Das Netzwerk mit heute 38 Staaten und Territorien, mit denen die Schweiz den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) seit 2017/2018 umsetzt, soll ab 2018/2019 um weitere 41 Staaten und Territorien erweitert werden.
Zum heutigen Zeitpunkt lehnt die SVP die Einführung des AIA mit weiteren Staaten und Territorien entschieden ab und verlangt stattdessen dringend einen Marschhalt. Unsere von Anfang an konsequent ablehnende Haltung und die grundlegende Kritik am System des automatischen Informationsaustauschs durch die SVP muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Da die Schweiz nun diesen Weg trotzdem eingeschlagen hat, müssen zumindest wichtige Grundsätze wie gleich lange Spiesse zwischen den Finanzplätzen, Regularisierungsmöglichkeiten, der Datenschutz sowie erkennbare Anstrengungen für einen Marktzugang eingehalten werden. Hier bestehen für die meisten der betreffenden Länder unsererseits noch starke, begründete Vorbehalte. Bezüglich des Datenschutzes kommt auch der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) zum Schluss, dass das Sicherheitsniveau bei 19 Ländern ungenügend sei. Das hohe Tempo des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) ist für die SVP überraschend und befremdend, da seitens der OECD kein konkreter Druck – höchstens eine «Erwartungshaltung» – besteht, dass die Schweiz weitere AIA-Abkommen abschliesst. Die SVP verlangt daher, das heutige AIA-Netzwerk zuerst einer eingehenden Evaluation (hinsichtlich Vertraulichkeit, Datenschutz und Spezialitätsprinzip) zu unterziehen, bevor es voreilig um weitere Länder bzw. Territorien erweitert wird. Auch gilt es, das «Level Playing Field» mit den massgebenden Konkurrenzfinanzplätzen sicherzustellen. Solange die Vereinigten Staaten als wichtigstes OECD-Mitglied selber keine AIA-Abkommen unterzeichnet haben, wird die SVP Erweiterungen des heutigen Netzwerkes strikt ablehnen. Sollte der Bundesrat entgegen dieser Forderung eines sofortigen Marschhalts und Evaluation der bestehenden Abkommen dennoch eine Botschaft verabschieden, wird sich die SVP im parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, dass nur AIA-Abkommen mit demokratischen Staaten oder Territorien abgeschlossen werden, die im Korruptionsindex (Transparency International) mehr als 45 Punkte aufweisen. Diese Punktezahl erklärt sich daraus, dass Dänemark auf dem aktuellen Ranking (2016) mit 90 Punkten Platz 1 belegt und die Schweiz verlangen muss, dass AIA-Abkommen nur mit Staaten infrage kommen, deren Punktezahl über der Hälfte des erstplatzierten Staates liegt.
Wir haben uns bereits in unserer Stellungnahme «Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sowie zur Genehmigung der multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten und eines Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen» dahingehend vernehmen lassen, dass wir bei einer Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) darauf bestehen werden, dass:
In vielen der zur Vernehmlassung stehenden Länder bzw. Territorien stehen aktuell keinerlei adäquate Regularisierungsmöglichkeiten bereit, um die steuerliche Situation zu bereinigen. Eine Regelung der Vergangenheit ist nur unter Zahlung von zum Teil hohen Strafsteuern und teilweise strafrechtlichen Massnahmen bis hin zu Gefängnisstrafen möglich. Zwar schliessen die zur Vernehmlassung stehenden, nicht konformen Länder bzw. Territorien ein Regularisierungsprogramm zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus. Sollten diese Länder bis zur Verabschiedung der Botschaft aber keine angemessenen Offenlegungsprogramme zur Verfügung stellen, kann die SVP der Aktivierung des AIA mit diesen Staaten unter keinen Umständen zustimmen.
Ebenso elementar wie die Möglichkeit zur Vergangenheitsregularisierung im Partnerstaat ist, ob dieser den Datenschutz gewährleistet und ob das Spezialitätsprinzip eingehalten wird. Es ist für die SVP schlicht nicht nachvollziehbar, wie das SIF im erläuternden Bericht zum Schluss gelangt, dass die Schutzniveaus der zur Vernehmlassung stehenden Länderliste den verfassungsrechtlichen Mindeststandards an den Datenschutz genügen sollen. Da das SIF keine Einblicke in das Evaluationsverfahren gibt, kann diese Behauptung auch nicht nachgeprüft werden und muss als reines Wunschdenken abgetan werden. Die SVP vertritt bezüglich des Datenschutzes die Auffassung, dass die Rechts- und Verwaltungsstrukturen im tatsächlichen Umgang mit Personendaten in den meisten Ländern mindestens als unberechenbar gelten müssen. Solange diese Vorbehalte nicht ausgeräumt werden, wird sich die SVP gegen Datenlieferungen in diese Länder aussprechen.
Aus Sicht der SVP grobfahrlässig und vollkommen unzumutbar wäre die Einführung des AIA mit Ländern wie Russland, der Volksrepublik China, Brasilien, Kolumbien oder auch Mexiko. In Ländern wie diesen sind politisch motivierte Verfahren an der Tagesordnung, die Kriminalitätsrate erschreckend, die Korruption allgegenwärtig. Dies bestätigt ein Blick in den Korruptionsindex (Corruption Perceptions Index), wo alle Länder weniger als 45 Punkte aufweisen bzw. erst ab dem Rang 79 (Brasilien, Volksrepublik China) aufgeführt werden.[1]
Bei der Volksrepublik China sowie Russland handelt es sich darüber hinaus um autoritäre Regimes. Beide Länder erhalten im Freedom-House-Index die Klassifikation «nicht frei» und somit die tiefstmögliche Wertung.[2] Die SVP ist hierbei grundsätzlich der Auffassung, dass nichtdemokratische, autoritäre Regimes per se den vorausgesetzten Datenschutz nicht gewährleisten können. Hier zeigt sich deutlich, dass der AIA auf Rechtsstaaten westeuropäischer Art zugeschnitten ist und nicht auf undemokratische Staatsformen, die nicht über die entsprechenden rechtsstaatlichen Prinzipien verfügen, angewendet werden kann.
Die SVP wird sich im parlamentarischen Verfahren deshalb dafür einsetzen, dass der AIA nur mit Ländern und Territorien angewendet wird:
Eine Lieferung von Daten an Staaten, die diesen Kriterien nicht entsprechen, hätte insbesondere auch für die dort lebenden Auslandschweizer nicht akzeptierbare und nicht zu verantwortende Konsequenzen. Viele von ihnen halten sich nur für eine begrenzte Zeit im jeweiligen Land auf, oftmals der Arbeit wegen. In Brasilien gibt es beispielsweise Schweizer Firmen, die ihren Schweizer Mitarbeitern aus Erfahrung abraten, den brasilianischen Behörden ihre finanzielle Situation in der Schweiz offenzulegen. Zu gross ist die begründete Angst vor Entführungen oder Repressalien. Die SVP möchte von jedem einzelnen Bundesrat gerne wissen, ob er die Einführung des AIA z.B. mit Brasilien auch dann befürworten würde, wenn er selber ein in Brasilien lebender bzw. arbeitstätiger Auslandschweizer wäre. Ebenfalls negativ betroffen von der Einführung des AIA mit einem solchen Staat wären darüber hinaus auch Personen, die ihr Vermögen ausser Landes gebracht haben, weil sie politisch verfolgt werden.
Abschliessend ist es für die SVP im Hinblick auf weitere mögliche AIA-Abschlüsse zentral, dass das Vorgehen des SIF verbessert wird. Nebst einer unabhängigen und nicht nur auf Verlautbarungen abstützenden Überprüfung der jeweiligen ausländischen Datenschutzniveaus ist insbesondere die Frage zu klären, ob und mit welchen anderen Ländern der Partnerstaat wiederum selber einen AIA einführen wird.