Mit dem am 26. Mai 2020 von der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) verabschiedeten Vorentwurf zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) soll die Standesinitiative 17.304 des Kantons Tessin umgesetzt werden. Ziel der Gesetzesänderung ist es, für schwere Motorwagen zum Sachen- oder Personentransport auf den Transitstrassen im Alpengebiet innert 5 Jahren Mindeststandards für die Ausrüstung mit unfallvermindernden Assistenzsystemen durchzusetzen. Für bestimmte nicht grenzüberschreitende Transporte soll der Bundesrat eine längere Frist vorsehen können. Die SVP lehnt die vorgeschlagenen Änderungen des Strassenverkehrsgesetzes ab, da es sich hierbei um eine unnötige politische Zwängerei handelt, die hauptsächlich auf dem Rücken der inländischen Gewerbetreibenden ausgetragen würde.
Vorweg ist festzuhalten, dass bereits heute die Verkehrssicherheit in der Schweiz im internationalen Vergleich hervorragend ist. Folglich ist darauf zu achten, dass weitere Massnahmen, die auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit abzielen, verhältnismässig sind. Hierzu haben neue Vorschriften und Einschränkungen in einem ausgeglichenen Verhältnis zu deren Nutzen zu stehen und dürfen inländische Unternehmen im Vergleich zu deren ausländischen Konkurrenten nicht weiter benachteiligen. Aus Sicht der SVP erfüllt der vorliegende Vorentwurf diese Anforderung nicht.
Die vorgeschlagene Änderung sieht vor, dass betroffene Fahrzeuge fünf Jahre, nachdem unfallvermindernde Assistenzsysteme für die Erteilung der Fahrzeugtypengenehmigung oder für die Fahrzeugprüfung obligatorisch geworden sind, mit solchen Systemen ausgerüstet sein müssen, um auf den Transitstrassen im Alpengebiet verkehren zu dürfen. Diese Massnahme trifft vor allem Schweizer Unternehmen und insbesondere jene, die ihren Fuhrpark für den Güter- und Personenverkehr im Inland einsetzen. Denn die Schweiz würde mit dem überhasteten Setzen von Mindeststandards im Vergleich zum Fahrplan der EU wieder einmal vorpreschen und den Schweizer Unternehmen das Leben unnötig schwer machen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist absehbar, dass sowohl durch den technologischen Fortschritt wie auch durch bereits vorgesehene beziehungsweise zum Teil bereits bestehende gesetzliche Anpassungen in der EU sowie der Schweiz die geforderten Assistenzsysteme ohnehin zum Standard werden. Eine politische Zwängerei, wonach die geforderten Systeme nun innerhalb kürzerer Frist für den alpenquerenden Verkehr durch die Schweiz für obligatorisch erklärt werden sollen, ist absolut fehl am Platz.
Hinzu kommt, dass Fahrzeuge im internationalen Verkehr aufgrund ihrer hohen Kilometerleistungen und dem damit verbundenen Einsparpotenzial (z.B. geringerer Treibstoffverbrauch, LSVA) tendenziell moderner sind als Fahrzeuge, die mit deutlich weniger Laufleistung im Binnenverkehr eingesetzt werden. Aus Sicht der SVP ist sicherzustellen, dass Schweizer Unternehmen durch die vorgesehene Gesetzesänderung keine weiteren Nachteile erwachsen – auch nicht durch erzwungene Neuanschaffungen, um die gesetzlichen Normen zu erfüllen. In der Folge sieht die SVP den Bundesrat in der Pflicht, die im Vorentwurf vorgesehenen Fristverlängerungen (Art. 45 Abs. 3 E-SVG) für Schweizer Unternehmen im alpenquerenden, nicht grenzüberschreitenden Verkehr grosszügig zu gewähren.
Darüber hinaus gilt es festzuhalten, dass wenn der Verkehr zunimmt, dies nicht ein Problem der Fahrzeugtechnik, sondern der nicht mehr genügenden Verkehrsinfrastruktur sowie der unzureichend funktionierenden Verlagerung auf die Bahn ist. Ursächlich hierfür ist die masslose Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit sowie der grenzenlose Warenverkehr mit der EU. Trotz der folgenden massiven Zunahme an Verkehr hat die Schweiz jahrzehntelang den Ausbau des Strassennetzes (inkl. Autobahntunnels) vernachlässigt. Die Folgen dieses politischen Fehlers kann man jetzt nicht mit der überhasteten Einführung von technischen Anforderungen wettmachen.