Die SVP meldet dringlichen Korrekturbedarf bei der Agrarpolitik 22+ (AP22+) an. Der gleichbleibende finanzielle Rahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft ist positiv zu werten. Negativ zu unterstreichen sind unter anderem das ändernde Direktzahlungssystem, die überbordende Regulierung und der zunehmende Druck auf das bäuerliche Bodenrecht. Mangelhaft ist zudem die fehlende Konkretisierung von an sich positiven Grundsätzen, die in den Gesetzesänderungen keinen Niederschlag finden.
Aufgrund der vielseitigen Kritik hat der Bundesrat die Agrarpolitik 22+ (AP22+) überarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt. Die in der Gesamtschau angestrebte Verknüpfung von internationalem Handel und Agrarpolitik wurde im Sinne der Schweizer Landwirtschaft teilweise rückgängig gemacht. Trotzdem hat der Bundesrat weiterhin das Ziel, die Produzentenpreise dem Ausland anzupassen (Seite 42 des erläuternden Berichts). Das darf nicht das Ziel der AP sein. Oberstes Ziel muss es sein, das Einkommen der Landwirtschaft zu verbessern und nicht, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, zu verschlechtern. In der vorgeschlagenen AP22+ positiv zu werten sind die Beibehaltung des Rahmenkredits zugunsten der Landwirtschaft für die Zeitspanne 2022 bis 2025 sowie die Grenzschutzmassnahmen.
Es darf aber nicht sein, wie schon bei der AP 14 bis 17, dass bei gleich hoher Entschädigung eine höhere Leistung, welche nicht einmal an die Produktion gekoppelt ist, gefordert wird. Genau das tut aber die AP 22+ des Bundesrats.
Anstelle der längst geforderten Entschlackung und Vereinfachung all der mittlerweile unübersichtlichen Anforderungen an die Landwirtschaft werden in mehreren Bereichen wieder Mehrleistungen gefordert, die wir ablehnen. Beispiele dazu sind:
Die Inlandleistung für Fleisch, wonach wer Fleischimportkontingente beanspruchen will, sich auch am Inlandabsatz und an den öffentlichen Schlachtviehmärkten beteiligen muss, wurde auf Antrag der SVP gegen den Willen des Bundesrats schon in die AP 14 bis 17 gerettet und muss für den funktionierenden Fleischmarkt auch zukünftig beibehalten werden. Die SVP fordert auch die Beibehaltung der bescheidenen Marktentlastungsmassnahmen bei Schlachtkälbern oder Inlandeiern. Dank der Marktentlastungsmassnahme beim Kalbfleisch konnte in den vergangenen Jahren verhindert werden, dass der Produzentenpreis ins Bodenlose fiel. Damit kann vor allem das einkommensschwache Berggebiet unterstützt werden, wo die Kalbfleischproduktion vorwiegend stattfindet.
Das Schweizervolk hat am 24. September 2017 mit 78 Prozent einen klaren Auftrag an den Bundesrat in Bezug auf die Ernährungssicherheit formuliert. Dieser wird in der AP22+ generell zu wenig konkret dargestellt. Die Ernährungssicherheit muss mit konkreten Massnahmen gestärkt werden, damit eine höhere Wertschöpfung der zu produzierenden Nahrungsmittel erreicht wird. Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz sinkt stetig, da diese Massnahmen fehlen. Zusätzlich wirkt sich der «Swiss Finish» im Bereich Ökologie kontraproduktiv auf die produzierende Landwirtschaft und damit die Ernährungssicherheit aus.
Mit der Änderung des Direktzahlungssystems nach nur acht Jahren fehlt es in der AP22+ an stabilen und übersichtlichen Rahmenbedingungen. Diese sind für den Bauernstand und den langfristigen Erhalt der Unternehmensform des landwirtschaftlichen Familienbetriebs unablässig. Insbesondere ist die Einführung der sogenannten «standortangepassten Landwirtschaft» missraten; eine Regionalisierung von einzelnen ÖLN-Vorschriften wird abgelehnt. Das stärkt vor allem die Ökobüros, aber sicherlich nicht die Landwirtschaft. Die Folge ist mehr Bürokratie anstatt weniger.
Der Bundesrat geht deshalb mit der Umgestaltung des Direktzahlungssystems in eine völlig verkehrte Richtung. Einerseits brauchen die Bauern – wie alle anderen Betriebe – ein Minimum an Investitionssicherheit. Eine erneute grundlegende Umgestaltung des Direktzahlungssystems bringt wieder eine grosse Verunsicherung mit sich. Mit einem flächenunabhängigen Betriebsbeitrag auf Kosten des Versorgungssicherheitsbeitrags pro Hektare landwirtschaftliche Nutzfläche und der gleichzeitigen Abschaffung eines minimalen Tierbesatzes wird erneut die reine Landschaftspflege auf Kosten der Produktion gefördert.
Die Ausbildungsanforderungen an den Bauernstand dürfen nicht so massiv erhöht werden, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, da eine Akademisierung droht. Ein EFZ muss reichen, um Direktzahlungen beziehen zu können.
Die Neuausrichtung der Milchpreisstützung lehnen wir ab. Die Senkung der Verkäsungszulage durch eine Umlagerung eines Teilbetrags für die silagefreie Fütterung wird zwangsläufig zu einem weiteren Druck auf den Milchpreis auf breiter Ebene führen. Die unterschiedlichen Qualitäten zwischen Produktion mit und ohne Silage soll zu einem Teil wie heute, am Ladentisch mit unterschiedlicher Konsumentenpreisen entschädigt werden. Eigentlich will die Bundesverwaltung hier erneut das effizienteste Stützungsinstrument für die Milchproduktion über die Hintertür in Frage stellen. Wenn jetzt die Umlagerung auf jene Produkte mit der bereits besten Wertschöpfung erfolgt, leiden darunter einmal mehr alle Industriemilchproduzen, deren Misere seit der Aufhebung der Kontingentierung von der Verwaltung nie angegangen wurde und auch in der aktuellen Vernehmlassung schlicht ausgeblendet wird.
Die Abschaffung der Steillagenbeiträge wird von der SVP nicht unterstützt. Wir fordern eine Stärkung dieses Beitrages, indem die heutige Einstiegshürde von 30% gestrichen werden soll. Es sollen alle Flächen von über 50% Hangneigung von diesem Beitrag unterstützt werden. Zudem fordern wir eine Erhöhung der RAUS-Beiträge. Diese Beiträge sind heute viel zu tief angesetzt und decken den Arbeitsaufwand nicht gerecht ab.
Das bäuerliche Bodenrecht darf unter keinen Umständen gelockert werden, da sonst der Bauernstand mit den Familienbetrieben in der heutigen Form geschwächt massiv würde. Die Bauernfamilien sind das Rückgrat von Innovationsfähigkeit und Ernährungssicherheit in der Schweiz. Darum gibt es keinen Grund, beispielsweise juristische Personen in der Landwirtschaft zu stärken.