Die SVP hat sich bereits im Rahmen der Vernehmlassung über das OECD/G20-Projekt kritisch zu dessen Kernelementen geäussert. Nach wie vor sind wichtige Fragen, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung anderer Staaten, ungeklärt. Grundsätzlich muss bei einer Umsetzung der Erhalt des föderalistischen Steuersystems und der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im Zentrum stehen. Entsprechend ist sicherzustellen, dass die Schweiz keine strengeren Vorschriften erlässt (mit Bezug auf die tiefere Eintrittsschwelle zur Ergänzungssteuer), als dies von der OECD gefordert wird. Zudem ist für die Einführung der Undertaxed Payment Rule (UTPR), insbesondere mit Blick auf die USA, ein separates Inkraftsetzungsdatum vorzusehen. Die SVP wird sich deshalb eine abschliessende Stellungnahme zu einem späteren Zeitpunkt offenhalten.
Im Rahmen der Vernehmlassung über das OECD/G20 Projekt hat sich die SVP bereits kritisch geäussert und nimmt hiermit nur zur vorliegenden Verordnung Stellung.
1. Verweis auf die OECD/G20-Mustervorschriften (Art. 2 MindStV)
Ein unbestrittenes Kernanliegen beinhaltet das Vermeiden von Nachteilen bei der Besteuerung von Unternehmen in der Schweiz im Vergleich zum konkurrenzierenden Ausland. Unter diesem Gesichtspunkt scheint es unausweichlich, dass die Schweiz keine von den OECD/G20-Mustervorschriften abweichenden Regeln umsetzt. Damit wird die OECD-konforme Umsetzung des OECD/G20-Projekts in der Schweiz sichergestellt und internationale Streitigkeiten über die Aufteilung des Steuersubstrats vermieden.
Entsprechend ist die im Verordnungstext unter Art. 2 Abs. 2 MindStV vorgesehene Einschränkung („insbesondere“) ersatzlos zu streichen. Auslegungsfragen sind nicht nur nach Massgabe des OECD/G20-Kommentars und den zugehörigen Regelwerken, sondern auch unter Berücksichtigung der Interessen der Schweizer Gesamtwirtschaft (Art. 129a Abs. 3 BV) vorzunehmen.
Aktuell enthalten die OECD-Vorgaben allerdings noch zahlreiche Lücken und Unklarheiten, was für alle Beteiligten zutiefst unbefriedigend ist. Es wird erwartet, dass im Rahmen der zweiten Vernehmlassung zur MindStV hierzu entsprechend Stellung genommen wird.
2. Anwendungsbereich Ergänzungssteuer (Art. 4 MindStV)
Damit die Anwendbarkeit der OECD-Besteuerung zu keinem Swiss Finish führt, muss zudem explizit in der Verordnung klargestellt werden, dass die Ergänzungssteuer analog zu den OECD/G20-Mustervorschriften erst greift, wenn die Eintrittsschwelle (750 MEUR p.a.) in den vorangehenden 4 Jahren mind. zweimal überschritten und andererseits Geschäftseinheiten in mindestens zwei Ländern unterhalten werden. Eine entsprechende Präzision von Art. 4 Abs. 1 scheint daher angezeigt.
3. Umrechnungskurs EUR – CHF (Art. 4 und 6 MindStV)
Die massgebende Eintrittsschwelle für die Ergänzungssteuer beträgt gemäss OECD-Mustervorschriften 750 MEUR. Diese Vorgabe wurde in der Verordnung entsprechend übernommen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 MindStV). Die Verordnung beinhaltet jedoch keine Bestimmungen zur konkreten Umrechnung EUR – CHF. Dies führt insbesondere zu Rechtsunsicherheit bei CH-Unternehmen, deren jährlicher Umsatz knapp an der OECD-Eintrittsschwelle liegt. Die Verordnung ist entsprechend zu konkretisieren.
4. Anwendung internationale Ergänzungssteuer (Art. 6 Abs MindStV)
Die Income Inclusion Rule (IIR) wird quasi als Herzstück der Reform erlauben, dass die Schweiz zusätzliches Steuersubstrat aus dem Ausland über Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz generieren kann, sofern diese Unternehmen über Geschäftseinheiten im Ausland verfügen (Art. 6 Abs. 2 MindStV). Die nachgelagerte Undertaxed Payment Rules (UTPR) ist als Auffangregel vorgesehen, falls in keinem Ansässigkeitsstaat eine IIR anwendbar ist und eine Unterbesteuerung verbleibt (Art. 6 Abs. 3 MindStV).
Die Möglichkeit der Anwendung UTPR ist international hingegen umstrittener als die IIR. Die UTPR würde es der Schweiz erlauben, ein Recht auf Besteuerung der ausländischen Muttergesellschaften über deren Tochtergesellschaften in der Schweiz abzuleiten. Ob Länder wie die USA die Anwendung der UTPR ohne Gegenmassnahmen zulassen werden, ist fraglich. Deshalb haben einige wichtige Handelsnationen wie Grossbritannien die Absicht geäussert, auf die Einführung der UTPR zu verzichten. Gemäss massgebender EU-Richtlinie ist die Einführung der UTPR erst ein Jahr nach Einführung der IIR vorgesehen. Darum muss nach erfolgter Einführung der IIR und einer angemessenen Übergangsfrist geprüft werden, ob und wann die UTPR in der Schweiz mit Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz eingeführt werden soll.
5. Anrechnung ausländischer Quellensteuern (Art. 10 MindStV)
Der Entwurf zur Verordnung sieht in Art. 10 MindStV vor, dass die Schweizerische und Internationale Ergänzungssteuer bei der Berechnung des Maximalbetrages nicht abgezogen werden. Dies ist steuertechnisch falsch. Stattdessen sollte es wie im erläuternden Bericht beschrieben, «nicht berücksichtigt» heissen. Die Bestimmung ist entsprechend anzupassen.
Die SVP behält sich vor, nach Bekanntmachung aller noch ausstehenden Parameter zu der gesamten Vorlage abschliessend Stellung zu nehmen.