Die vorliegende Totalrevision des öffentlichen Beschaffungswesens trägt dem Föderalismus wenig Rechnung und strebt nach einer nationalen Einheitslösung. Gegenwärtig haben sich die Kantone…
Antwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Die vorliegende Totalrevision des öffentlichen Beschaffungswesens trägt dem Föderalismus wenig Rechnung und strebt nach einer nationalen Einheitslösung. Gegenwärtig haben sich die Kantone verpflichtet, im Beschaffungswesen gewisse einheitliche Standards einzuhalten. Allerdings könnten diese über die Anpassung der bestehenden Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) eine Verbesserung erfahren. Unbestrittene Inhalte dieser Vorlage könnten in die IVöB integriert werden. Daher ist die vorliegende Totalrevision nicht der richtige Weg, die Probleme im Bereich des Beschaffungswesens zu lösen. Zudem fordert die SVP, dass ausländische Unternehmen nicht bevorzugt behandelt werden.
Eine gesamtschweizerische Harmonisierung des Beschaffungsrechts widerspricht unserem föderalistischen Prinzip. Hinzu kommt, dass die meisten Kantone dem Konkordat der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) beigetreten sind. Dieses System, welches auf Subsidiarität und Selbstverantwortung aufgebaut ist, erachten wir als den richtigen Weg.
Nebst dem genannten grundsätzlichen Mangel bestehen in den einzelnen Bestimmungen weitere Schwächen und Nachteile:
Art. 3: Es gibt keinen Grund, die Entwicklungshilfe vom öffentlichen Beschaffungswesen auszunehmen.
Art. 15: Hier kommt der zentralisierende Ansatz besondern deutlich zum Ausdruck; die erheblichen kantonalen Unterschiede werden schlicht ignoriert und somit werden für vielen Kantone unpassende Vorgaben gemacht. Die Kantone sollten die Möglichkeit haben, den Schwellenwert gemäss ihrer lokalen Situation sowohl zu erhöhen als auch zu senken.
Art. 19, Art. 31ff inkl. Anhang 1: Um eine minimale Transparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten, sind diese Bestimmungen zu präzisieren. Insbesondere sollen die konkreten Zuschlags- und Auswahlkriterien sowie deren Gewichtung der Ausschreibung beigelegt werden.
Art. 25 Abs. 3: Die SVP fordert, dass für ausländische Anbieterinnen ohne Sitz oder Niederlassung in der Schweiz ausnahmslos das Recht vor Ort massgebend ist. Es soll das Prinzip der „gleich langen Spiesse für alle“ gelten.
Art. 39 Abs. 2: Dieser Artikel verlangt, dass der Zuschlag an das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen müsse. Der tiefste Preis kann aber einzig bei standardisierten Leistungen alleine ausschlaggebend sein.
Art. 46f.: Das Institut des Dialogs sowie dasjenige der Verhandlungen stehen dem Grundsatz der Transparenz entgegen. Die Verfahrenselemente müssen entweder präziser geregelt werden oder dann soll aus rechtsstaatlichen Gründen auf dieses Institut verzichtet werden.
Art. 58: Auch militärische Güter sollen in einem transparenten Verfahren beschafft werden. Für Fälle der Dringlichkeit aufgrund der nationalen Sicherheit ist die Bestimmung in Art. 58 Abs. 1 lit. b ausreichend.
Im Zusammenhang mit militärischen Beschaffungsaufträgen sei hier auf eine Empfehlung der Weko verwiesen: Am 23. Juni 2008 hatte diese zu Handen des Bundesrates eine Empfehlung zur Verbesserung des Rechtsschutzes bei Beschaffungen durch die armasuisse erlassen. Diese Empfehlung erfolgte im Zusammenhang mit der Beschaffung von Helikoptern. Darin wird festgestellt, dass bei Rüstungsbeschaffungen die unterlegenen Anbieter selbst dann keine Beschwerdemöglichkeiten haben, wenn der Zuschlag auf einer Verletzung des zentralen Grundsatzes der Gleichbehandlung beruht. Die Revision des BöB sollte diese Empfehlung aufnehmen.
Art. 60 – Art. 67: Der zweite Abschnitt des vierten Kapitels öffnet der Willkür Tür und Tor. Deshalb ist das freihändige Verfahren ausschliesslich bei Unterschreitungen des Schwellenwertes anzuwenden. Nur so kann erreicht werden, dass Arbeitsvergebungen seriös vorbereitet bzw. geplant werden.
Art. 83: Im erwähnten Verfahren betr. Beschaffung von Helikoptern haben sich Abgrenzungsprobleme zwischen KG und BöB manifestiert. Die Empfehlungen der Weko belegen dies. Der Weko ohne klare Instruktionen eine Behördenbeschwerdebefugnis zuzusprechen, ist deshalb problematisch.