Michèle Blöchliger, Mutter von drei Kindern, Berufsfrau, lic. iur. Rechtsanwältin, Landrätin, Hergiswil (NW)
Mit einem neuen Familienartikel in der Verfassung will der Bund erreichen, dass Familie und Beruf besser vereinbar werden. Das tönt harmlos und nett, doch dahinter versteckt sich ein weiterer Ausbauschritt zum grenzenlosen Sozialstaat…
Mit einem neuen Familienartikel in der Verfassung will der Bund erreichen, dass Familie und Beruf besser vereinbar werden. Das tönt harmlos und nett, doch dahinter versteckt sich ein weiterer Ausbauschritt zum grenzenlosen Sozialstaat. Der Artikel ist unscharf und allgemein formuliert. Wer künftig Geld vom Staat beanspruchen möchte, müsste dies bloss als Bedürfnis im Interesse der Familie bezeichnen und sich dabei auf den neuen Verfassungsartikel berufen.
Mit einer Annahme des Familienartikels würden zur Umsetzung verschiedene Erlasse nötig, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzlich zu regeln. Wäre ein nächster Schritt wohl, dass sich der Bund in Arbeitszeitmodelle einmischen würde? Der Bund wäre dann in die Familie und in die Privatwirtschaft eingedrungen – ist dies die Zukunft unserer Schweiz? Wollen wir vom Staat nun auch in Kinderbetreuungsfragen bevormundet bzw. gelenkt werden?
Staatliche Kinderbetreuung?
Soll nun tatsächlich der Staat die Kinderbetreuung regeln? Das muss doch Privatsache bleiben! Die Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft. Jede Familie bestimmt für sich in Eigenverantwortung, für welches Familienmodell sie sich entscheidet. Wenn die externe Kinderbetreuung staatlich gefördert wird, zahlen dies am Ende alle Steuerpflichtigen, auch diejenigen, die ihre Kinder voll und ganz selber betreuen und auch jene, die gar keine Kinder haben. Ich selbst bin voll berufstätig und wir beschäftigen in unserem Familienhaushalt eine Kleinkindererzieherin, der wir einen marktgerechten Lohn bezahlen. Mein Mann und ich handeln damit eigenverantwortlich, ohne staatliche Unterstützung. Zudem haben wir einen Arbeitsplatz geschaffen.
Gemeinden werden bevormundet
Auch gilt es zu beachten, dass der Bund mit dem Familienartikel in die Kantons- und Gemeindeautonomie eingreift, also einen weiteren Eingriff in den Föderalismus vornimmt. Es darf doch nicht sein, dass der Bund mit diesem neuen Verfassungsartikel Grundsätze festlegen kann, dafür aber die Kantone und Gemeinden bezahlen müssen. Und wie gross diese finanziellen und personellen Auswirkungen bei einer Annahme des Familienartikels sein werden, ist sogenannt "nicht abschätzbar" – erneut ein Fass ohne Boden!
Schutz der Familie ist gewährleistet
Wollen wir mit dem Familienartikel einen Staat ausbauen, der am Ende alles regelt – auch das Privatleben? Der Schutz der Familie ist bereits heute in der Verfassung verankert. Bereits heute werden die Familien vom Staat unterstützt durch Kinderzulagen, Familienzulagen, Prämienverbilligungen, Steuererleichterungen, usw. Will der Bund die Familie weiter entlasten, so kann er z.B. die Steuern und Abgaben weiter reduzieren. Überlassen wir doch Angebot und Nachfrage nach Kinderkrippen dem Markt! Es gilt die Eigenverantwortung für die Familie zu bewahren und dem Ausbau zum grenzenlosen Sozialstaat entgegenzuwirken. Aus Überzeugung: Nein zum Familienartikel!
von Michèle Blöchliger, Mutter von drei Kindern, Berufsfrau, lic. iur. Rechtsanwältin, Landrätin, Hergiswil (NW)