Vernehmlassung

Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastruktur (FinfraG)

Grundsätzlich anerkennt die SVP die Notwendigkeit und den damit verbundenen Handlungsbedarf, geltende internationale Standards angemessen zu berücksichtigen, um dem Wirtschaftsstandort Schweiz den Zugang an die internationalen Finanzmärkte nicht zu verschliessen. Wo ein notwendiger Regulierungsbedarf besteht, bietet die SVP deshalb Hand für eine EU-äquivalente Umsetzung. Hier gilt es aber Augenmass zu wahren, so dass weder ein „Swiss Finish" (keine weitergehende Regulierung als notwendig), noch sachfremde, mit der Zielsetzung des Marktzugangs in keinem Zusammenhang stehende, Anpassungen und Ergänzungen der bestehenden Gesetze vorgenommen werden. Der vorliegende Gesetzesentwurf erfüllt diese Kriterien jedoch nicht und muss von der SVP deshalb an den Bundesrat zur Überarbeitung zurückgewiesen werden.

Die Organisation und der Betrieb der Finanzmarktinfrastrukturen werden heute durch das Börsen-, das Banken- und das Nationalbankengesetz geregelt. Diese verstreuten Bestimmungen sollen aufgehoben und durch ein einheitliches  Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) ersetzt werden. Mit dem FinfraG soll auch der Handel mit Derivaten geregelt werden. Die vorgeschlagene Regulierung orientiert sich am europäischen Recht und will auch den Handel mit ausserbörslich gehandelten Derivaten (OTC-Derivate) einer Regelung unterstellen, welche heutigen internationalen Standards (EMIR, Dodd-Frank) entspricht. Damit sollen neu auch für die Schweiz drei Pflichten im Derivathandel gelten: Abrechnungspflicht (clearing obligation), Meldepflicht (reporting) und Risikominderungspflicht (risk mitigation).

Keine Notwendigkeit für neues Gesetz
Die SVP zweifelt grundsätzlich am Erfordernis, für die Regulierung des OTC-Derivatehandels, die im FinfraG im Vordergrund steht, überhaupt ein gänzlich neues Gesetz zu schaffen. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) selber hält im erläuternden Bericht der Vorlage fest, dass die Finanzmarktinfrastrukturen während der Finanzmarktkrise „weitgehend reibungslos funktioniert" haben. Es stellt sich aus Sicht der SVP somit die Frage, weshalb hier ohne Not eine weitere Baustelle eröffnet wird. Auch im internationalen Kontext liegen keine bindenden Verpflichtungen vor, welche eine Totalrevision unserer Finanzmarktinfrastrukturen begründen würden. Vor diesem Hintergrund lässt sich ein totaler Umbau unserer gesetzlichen Grundlagen schlicht nicht hinreichend begründen.

Für die OTC-Derivate besteht aufgrund der internationalen Verpflichtungen nachweislich Handlungsbedarf bei der Regulierung. Eine solche könnte aber schlank, beispielsweise über Verordnungen über eine Anpassung der geltenden Gesetzgebung erwirkt werden. Ein neues Gesetz ist dazu nicht notwendig.

Darüber hinaus darf der Gesetzgeber bei geplanten neuen Regulierungen die Rechtssicherheit und Stabilität des Schweizer Finanzplatzes nicht aus den Augen verlieren. In diesem Punkt sind wir der Auffassung, dass der vorliegende Entwurf mit über 148 vorgeschlagenen Titeln und Anpassungen von über zehn bestehenden Gesetzen dem Prinzip der Rechtssicherheit nicht mehr gerecht wird.

Unnötiger „Swiss Finish"Der Entwurf sieht vor, standardisierte OTC-Derivate über eine zentrale Gegenpartei abzurechnen. Mit dieser Regelung im Rahmen international verbindlicher Standards sind wir einverstanden. Die Abbrechungspflicht soll in der Schweiz jedoch auch für die börslich gehandelten Derivate gelten und nicht – wie unter EMIR – nur für Derivate, die nicht über eine Börse gehandelt werden. Diese Überreglementierung ist unangemessen und stellt einen aus unserer Sicht unnötigen „Swiss Finish" dar. Einen solchen lehnt die SVP entschieden ab.

Es ist für die SVP grundsätzlich nicht nachvollziehbar, weshalb der Bundesrat hier wieder eine zusätzliche Verschärfung vornimmt, bräuchte es doch gerade im Bereich der Derivateregulierung angemessene Ausnahmen von Clearing- und Risikominderungspflichten, insbesondere um die kleinen und mittleren Finanzdienstleistungsunternehmen nicht zusätzlich zu belasten.

Weitere Bemerkungen
Mit zunehmender Sorge stellt die SVP eine generell hohe Gesetzgebungskadenz im Finanzsektor fest. Diese ist dem EFD geschuldet, welches die gesamte Regulierung auf eine neue Grundlage stellen will, wobei das FinfraG lediglich ein Teil des Gesamten ausmachen soll. Es wird ergänzt durch das Finanzdienstleistungsgesetz (FidleG), das bis Mitte 2014 in die Vernehmlassung gegeben werden soll, dem Finanzinstitutsgesetz (FiniG), welches die Vermögensverwaltung regeln und sich bereits in Planung befinden soll, sowie dem Finanzmarktaufsichtsgesetz (FinmaG), das bereits besteht.
Es stimmt zudem nachdenklich, dass sogar Grossbanken mit gut ausstaffierten Rechtsabteilungen wochenlang damit beschäftigt waren, das FinfraG zu verstehen und seine Auswirkungen zu analysieren. Es liegt darum auf der Hand, dass das FinfraG die Kapazitäten der kleineren Institute, aber auch des Gesetzgebers, den Aufsichtsbehörden und nicht zuletzt den politischen Parteien überstrapaziert.

Von einem derart gedrängten Vorgehen ist unbedingt Abstand zu nehmen, denn neue Regulierungen erfordern seitens der Finanzdienstleister immer auch eine Anpassung der Strukturen und Prozesse, was sich in diesem Kontext zweifellos auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken wird. Dabei gilt es ein Gleichgewicht zu finden, zwischen der Erfüllung internationaler Standards und einer Überregulierung, welche die Konkurrenzfähigkeit über Gebühr einschränkt.

Die SVP lehnt das neue Finanzmarktinfrastrukturgesetz in dieser Form ab. Wir bezweifeln, dass die komplette Umstellung der gesamten Infrastrukturregulierung erstens notwendig und zweitens in der vorliegenden Form überhaupt umsetzbar ist. Hält der Bundesrat jedoch unverändert an der Vorlage fest, sollte zumindest der gesamte Teil der Infrastruktur zurückgestellt werden, da sich zurzeit die internationalen Standards nur dringlich auf die Derivateregulierung auswirken. Die Regulation der OTC-Derivate müsste, im Hinblick auf den Markzutritt, in diesem Fall prioritär angegangen werden. In einem zweiten Schritt könnte zu einem späteren Zeitpunkt der zurückgestellte Infrastrukturteil angegangen werden, wobei es eine schlanke Umsetzung anzustreben gilt, die sich stärker an den heutigen Gesetzesgrundlagen orientiert. 

 

 
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