terravis.ch).
An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, ob die im Besitz von Banken stehende SIX Terravis AG geeignet, die in Art. 949d (neu) Abs. 1 Ziff. 1-3 aufgeführten Aufgaben zu übernehmen. Angesichts der Tatsache, dass die SIX Terravis AG nicht das Grundbuch an sich führt, sondern in Zusammenarbeit mit den Kantonen die in Ziff. 1-3 erwähnten Nutzungsmöglichkeiten verwirklicht, kann in diesem Zusammenhang nicht von einer streng staatlichen Aufgabe gesprochen werden. Im Weiteren benötigt die Umsetzung der Aufgaben in Ziff. 1-3 ein hohes technisches Knowhow. Über dieses verfügt die SIX Terravis AG offensichtlich.
Abschliessend sei Art. 949d (neu) Abs. 1 Ziff. 2 VE-ZGB näher zu betrachten. Die SIX Terravis AG müsste auf ihrem Portal die „allgemein einsehbaren Daten des Hauptbuchs" aufschalten. Im Internet würden die von Gesetzes wegen voraussetzungslos zugänglichen Daten des Hauptbuchs veröffentlich werden. Gemäss Art. 970 Abs. 2 ist jede Person berechtigt, Auskunft über folgende Daten des Hauptbuches zu erhalten: die Bezeichnung des Grundstücks und die Grundstücksbeschreibung (Ziff. 1); den Namen und die Identifikation des Eigentümers (Ziff. 2); die Eigentumsform und das Erwerbsdatum (Ziff. 3). Bereits heute können die Kantone die ohne Interessennachweis einsehbaren Daten des Hauptbuchs im Internet öffentlich zugänglich machen (Art. 27 Abs. 1 der Grundbuchverordnung [GBV]). Dabei ist sicherzustellen, dass die Daten nur grundstücksbezogen abgerufen werden können und dass die Auskunftssysteme vor Serienabfragen geschützt sind (Art. 27 Abs. 2 GBV). Unklar ist wie Art. 949d (neu) Abs. 1 Ziff. 2 VE-ZGB in der Praxis umgesetzt werden soll. Soll jedermann weltweit ohne jedwelches Interesse und ohne Hinterlassung seiner Personalien Zugriff auf die Daten haben? Grundsätzlich ist es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Person in Erfahrung bringen muss, wem ein bestimmtes Grundstück gehört. Ist die Auskunft gegen eine Gebühr am Schalter des Grundbuchamtes möglich, so ist zumindest eine gewisse Schwelle gegeben. Eine anonyme Abfrage im Internet ist dagegen abzulehnen. Eine Registrierungspflicht, die Entrichtung einer Gebühr sowie die eindeutige Identifizierung des Einsichtnehmenden muss sichergestellt sein. Prüfenswert ist auch die Information des Grundeigentümers. Es spricht nichts dagegen, dass der Grundeigentümer weiss, wer in seine Grundbuchdaten Einsicht genommen hat.