Namentlich das Zurückdrängen der kurzen Freiheitsstrafe zugunsten der Geldstrafe, ihr lediglich bedingter Vollzug sowie die bedingte gemeinnützige Arbeit haben in den vergangenen Jahren sowohl die…
Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Namentlich das Zurückdrängen der kurzen Freiheitsstrafe zugunsten der Geldstrafe, ihr lediglich bedingter Vollzug sowie die bedingte gemeinnützige Arbeit haben in den vergangenen Jahren sowohl die präventive Wirkung des Strafrechts als auch das Vergeltungsinteresse der Opfer systematisch unterlaufen. Nachdem die SVP aufgrund diverser stossender Gerichtsurteile und anhaltender Kritik aus der Praxis mittels verschiedener parlamentarischer Vorstösse eine Revision des Sanktionenrechts verlangt hatte, begrüsst sie die Stossrichtung des nun ausgearbeiteten Vorentwurfs. Es drängen sich allerdings noch einige Ergänzungen auf.
Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln des VE resp. weitere Änderungsvorschläge:
– Verschulden
Änderung bei Art. 19 Abs. 2 StGB (alt: durchgestrichen, neu: kursiv)
„War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe so trägt das Gericht diesem Umstand im Rahmen des Verschuldens nach Art. 47 Rechnung.“
Begründung: Eine sehr grosse Zahl an Tätern profitiert heute davon, dass sie für vermindert schuldfähig erklärt werden. Die Ursache liegt in Art. 19 Abs. 2, der in solchen Fällen eine Reduktion der Strafe vorsieht. Das Bundesgericht hat nun in einem bemerkenswerten Entscheid festgehalten, dass eine Verminderung der Schuldfähigkeit nicht zu einer Reduktion der Strafe, sondern zu einer Reduktion des Verschuldens führen müsse. Zudem sei die Zurechnungsfähigkeit nur ein Faktor unter vielen. (BGE 6B 238/2009 vom 8. März 2010, Erwägung 5.5). Diese Auslegung des Bundesgerichts sollte in das materielle Recht überführt werden, da diese Rechtsprechung ungerechtfertigte Strafminderungen verhindert.
– Geldstrafe nur bis zu 90 Tagessätzen
Art. 34 Abs. 1
Das Zurückdrängen der Geldstrafe ist grundsätzlich zu begrüssen. Anstelle des vom Bundesrat vorgeschlagenen Maximums von 180 Tagessätzen sollten Geldstrafen jedoch nur bis zu 90 Tagessätzen ausgefällt werden können, da ab 90 Tagessätzen nicht mehr von Bagatelldelikten gesprochen werden kann. Viele Gewaltdelikte wie etwa die Körperverletzung befinden sich im Bereich von 90 bis 180 Tagessätzen. In solchen Fällen ist eine Freiheitsstrafe vorzuziehen.
– Amtliche Erhebungen der Einkommensverhältnisse
Neuer Art. 34 Abs. 3 (alt: durchgestrichen, neu: kursiv)
„Die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden geben die für die Bestimmung des Tagessatzes erforderlichen Auskünfte. Die Strafverfolgungsbehörden erheben die Einkommensverhältnisse anhand amtlicher Zahlen.“
Begründung: Die Einkommensverhältnisse werden heute meistens nur durch eine Befragung des Angeschuldigten abgeklärt. Die Angaben werden in der Regel nicht überprüft. Wenn also jemand wahrheitswidrig ein zu tiefes Einkommen angibt, ist dies nicht strafbar und führt unter Umständen zu einer massiv tieferen Geldstrafe und Busse. Die Staatsanwaltschaft ist zu verpflichten, die Einkommensverhältnisse der Täter anhand amtlicher Zahlen abzuklären.
– Im Zweifel Freiheitsstrafe
Neuer Art. 34 Abs. 5 (neu: kursiv)
„Liegen keine gesicherten Erkenntnisse über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor, so kann keine Geldstrafe ausgesprochen werden.“
Begründung: Ein Problem in der Praxis ist die Bemessung der Geldstrafe bei Personen aus dem Ausland oder bei Personen mit dubiosem finanziellem Hintergrund. Bei der Bemessung der Höhe des Tagessatzes wird in der Regel auf die Aussagen der Angeschuldigten abgestellt. Bei Kriminaltouristen und anderen Personen mit unklarem Hintergrund muss mangels besseren Wissens von einem minimalen Tagessatz ausgegangen werden. Beispiel: Ein „Chügelidealer“, d.h. ein Kleindealer wird dabei erwischt, wie er eine Kugel Kokain verkauft. Der Dealer ist Asylbewerber und hat kein Einkommen. Er wird somit zu 30 Tagessätzen à Fr. 10 verurteilt, also zu Fr. 300.–. Hätte der Verurteilte tatsächlich nur Nothilfe, wäre die Strafe in Ordnung. Diese Geldstrafe ist aber zu tief, da der Angeschuldigte sehr wohl ein höheres „illegales“ Einkommen hat, das jedoch nicht nachgewiesen werden kann.
– Weniger bedingten Strafvollzug
Neuer Art. 42 Abs. 2 (neu: kursiv)
„Wurde der Täter innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Tat zu einer bedingten oder unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten oder 180 Tagessätzen verurteilt oder hat er den entstandenen Schaden nicht beglichen, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen.“
Begründung: Die Voraussetzungen für den bedingten Strafvollzug wurden bei der letzten Revision zu stark gelockert. Dies hat dazu geführt, dass der bedingte Strafvollzug auch bei Wiederholungstätern die Regel ist. Kriminalpolitisch wäre es zu begrüssen, wenn der unbedingte Strafvollzug schneller ausgesprochen würde. Der aktuelle Vorschlag des Bundesrates sieht vor, dass der bedingte Strafvollzug nur bei Vorstrafen über 6 Monaten erschwert wird. In der heutigen Fassung des StGB ist von „mindestens“ 6 Monaten die Rede. Der Unterschied ist wesentlich. In den meisten Kantonen kann die Staatsanwaltschaft Strafbefehle bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe ausfällen. Auch die neue EStPO sieht dies vor. Dies führt dazu, dass viele Fälle, in welchen eine Strafe zwischen 6 und 12 Monaten angezeigt wäre, nur zu 6 Monaten verurteilt werden, weil auf diese Weise eine aufwändigere Anklageerhebung vermieden werden kann. Nach dem Vorschlag des Bundesrates würden diese Verurteilungen nicht mehr zu einer Erschwerung der günstigen Prognose führen. Dies ist abzulehnen. Zudem müssen auch Vorstrafen in Form von Tagessätzen zu einer negativen Prognose führen.
– Zwingender Widerruf des bedingten Strafvollzugs
Ergänzungen bei Art. 46 Abs. 2 (alt: durchgestrichen, Ergänzungen: kursiv)
„Ist nicht zu erwarten, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen wird, so verzichtet das Gericht auf einen Widerruf. Es kann den Verurteilten höchstens einmal verwarnen oder und die Probezeit um höchstens die Hälfte der im Urteil festgesetzten Dauer verlängern. Für die Dauer der verlängerten Probezeit kann das Gericht Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen. Erfolgt die Verlängerung erst nach Ablauf der Probezeit, so beginnt sie am Tag der Anordnung.“
Neuer Art. 46 Abs. 2 bis (neu: kursiv)
„Der Verzicht auf einen Widerruf ist nicht zulässig, sofern der Verurteilte in den letzten fünf Jahren vor der letzten Verurteilung zu gesamthaft mindestens 6 Monaten Freiheitsstrafe oder 180 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden ist. Die Strafe ist zu vollziehen, wenn der Verurteilte bereits einmal verwarnt worden ist.“
Begründung: Leider kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass bei Rückfällen trotz Vorstrafen kein Widerruf des bedingten Strafvollzugs verfügt wird. Anstelle des Widerrufs werden die Verurteilten immer wieder verwarnt. Dem soll ein Riegel geschoben werden. Eine Verwarnung sollte nur einmal ausgesprochen werden können und anschliessend muss der Widerruf erfolgen.
– Landesverweis obligatorisch
Zu Art. 67c
Die SVP begrüsst die Wiedereinführung des Landesverweises als strafrechtliche Sanktion. Störend ist allerdings die „Kann-Formulierung“ in den Abs. 1 und 3. An ihrer Stelle sind – allein schon aus Gründen der Rechtssicherheit – zwingende Ausschaffungstatbestände vorzusehen, analog der Ausschaffungsinitiative der SVP.
– Umwandlungssatz für gemeinnützige Arbeit
Ergänzungen bei Art. 79a Abs. 3 (Ergänzungen: kursiv)
„Vier Stunden gemeinnütziger Arbeit entsprechend einem Tag Freiheitsstrafe. Bei Personen, welche keiner oder nur einer teilweisen Erwerbstätigkeit nachgehen, wird der Umwandlungssatz angemessen erhöht.“
Begründung: Eine Person, die voll erwerbstätig ist, empfindet eine Umwandlung von einem Tag Freiheitsstrafe in 4 Stunden gemeinnützige Arbeit viel stärker als jemand, der keiner Arbeit nachgeht. Bei diesem wäre es korrekt, wenn er für einen Tag Freiheitsstrafe z.B. während 8 Stunden gemeinnütziger Arbeit nachgehen müsste.