Aus Sicht der SVP ist der Vorlage zuzustimmen. Die Ausweitung des Ordnungsbussenverfahrens darf jedoch nicht dazu führen, dass die Kantone auf diese Weise Mehreinnahmen generieren. Die SVP wird…
Vorentwurf zur Totalrevision des Ordnungsbussengesetzes (Umsetzung der Motion Frick 10.3747. Erweiterung des Ordnungsbussensystems zur Entlastung der Strafbehörden und der Bürgerinnen und Bürger):
Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens
Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Aus Sicht der SVP ist der Vorlage zuzustimmen. Die Ausweitung des Ordnungsbussenverfahrens darf jedoch nicht dazu führen, dass die Kantone auf diese Weise Mehreinnahmen generieren. Die SVP wird diese Entwicklung genau beobachten und gegebenenfalls intervenieren. Zur Begrenzung beitragen dürfte die Höchstgrenze für Ordnungsbussen von 300 Franken; richtigerweise wurde auf eine Erhöhung verzichtet. Sinn und Zweck der vorliegend umzusetzenden Motion ist, Private finanziell zu entlasten und Strafverfolgungsbehörden von unnötigen Verfahren zu bewahren. Es wird Aufgabe des Bundesrates sein, im Rahmen der Ausführungsverordnung angemessene Tarife für die Ordnungsbussen festzulegen.
Nach dem geltenden Ordnungsbussengesetz können ausschliesslich geringfügige Übertretungen des Strassenverkehrsgesetzes im Ordnungsbussenverfahren mit Bussen bis zu 300 Franken geahndet werden (Art. 1 Abs. 1 und 2 des Ordnungsbussengesetzes [OBG]). Dieses Verfahren soll nun ausgeweitet werden, um auch Verstösse gegen andere Gesetze einfach, rasch und einheitlich sanktionieren zu können.
Das Ordnungsbussensystem soll neben dem Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 auf folgende neun Gesetze ausgedehnt werden, wobei es in diesen Gesetzen auch Tatbestände gibt, welche sich nicht für das Ordnungsbussenverfahren eignen, weil sie dem Verwaltungsstrafrecht unterstehen oder weil regelmässig höhere Bussen in Betracht fallen: Alkoholgesetz vom 21. Juni 1932; Personenbeförderungsgesetz vom 20. März 2009; Bundesgesetz vom 3. Oktober 1975 über die Binnenschifffahrt; Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober 1992; Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 zum Schutz vor Passivrauchen; Waldgesetz vom 4. Oktober 1991; Jagdgesetz vom 20. Juni 1986; Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über die Fischerei; Messgesetz vom 17. Juni 2011 (Art. 1 Abs. 1 VE-OBG).
Die einzelnen Tatbestände und die jeweiligen Bussen werden vom Bundesrat in einem weiteren Schritt im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden. Dieses Vorgehen ist gerechtfertigt. Es ermöglicht den Deliktskatalog allenfalls beförderlich zu ändern bzw. zu ergänzen.
Typisch für das Ordnungsbussenverfahren ist, dass jeder Übertretung ein fixer Bussentarif zugeordnet wird. Das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse oder das Verschulden werden in die Beurteilung nicht einbezogen. Akzeptiert eine beschuldigte Person die Ordnungsbusse, so verzichtet sie auf zahlreiche verfassungsrechtliche Garantien wie z.B. den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV), das Rechte auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV), das Recht auf Überprüfung durch ein höheres Gericht (Art. 32 Abs. 3 BV) sowie auf die im ordentlichen Strafverfahren vorgesehenen Strafzumessungsregeln. Die betroffenen beschuldigten Personen empfinden die Ordnungsbussen deshalb in der Regel trotzdem nicht als rechtsungleich. Ein einfaches günstiges Verfahren ist grundsätzlich jedermann willkommen und überwiegt die Einschränkung von Verfahrensrechten. Zudem steht es der beschuldigten Person frei, das Ordnungsbussenverfahren abzulehnen (Art. 2 Abs. 2 lit. c VE-OBG; Art. 10 Abs. 2 VE-OBG) und das ordentliche Verfahren auszulösen, verbunden mit dem entsprechenden Prozessrisiko.
Am 28. September 2012 haben die eidgenössischen Räte eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) beschlossen. Damit wurde – gegen den Willen der SVP – ein Ordnungsbussenverfahren für den Konsum von Betäubungsmitteln mit dem Wirkstoff Cannabis eingeführt. Die einfache Verfolgung von geringfügigen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz sollte damit erleichtert werden. Delinquenten werden damit nicht mehr dem Richter vorgeführt, was Einfluss auf den Lehreffekt solcher Delikte hat. Richtigerweise soll der Cannabis-Konsum nicht ins OGB integriert werden; aufgrund seiner Besonderheiten und der engen Verknüpfung von Strafnormen und Strafbefreiungsnormen sollen diese im Betäubungsmittelgesetz geregelt werden.