Vernehmlassung

Teilrevision Bundesgesetz über Tabakprodukte und elektronische Zigaretten (TaPG)

Die SVP lehnt die vorliegende Teilrevision ab. Die Vorlage entspricht nicht dem Auftrag des Parlaments: Sie geht über die angenommene Volksabstimmung und den Inhalt des vom Parlament beschlossenen Gesetzes hinaus. Staatspolitisch ist es nicht tragbar, dass die Verwaltung hier – einmal mehr – selbst zum Regulator wird und demokratisch getroffene Entscheid faktisch nicht akzeptieren will. Die Verwaltung hat sowohl den Inhalt der Volksabstimmung vom 13. Februar 2022 wie auch die Beschlüsse des Parlaments zu respektieren und umzusetzen. Die SVP wehrt sich dezidiert gegen die vorliegende Verletzung der Gewaltenteilung. Sodann verurteilen wir die geplanten Eingriffe in die Privatsphäre und die unternehmerische Freiheit in aller Schärfe.

Der Bundesrat und die Verwaltung gehen im vorliegenden Entwurf weit über den Willen der Volksinitiative hinaus und verfolgen offenbar eigene Interessen. Dies ist mit Blick auf das Prinzip der Gewaltenteilung dezidiert zu verurteilen.

Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» verlangt den Schutz der Minderjährigen vor Tabakwerbung und nicht ein totales Werbeverbot. Das EDI versucht, den Willen des Parlaments, aber auch der Bevölkerung zu unterlaufen und faktisch ein Totalverbot des Rauchens durchzusetzen, ohne dies direkt anzusprechen – und v.a. ohne dabei die demokratischen Spielregeln zu berücksichtigen und zu respektieren.

Der vorliegende Entwurf verletzt aus Sicht der SVP zentrale staatspolitische Prinzipien. Nicht nur geht das EDI in dieser Vorlage weit über das Anliegen der Initianten hinaus, es überarbeitete das TaPG auch in weiteren Bereichen, obwohl dieses erst im Herbst 2021 vom Parlament verabschiedet wurde. Hier wurde auf Kosten der Steuerzahler in vorauseilendem Gehorsam, gegen Beschlüsse des Parlaments (siehe Debatte rund um das Geschäft 15.075) und weiterreichend als die Volksinitiative unnötigerweise ein Gesetz revidiert anstatt – wie es der Auftrag gewesen wäre – eine Volksinitiative, welche selbst griffige und weniger weitreichende Vorschläge zu Formulierungen lieferte, umgesetzt. Die SVP verurteilt diese Umgehung demokratischer Prinzipien und die bewusste Ignorierung des Willens des Parlaments.

Parlamentarische Entscheide werden missachtet

Das Tabakproduktegesetz wurde nach mehrjähriger Diskussion im Herbst 2021 von der Bundesversammlung verabschiedet. Gegen das Gesetz wurde kein Referendum ergriffen, weshalb die Beschlüsse verbindlich sind. Hingegen haben Volk und Stände im Frühjahr 2021 einer Initiative zugestimmt, welche im Bereich der Werbung eine etwas striktere Linie vorgeben will. Diese Initiative muss nun – zusammen mit dem Gesetz – umgesetzt werden durch die Verwaltung. So wie die Verwaltung gehalten ist, Initiative und Gesetz umzusetzen, darf sie auch nicht über die entsprechenden Beschlüsse hinausgehen. Die Exekutive ist an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden.

So war beispielsweise die Meldepflicht der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring nie Thema der Initiative. Ebenso wurden dahingehende Anträge im Parlament abgelehnt – dies nach reiflicher Diskussion. Dass die Verwaltung dieses Anliegen aus eigenem Antrieb wieder aufnimmt, ist ein Skandal und eine grobe Verletzung der Gewaltentrennung. Kommt hinzu: Eine solche Bestimmung dient weder dem Jugendschutz noch der Verhinderung des Tabakkonsums. Angaben privater Unternehmen zu den Bereichen Werbung, Promotion oder Sponsoring fallen in den Bereich der unternehmerischen Freiheit und der Geschäftsgeheimnisse. Meldepflichten würden gegen verfassungsmässig garantierte Grundrechte verstossen; sie würden eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit darstellen. Eine solche Bestimmung gegen den Willen des Parlaments auf Verordnungsebene einzuführen, würde zentralen verfassungsrechtlichen Grundsätzen widersprechen; insbesondere bedarf es bei einer Einschränkung von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV) – eine Verordnungsbestimmung genügt hierfür nicht. 

Gefährliches Präjudiz

Der vorliegende Entwurf will sämtliche Werbung für Tabakprodukte verbieten, welche irgendwie von Minderjährigen gesehen werden könnte. Im Abstimmungsbüchlein schrieb der Bundesrat hingegen, dass Tabakwerbung weiterhin zulässig sei, «die auf Erwachsene abzielt und Minderjährige nicht erreicht, etwa Werbe-Mails, Prospekte und gezielte Werbung im Internet oder in den sozialen Medien.» Das in dieser Vorlage geforderte totale Werbeverbot zeugt von einer rückwärtsgewandten Technologiefeindlichkeit und greift direkt in die Souveränität des Individuums und die Erziehungskompetenz der Erziehungsberechtigten ein. Als lapidare Erklärung wird angegeben: «Selbst, wenn der Kauf Erwachsenen vorbehalten wäre, kann nicht verhindert werden, dass Minderjährige beispielsweise am Familientisch durch solche Werbung erreicht würden». Der Bundesrat mischt sich somit direkt ins Familienleben und die Privatsphäre der Bevölkerung ein, was den Grundsätzen unseres liberalen, demokratischen Rechtsstaats diametral widerspricht. Die Befürchtung ist berechtigt, dass ein gefährliches Präjustiz geschaffen wird, was auf andere Bereiche der individuellen Lebensplanung und der individuellen Lebensauffassung übergreifen könnte. 

Technologieblindheit

Die moderne Technologie erlaubt die Erfassung des Alters von Nutzern. Dies wiederum ermöglicht das Schalten von benutzerdefinierter Werbung, welche sich nicht nur an persönlichen Präferenzen des Nutzers orientiert, sondern auch an sein Alter angepasst werden kann. Im Erläuternden Bericht verneint der Bundesrat eine solche Möglichkeit. Dies steht in direktem Widerspruch zu seiner gleichentags veröffentlichten Antwort auf die Ip. 22.3733, wo er sagt, dass «verlässliche Systeme zur Altersprüfung für den Online-Handel existieren und angewendet werden» (Antwort vom 31.8.2022). Daher ist das grundlegende Werbeverbot für Tabakprodukte eine unnötige Schikane und dokumentiert, dass das EDI offenbar technologisch noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist.

Anpassungsvorschläge

Art. 18, Abs. 1 anpassen:

Werbung sowie Hinweise auf Verkaufsförderung oder Sponsoring für Tabakprodukte, für elektronische Zigaretten sowie für Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden, sind verboten für Tabakprodukte und für elektronische Zigaretten sowie für Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden, die sich an Minderjährige richtet oder Minderjährige erreicht, ist untersagt; insbesondere Werbung: …

  1. auf Werbeträgern, auf denen sie Minderjährige erreichen können, namentlich:
    1. auf Plakaten und allen anderen Formen der Aussenwerbung auf öffentlichem oder privatem Grund, wenn diese von öffentlichem Grund einsehbar sind,
    2. in postalischen Werbesendungen, es sei denn, sie sind direkt an Erwachsene adressiert und neutral verpackt
    3. in elektronischen Werbenachrichten, es sei denn, sie sind direkt an Erwachsene adressiert;
  2. In Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen, ausser 80% der Leserschaft besteht aus Erwachsenen oder im Innenteil von Publikationen, die mehrheitlich über Abonnemente an Erwachsene verkauft werden.
  3. an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können
  4. Auf Internetseiten, ausser wenn geeignete Massnahmen sicherstellen, dass die Werbung gezielt für Erwachsene geschaltet wird;
  5. NEU: An Orten und Veranstaltungen, die von Minderjährigen besucht werden, ausser wenn geeignete Massnahmen sicherstellen, dass die Werbung für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist.

Mit den Anpassungen bei Art. 18, Abs. 1 wird die Technologieblindheit des EDI aufgehoben. Auch wird dadurch der Eingriff in die Selbstständigkeit des erwachsenen Individuums aufgehoben, sowie auf die Eigenverantwortung der Erwachsenen gesetzt. Auch wurde mit f. eine Präzisierung zu den Veranstaltungen vorgenommen.

Art. 18, Abs. 2 anpassen:

Werbung sowie Hinweise auf Verkaufsförderung oder Sponsoring für Tabakprodukte, für elektronische Zigaretten sowie für Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden, dürfen keine preisvergleichenden Angaben oder Versprechen von Geschenken enthalten.

Zusätzlich zu Absatz 1 ist die Werbung für Tabakprodukte und für elektronische Zigaretten sowie für Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden untersagt:

  1. Wenn sie mit preisvergleichenden Angaben oder mit Versprechen von Geschenken betrieben wird;
  2. Auf Plakaten und allen anderen Formen der Aussenwerbung auf öffentlichem oder privatem Grund, wenn diese von öffentlichem Grund einsehbar sind;
  3. Auf Gegenständen, die nicht im Zusammenhang mit Tabakprodukten stehen.

Das EDI schiesst in seinem Vorschlag über das Ziel hinaus und wird in dieser Form abgelehnt. Mit der hier vorgeschlagenen Anpassung des Absatzes wird der bestehende Art.18, Abs. 2 entsprechend dem Vorschlag der Initianten angepasst.[1]

Art. 18, Abs. 4 neu:

Das Verbot nach Absatz 2 Buchstabe b gilt nicht für:

  1. Werbung in der Verkaufsstelle, wenn sich die Werbung im direkten Umfeld der Tabakprodukte befindet.
  2. Werbung in Verkaufsgeschäften, die für Minderjährige nicht zugänglich sind.

Hier wird eine Einschränkung des Werbeverbotes in einschlägigen Läden wie zum Beispiel Tabakläden definiert, wo Minderjährige keinen Zutritt haben sollten.

Art. 19, Abs. 1 anpassen:

Die folgenden Formen der Förderung des Verkaufs von Tabakprodukten und von elektronischen Zigaretten sowie von Gegenständen, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden, sind verboten:

  1. die unentgeltliche Abgabe dieser Produkte und Gegenstände;
  2. die Abgabe von Geschenken oder Preisen;
  3. der Verkauf durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlich zugänglichen Orten, die von Minderjährigen besucht werden können.

Die Förderung des Verkaufs von Tabakprodukten und von elektronischen Zigaretten sowie von Gegenständen, die eine funktionale Einheit mit einem Tabakprodukt bilden, ist durch deren unentgeltliche Abgabe an Minderjährige oder durch die Abgabe von Geschenken oder Preisen an Minderjährige verboten.

Hiermit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Initiative zum Ziel hatte Werbung für Minderjährige zu verbieten und nicht generell für alle Menschen in der Schweiz. Auch wird mit dieser Formulierung die Eigen-Prävention der Tabakkonzerne ermöglicht. Zum Beispiel wäre es mit der ursprünglichen Formulierung nicht möglich, dass ein Zigarettenhersteller seinen Produkten einen Gratis-Gutschein für das Ausprobieren von (vermutlich) gesundheitsfreundlicheren E-Zigaretten beilegen könnte oder auf ein Angebot eines externen Präventions- oder Vorsorgeanbieter hinweisen könnte.

Art. 19, Abs. 2 anpassen:

Das Verbot gilt insbesondere nicht für:

  1. Verkaufsförderung, die sich ausschliesslich an die in der Tabakbranche tätigen Personen richtet die ausschliesslich erwachsene Konsumenten erreicht;
  2. direkte, persönlich ausgeführte Verkaufsförderung für Zigarren und Zigarillos mittels Degustationen und Kundenpromotionen, an Orten, zu denen Minderjährige keinen Zutritt haben welche ausschliesslich erwachsene Konsumenten erreicht;
  3. NEU: direkte Verkaufsförderung mittels persönlichen Mailings und Abgabe von Flyern an erwachsene Konsumenten.

Es geht hier um die Präzisierung, dass Werbung dann nicht verboten ist, wenn diese ausschliesslich Erwachsene erreicht. So wie vom EDI formuliert ist jegliche Werbung verboten, bei der ein Minderjähriger unter zufälligen Umständen die Werbung zu Gesicht bekommen könnte – was eine unverhältnismässige Einschränkung darstellen würde.

Art. 20, Abs. 1 anpassen:

Sponsoring von Veranstaltungen in der Schweiz ist untersagt, wenn diese:

  1. auf ein minderjähriges Publikum abzielen. von Minderjährigen besucht werden.

Dieser Anpassungsvorschlag wurde so direkt von den Initianten übernommen.[2]

Art. 20, Abs. 3 neu:

Die Verbote nach Absatz 1 und 2 gelten nicht, wenn geeignete Massnahmen sicherstellen, dass die Werbung vor Ort für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist

Die Initiative hatte zum Ziel Minderjährige vor Werbung zu schützen und nicht erwachsene. Dementsprechend muss das Sponsoring von Veranstaltungen der Tatsache Sorge tragen, dass Werbeeinschränkungen gegenüber Minderjährigen getroffen werden, dass aber keine Verkaufsfördernden Massnahmen verboten werden, wenn sich diese an ein ausschliesslich erwachsenes Publikum richten. Die vorgeschlagene Präzisierung hier erlaubt Werbung in Arealen, zu welchen nur Erwachsene Zutritt haben.

Art. 27a Meldung der Ausgaben für Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring ist ersatzlos zu streichen.

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der vorgeschlagenen Pflicht zur Offenlegung von Marketingausgaben und der Volksinitiative. Es besteht auch kein Zusammenhang zwischen dem Offenlegen von Marketingausgaben und dem Schutz von Minderjährigen. Auch hat das Parlament solche Meldepflichten mehrfach abgehlehnt und missachtet daher demokratische Prinzipien.

Art. 30, Abs. 4 Vollzugsaufgaben ist ersatzlos zu streichen.

Dieser Artikel hätte nur einen unverhältnismässigen Mehraufwand im Bereich Verwaltung zur Folge und würde weiteren unnötigen Stellenbedarf bei der Verwaltung generieren. Es handelt sich dabei also um eine unnötige Aufblähung des Verwaltungsapparats und wird daher von uns abgelehnt.

[1] VI_KinderohneTabak_Umsetzungsvorschlag_D_qS5uLbz.pdf

[2] VI_KinderohneTabak_Umsetzungsvorschlag_D_qS5uLbz.pdf

 
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