Die SVP ist strikt gegen die vorgeschlagenen Änderungen am Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPD). Die Vorlage zeigt ein absolutistisches Staatsverständnis, das sich aus moralistischen Gründen in die persönliche Freiheit der Bevölkerung einmischt. Die SVP ist der Meinung, dass durch Zwängerei versucht wird, das unpopuläre und unausgereifte EPD in der Bevölkerung mehrheitsfähig zu machen. Solange die Widerspruchslösung und die damit verbundenen Widerspruchsregister bestehen bleiben, wird die SVP jede Gesetzesänderung kategorisch ablehnen.
Wir sind entschieden gegen die Einführung von Widerspruchsregistern in jeglicher Form und fordern die sofortige Streichung dieses öffentlichen Registers. Jeder Einwohner der Schweiz hat das Recht auf den Schutz seiner persönlichen Daten, und die Einführung dieses Registers verletzt in drastischer Weise den Datenschutz. Darüber hinaus stellt die öffentliche Einsicht alle Personen, die kein EPD eröffnen wollen, an einen öffentlichen Pranger. Wir haben solche öffentlichen Blossstellungen von „Verhaltensunwilligen“ während der Corona-Pandemie erlebt, als ungeimpfte Personen öffentlich diskriminiert wurden. Solche Blossstellungen führen nur zu einer gesellschaftlichen Spaltung, die nicht im Interesse des EDI sein kann.
Wir betrachten den vorgesehenen Zwang, dass sich jeder Kanton an eine Stammgemeinschaft anschliessen soll, kritisch. Zu viel Zentralisierung und eine zu starke Regulierung führen unweigerlich zu mehr bürokratischem Aufwand und unnötigen Mehrkosten für die öffentliche Hand und das Gesundheitswesen. Gleichzeitig besteht die grosse Gefahr, dass die Koordination und Interoperabilität von acht Stammgemeinschaften zu Problemen und technischen Komplikationen führen können, welche unter Umständen die eigentlichen Vorteile des EPD wieder zunichtemachen. Darüber hinaus könnten Probleme bei der Abstimmung zwischen den Stammgemeinschaften zu Folgekosten führen, die sich dann wiederum in den Krankenkassenprämien und erhöhten Kantonsbeiträgen niederschlagen werden.
Die Querfinanzierung des EPD durch Bund und Prämienzahler sehen wir ebenfalls kritisch. Gerade in Zeiten, in denen das Bundesbudget nicht ausgeglichen ist und der Bund an verschiedenen Bereichen sparen muss, ist eine Querfinanzierung des EPD durch den Bund nicht gerechtfertigt. Wir sehen auch nicht ein, dass alle Prämienzahler in Sippenhaft genommen werden und alle das EPD mitfinanzieren müssen. Nur diejenigen Prämienzahler sollten einen Beitrag zur Finanzierung des EPD leisten müssen, die das EPD auch tatsächlich nutzen.
Die geringe Akzeptanz des EPD in der Bevölkerung resultiert aus den zahlreichen bürokratischen Hürden und der Intransparenz des Systems. Das EPD muss schlanker und unbürokratischer gestaltet werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Der Plan des EDI, die Verbreitung des EPD durch die Vorschrift der Eröffnung eines EPD für jeden Bürger zu forcieren, lehnen wir daher strikt ab. Das EDI versucht erneut, selbstgesteckte Ziele durch staatliche Zwänge zu erreichen und nimmt dabei massive Mehrkosten für das Gesundheitswesen in Kauf.
Die Entscheidung zur Eröffnung eines EPD sollte eine persönliche Wahl sein und nicht einem staatlichen Zwang unterliegen. Die vorgeschlagene Widerspruchslösung, die allen Bewohnern der Schweiz ein EPD vorschreibt, solange sie sich nicht explizit dagegen aussprechen, lehnen wir strikt ab. Das Vorschreiben solcher indirekten Zwänge ist nicht Aufgabe des Staates. Wir befürchten, dass Personen, die sich gegen ein EPD aussprechen, systematisch benachteiligt werden könnten. Mit der vorgestellten Vorlage werden sie bereits öffentlich an den Widerspruchspranger gestellt, und der nächste Schritt wäre dann, dass diese Personen höhere Krankenkassenprämien zahlen müssen, nur weil sie sich nicht an ein solches Datenmonster anschliessen möchten.
Wir sind besorgt über die Zunahme von Widerspruchslösungen in allen Dossiers des BAG. Nach der Widerspruchslösung bei der Organspende plant das BAG nun auch eine Widerspruchslösung für das EPD einzuführen. Als Partei der Freiheit und der Eigenverantwortung lehnen wir jeden dieser versteckten Zwänge zur staatlichen Kontrolle kategorisch ab und fordern das EDI auf, dieser Tendenz zu Widerspruchslösungen umgehend Einhalt zu gebieten.
Es stellt sich bei der Widerspruchslösung zudem die Frage, wie der Bundesrat beabsichtigt, diese durchzusetzen. Wenn die genannten Erfolgsfaktoren nicht griffig sind und das EPD weiterhin an Kinderkrankheiten leidet, wird ein Grossteil der Bevölkerung – möglicherweise sogar auf Anraten von Hausärzten oder anderen Leistungserbringern – den Opt-Out beantragen. In diesem Szenario wären wir nicht nur auf dem Stand von heute, wo zu wenige Personen das EPD haben wollen, sondern hätten auch eine grosse Menge öffentlicher Gelder sinnlos ausgegeben.
Ein funktionierendes EPD erfordert eine flächendeckende Beteiligung der Leistungserbringer. Wir lehnen jedoch ab, dass alle Leistungserbringer gezwungen werden, sich an Stammgemeinschaften anzuschliessen. Ein staatlicher Zwang zur Bereitstellung des EPD bei allen Leistungserbringern, ohne eine entsprechende Nachfrage in der Bevölkerung, führt nur zu massiven Mehrkosten ohne entsprechende Wirkung.
Wir fordern das EDI entschieden auf, die Umsetzung des Businessmodells des EPD zu verbessern. Funktionalität, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit sind die entscheidenden Faktoren, damit die Bevölkerung und die Leistungserbringer das EPD akzeptieren und es sich flächendeckend durchsetzen kann. Dazu gehört auch eine klare und verständliche Datenstruktur im Dossier, damit es von Patienten und Leistungserbringern genutzt und gelesen werden kann. Entscheidend werden auch die Vollständigkeit und Aktualität der Daten sein. Zwänge führen nur dazu, dass ein unausgereiftes EPD durchgesetzt wird, welches letztendlich aufgrund der Umständlichkeit der Handhabung, der Unvollständigkeit oder fehlenden Interoperabilität nur Mehrkosten verursacht.
Die Effizienzgewinne, die uns durch das EPD versprochen wurden, dürfen keinesfalls im System versickern. Kosteneinsparungen und andere Effizienzgewinne durch das EPD müssen direkt über Prämienreduktionen an die Versicherten zurückfliessen. Es fehlen jedoch entsprechende Überlegungen in der Vorlage. Wir fordern daher das EDI auf, Schätzungen zum prognostizierten Effizienzgewinn vorzulegen und auf dieser Grundlage einen Mechanismus für Prämienreduktionen zu implementieren.
Eine einheitliche Lösung zur eindeutigen Identifizierung der jeweiligen Patienten im Patientendossier begrüssen wir. Allerdings ist es widersprüchlich, die Identifizierung über die E-ID laufen zu lassen, da der Volkswille diese 2021 mit 64,4% klar abgelehnt hat. Da das revidierte E-ID Gesetz noch in Bearbeitung ist, wäre es angemessen, die E-ID vorläufig aus der Vorlage zu streichen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder darauf Bezug zu nehmen, wenn das neue E-ID Gesetz beschlossen wurde.
Der Teil der Vorlage, der es den Patienten ermöglicht, selbst zu bestimmen, wer auf ihre Daten im Dossier zugreifen kann, sollte vorerst gestrichen werden. Es gibt zu viele offene Fragen, die geklärt werden müssen. Es ist wichtig, sowohl den Datenschutz als auch die individuelle Entscheidung darüber, welche Daten jede Person freigeben möchte, zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist es unerlässlich zu analysieren, welche Daten unbedingt erforderlich sind, um eine sinnvolle Nutzung der Patientendaten zu gewährleisten und somit einen effektiven Nutzen durch die Verwendung des EPD zu erzielen. Eine umfassende Analyse dieser Aspekte ist notwendig, um sicherzustellen, dass das EPD seinen beabsichtigten Zweck erfüllt. Es besteht die Gefahr eines Datenchaos, wenn Patienten nur bestimmte Informationen im EPD speichern. Wenn beispielsweise Patient A nur Arztbesuche und Diagnosen aufzeichnet, aber keine Medikamente angibt und Patient B nur die aktuelle medizinische Versorgung und nicht die Vorerkrankungen preisgibt, könnte dies die Arbeit mit dem EPD beträchtlich einschränken. In solchen Fällen müsste man weiterhin auf analoge Methoden des Datenmanagements zurückgreifen, um eine angemessene Behandlung zu gewährleisten. Eine gründliche Analyse ist erforderlich, um festzulegen, welche Daten im EPD unbedingt erforderlich sind, um eine optimale Behandlung zu gewährleisten, während gleichzeitig die persönliche Freiheit und Kontrolle über die eigenen Daten respektiert wird.
Die zentralisierte Datenspeicherung bedarf weiterer Überprüfung. Wenn die Gesundheitsdaten der gesamten Bevölkerung in einer vom Bund betriebenen zentralen Datenbank abgespeichert werden, ist das nächste grosse Datenleck früher oder später vorprogrammiert. Wir plädieren hier für eine dezentrale Lösung. Auch die allgemeine Zurverfügungstellung der Patientendaten für Forschungszwecke sehen wir in diesem Zusammenhang ebenfalls kritisch. Damit generiert man eine Schwachstelle im System. Ausserdem ist es unklar, wie die in der Forschung verwendeten Daten fachgerecht und sicher gelagert werden sollen. Eine sorgfältige Überwachung und regelmässige Überprüfung der Datenspeicherung und -verwendung sind unerlässlich, um die Integrität und Sicherheit der Daten zu gewährleisten.